Hamburg. Eine Bauchrednershow, bei der es um eine chronische Darmentzündung geht, schaukelt zwischen Lachen, Ekel und Unwohlsein.
Wir lernen: Humor ist nicht unbedingt das, was das Publikum auf Kampnagel sehen möchte. Bei der Premiere von Hendrik Quasts Puppenstück „Spill Your Guts“ jedenfalls verliert sich nur eine Handvoll Zuschauer in der kleinen Halle p1. Puppentheater und Bauchredner, das ist lustig, das passt in den Zirkus und ins Varieté, aber hierher passt das nicht. Oder?
„Spill Your Guts“ beginnt tatsächlich lustig. Quast entsteigt einer Skulptur, die an ein riesiges Abflussrohr erinnert (Bühne: Jonas Droste), gekleidet in einen grotesk bunten Anzug, in der Hand eine lädierte Klappmaulpuppe (Puppe, Kostüm, Maske: Christina Neuss). Mit der er dann eine Show startet, klassisches Bauchrednerhandwerk eigentlich, und gar nicht schlecht gemacht.
„Spill Your Guts“ auf Kampnagel: Lustig, wenn man Fäkalwitze mag
Bloß dreht sich diese Show um ein ungewöhnliches Thema: um Krankheit. Um Colitis ulcerosa, eine chronische Darmentzündung, die sich in blutigem Durchfall, Fieber und deutlichem Gewichtsverlust äußert. Humor? Naja, wenn man Fäkalwitze mag. Auf der anderen Seite ist die Show eben doch tatsächlich lustig, in den Dialogen, die sich Quast mit der die Krankheit symbolisierenden Puppe leistet, in der Perfektion, mit der der Performer agiert.
Das ist durchaus eine Qualität von „Spill Your Guts“: wie der knapp zweistündige Abend ähnlich einer Achterbahnfahrt zwischen befreiendem Lachen, Ekel und Unwohlsein schaukelt. Aber gleichzeitig macht Quast noch eine weitere Ebene auf. Er fragt, weswegen eigentlich Krankheit im Theater keine Lobby hat, und was da überhaupt für ein Menschenbild dahintersteckt. Und er schafft eine Intimität, die als performative Aktion auch ihren ästhetischen Reiz hat, er macht sich, im Wortsinne, nackt.
Quast also schiebt den Finger in eine Wunde (beziehungsweise den Anus): Er spricht Themen an, die man eigentlich lieber wegschiebt, Themen, die freilich gerade in Pandemiezeiten verhandelt werden sollten. Und er macht das mit den Mitteln des Entertainments, mit Freude an der Provokation. Kann man sich durchaus mal drauf einlassen.