Hamburg. Die posthume Komödie von Zoltan Paul läuft im Abaton. In der Inselpark Arena singt Fletcher. Ben Becker gönnt sich einen auf dem Kiez.

Wer auf den im Vorverkauf erworbenen Konzertkarten für Fletcher noch edel-optics.de Arena als Veranstaltungsarena stehen hat, wundert sich vielleicht, dass sie jetzt in der Inselpark Arena spielt: Es ist dieselbe Halle in Wilhelmsburg, Ende März aber verlängerte der Namenssponsor überraschend nicht den Vertrag. Junge und schöne Kunst gibt’s auch in der Fabrik der Künste, älter und hart gelebt wird mit Ben Becker auf dem Kiez, dazu Kabarett-Größen und ein großes Benefizkonzert. Die besten Kultur-Termine der Woche.

Kultur-Tipps Hamburg: Indie-Rock-Pop aus New Jersey mit Fletcher im Inselpark

Außer Olivia Rodrigo und Caroline Polachek ist Cari Elise Fletcher eine der interessantesten aufstrebenden US-Sängerinnen der vergangenen Jahre. Vor wenigen Tagen erschien mit „In Search of the Antidote“ das zweite Album der Künstlerin aus dem Bruce-Springsteen- und Bon-Jovi-Bundesstaat New Jersey, von wo aus sie seit „Girl Of My Dreams“ (2022) eben genannten Vorbildern, aber auch Patti Smith und Céline Dion folgt. Das klingt erst mal so unpassend wie ambitioniert, aber ihre Stimme und ihr Songwriting tänzeln tatsächlich auf einem Grat zwischen Indie, Rock und Gala-Pop. Vor einem Jahr spielte sie im Vorprogramm von Panic! At The Disco in der Barclays Arena, an diesem Sonnabend, 13. April, kommt sie nach Wilhelmsburg in die Inselpark Arena. Für manche wird sie immer die edel-optics.de Arena bleiben ... tl

Fletcher Sa 13.4., 20.00, Inselpark Arena (S Wilhelmsburg), Kurt-Emmerich-Platz 10, Karten zu 48,20 im Vorverkauf; www.findingfletcher.com

Adele Neuhauser, bekannt auch aus dem „Tatort“, spielt im neuen Kinofilm „ÜberLeben in Brandenburg“ eine tragende Rolle.
Adele Neuhauser, bekannt auch aus dem „Tatort“, spielt im neuen Kinofilm „ÜberLeben in Brandenburg“ eine tragende Rolle. © UCM One | UCM One

Premiere von „ÜberLeben in Brandenburg“ im Abaton-Kino

„ÜberLeben in Brandenburg“ ist eine posthume Komödie über das Erstarken der AfD und allgemeine Leben als auch Älterwerden im ländlichen Raum Brandenburgs. Kurz vor Veröffentlichung verstarb allerdings der Regisseur und Hauptdarsteller Zoltan Paul. Der Film lag brach, bis Co-Regisseur Ben von Grafenstein eingriff. Der Film handelt vom Regisseur Lazlo Kovac, der aufgrund des Scheiterns der Verwirklichung seines Filmprojekts in eine Post-Midlife-Crisis rutscht. Aus Mangel an Alternativen lässt er sich obendrein als liberalen Gegenkandidaten für das Bürgermeisteramt im eigenen Dorf aufstellen, um die Wahl des bisher einzigen rechtsradikalen Kandidaten zu verhindern. Anwesend sind bei der Premiere im Abaton Schauspielerin Adele Neuhauser, die Produzentinnen Sandra Maischberger und Tina Hegewisch sowie Co-Regisseur von Grafenstein. hphm

„ÜberLeben in Brandenburg“ Sa 13.4., 17.00, Abaton Kino (Bus 4, 5, S Dammtor), Allende-Platz 3, Karten 11,-; www.abaton.de

Liest im St. Pauli Theater: Ben Becker, in Berlin lebender Schauspieler, Sänger und Bücherwurm.
Liest im St. Pauli Theater: Ben Becker, in Berlin lebender Schauspieler, Sänger und Bücherwurm. © Kerstin Groh | Kerstin Groh

Ben Becker liest „Die Legende vom heiligen Trinker“ im St. Pauli Theater

Immer einen Schritt vom Abgrund entfernt, ein Glas in der Hand für die nötige Balance, das Leben im Berlin der 20er in vollen Zügen auskostend und auslotend: Der österreichische Autor und Journalist Joseph Roth, Weltkriegsveteran und Jude, schrieb zahlreiche Romane und Novellen für die Ewigkeit wie „Hiob“, „Radetzkymarsch“ oder „Die Legende vom heiligen Trinker“, musste aber 1933 vor den Nazis fliehen (seine Ehefrau fiel den NS-Krankenmorden zum Opfer) und starb 1939 in Paris. Dass der Berliner Schauspieler und Lebemann Ben Becker von Roth fasziniert ist, wundert nicht. Am 14., 15. und 16. April liest Becker im St. Pauli Theater aus Roths „Die Legende vom heiligen Trinker“ sowie aus Géza von Cziffras (Roths Zeitgenosse und Saufkumpan) „Der heilige Trinker“. Dazu gibt es Musik von Wolfgang Ambros. tl

Ben Becker liest Joseph Roth So 14.4., 18.00, Mo 15.4., Di 16.4., jew. 19.30, St. Pauli Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 29–30, Karten zu 22,- bis 59,-; www.st-pauli-theater.de

Die Bläser-Combo Canadian Brass ist der Hauptact beim Benefizkonzert für die „Herzbrücke“ im Michel.
Die Bläser-Combo Canadian Brass ist der Hauptact beim Benefizkonzert für die „Herzbrücke“ im Michel. © Marilyn Catasus | Marilyn Catasus

Benefizkonzert mit Canadian Brass für schwer herzkranke Kinder im Michel

Ein musikalischer Genuss verbunden mit einer guten Tat, das steckt hinter der segensreichen Tradition des Benefizkonzerts in der Hauptkirche St. Michaelis zugunsten des Projekts „Herzbrücke“ der Albertinen-Stiftung und des Albertinen Herz- und Gefäßzentrums. Bei der achten Auflage am Montag, 15. April, spielt das renommierte Bläserensemble Canadian Brass, es singt der preisgekrönte Mädchenchor der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg; der Albertinen Mitarbeitenden Gospelchor (Leitung: Sören Schröder) wird das Konzert eröffnen, auch Fernsehjournalistin Linda Zervakis (früher ARD-„Tagesschau“/jetzt Pro7) engagiert sich für die „Herzbrücke“, die schwer herzkranken Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten hilft. Den Abend moderiert NDR-Kultur-Programmchefin Anja Würzberg. str

Benefizkonzert zugunsten der „Herzbrücke“ Mo 15.4., 19.00, Hauptkirche St. Michaelis (S Stadthausbrücke, Bus 16, 17), Englische Planke 1, Karten zu 28,70 bis 50,70 (zzgl. Gebühren) im Vorverkauf; www.immanuelalbertinen.de

Immer gut bemützt: Das Duo Ulan & Bator, 2022 Gewinner des Deutschen Kabarettpreises, spielt noch einmal im Lustspielhaus.
Immer gut bemützt: Das Duo Ulan & Bator, 2022 Gewinner des Deutschen Kabarettpreises, spielt noch einmal im Lustspielhaus. © Andreas Reiter | Andreas Reiter

Ein Südtiroler erklärt den Kölner, Ulan & Bator sitzen für absurdes Kabarett-Theater

Halbzeit beim Kabarettfest (bis 30.4.) im Lustspielhaus. Beim satirischen Frühjahrsreigen darf ein Gast nicht fehlen, der sich seit Jahren dem rheinischen Wesen und der rheinischen Mundart widmet, obwohl er gebürtig aus Südtirol: Konrad Johann Aloysia Beikircher (78) kann als Wahlbonner insbesondere den kölnischen Menschen mit spezieller Ironie und psychologischem Einfühlungsvermögen uns Norddeutschen, aber auch Exil-Rheinländern näherbringen: Sein Programm „Überleben, wat sonst?“ hat am Montag, 15. April, Hamburg-Premiere. Aus Beikirchers Wohnort Bad Godesberg stammt auch Sebastian Rüger, er tritt seit mehr als 20 Jahren mit Frank Smilgies als Duo Ulan & Bator auf. Die beiden Schauspieler, die sich einst an der Folkwanghochschule in Essen kennengelernt hatten, stehen respektive sitzen (auf zwei Stühlen) hierzulande für absurd-komisches Kabarett-Theater. Wer die beiden Pudelmützen-Träger, 2022 ausgezeichnet mit dem Deutschen Kabarettpreis, und ihr Programm „Zukunst“ (sic) noch nicht live erlebt hat – am 16. April auf nach Eppendorf! Denn bald ist es Vergangenheit. str

„Kabarettfest 2024“ bis 30.4., Mo–Sa, jew. 20.00, So 19.00, Lustspielhaus (U Hudtwalckerstraße), Ludolfstraße 53, Karten zu 30,- (erm. 20,-) bis 37,- unter T. 040/55 56 55 56; www.almahoppe.de

Roman Manikhins „Je m‘appelle Adam“: Die Ausstellungsreihe „Jung und schön“ ist in der Fabrik der Künste zu sehen.
Roman Manikhins „Je m‘appelle Adam“: Die Ausstellungsreihe „Jung und schön“ ist in der Fabrik der Künste zu sehen. © Roman Manikhin | Roman Manikhin

Junge und schöne Kunst aus ganz Deutschland zum ersten Mal in der Fabrik der Künste

„Jung & Schön“ heißt eine Ausstellungsreihe von Julia Jüngling Art Consulting und der ATM Gallery Berlin. Schon zweimal gastierten sie damit in Hamburg, nun präsentieren sie zum ersten Mal junge, zeitgenössische Kunst aus ganz Deutschland in der Fabrik der Künste. Jüngling verspricht „frische Positionen, die nicht nur repräsentativ für aktuelles Kunstschaffen sind, sondern einfach auch hinreißend schön sind“; dazu ein „Synonym für Tatkraft, Umbruch und Neuorientierung“, ergänzt Galerist Marc Scherer. Die Kunstwerke sind mal gesprüht, mal mit Öl gemalt oder collagiert, gegenständlich oder abstrakt, monochrom oder intensiv farbig, es wird mit Pinseln, Farbrollern und Rakeln gearbeitet. Zu sehen sind eine fantastische Bildwelt wie etwa bei Konstantin Sotnikov, der einen Elefanten, eine Schnecke und Menschen aus einer Blume wachsen lässt, oder pastellfarbene Flächen und organische Formen, die sich bei Anja Nürnberg zu einer urbanen Szenerie zusammenfügen. vfe

„Jung & Schön“ bis 21.4., Mo–So 14.00–19.00, Fabrik der Künste (Bus 112), Kreuzbrook 12, Eintritt frei; www.fabrikderkuenste.de

Ein Universum der elektronischen Musik von Jean-Michel Jarre im Planetarium

Zwischen Sternen, Lasern und Lichtern im Firmament entsteht „Electronic Space Music“ des französischen Komponisten und Musikers Jean-Michel Jarre. Von einem 1976 in der Küche aufgebauten Synthesizer und einer Platte, die ganz zu Anfang niemand verlegen wollte, entwickelte sich Jarres Erfolg hin zu millionenfach verkauften Alben. Damals konnte wohl niemand ahnen, dass seine Konzerte künftig auch virtuell mit dem Einsatz von VR-Brillen stattfinden würden. Er gilt als Pionier der elektronischen Musik und spielt etwa schon m Spiegelsaal von Versailles im realen als auch virtuellem Raum. Am 18. April ist die Show von Jarre im Planetarium zu sehen und zu hören, 50 Jahre Musikgeschichte, die über Klanglandschaften zu verschiedenen musikalischen Themen und früheren Werken führen. hphm

„Planet Jarre – The 360° Experience“ Do 18.4., 21.00, Planetarium (Bus 20, 179), Linnering 1, Karten 14,-; www.planetarium-hamburg.de

„Just Climate Slam Hamburg“ der Kiezpoeten im Haus 73

Ist Klimagerechtigkeit die Lösung für die Klimakrise? Wie lässt sich die Schuldfrage zur Klimakrise beantworten, und wer muss eigentlich zur Verantwortung gezogen werden? Diesen Fragen wird auf poetische Weise beim „Just Climate Slam“ auf den Grund gegangen, ganz ohne Klebe, stattdessen mit Wortwitz oder auch Wut gefüllten Texten. Die Kiezpoeten veranstalten den Slam am 15. April mit der Hilfsorganisation Oxfam. Dies ist Teil der Kampagne „Tax The Rich“, in insgesamt sechs deutschen Städten findet der Climate Slam statt, immer mit einem anderen Line-up. So soll außer poetischem Schlagabtausch zum Diskurs über das Thema Klimagerechtigkeit angeregt werden. Die Moderation übernimmt im Haus 73 Lennart Hamann, als Slammer treten Anna Bartling, Felix Treder, Monika Mertens und Luca Zmatlik an. hphm

„Just Climate Slam Hamburg“ Mo 15.4., 20.00, Haus 73 (U/S Sternschanze, Bus 15), Schulterblatt 73, Karten 12,60; www.kiezpoeten.com

Der japanische Regisseur Ryūsuke Hamaguchi („Drive My Car“) stellt sich Fragen zu seinem neuen Kinofilm „Evil Does Not Exist“.
Der japanische Regisseur Ryūsuke Hamaguchi („Drive My Car“) stellt sich Fragen zu seinem neuen Kinofilm „Evil Does Not Exist“. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Toshikazu Sato

Im Abaton- und Zeise-Kino: Chatten mit einem Oscar-Preisträger

Ryūsuke Hamaguchi ist mehr als ein japanischer Exportschlager. Er ist einer der meist gefeierten Arthouse-Regisseure überhaupt. 2021 konnte er auf der Berlinale den Großen Preis der Jury für „Das Glücksrad“ einheimsen, 2022 erhielt er für „Drive My Car“ sogar den Oscar für den Besten Film. Hamaguchis neuer und bereits vielfach prämierter Coup heißt „Evil Does Not Exist“. In dem Drama tariert der Regisseur gewohnt behutsam am Beispiel eines umstrittenen Bauprojekts aus, wie kompromissfest die Beziehung von Mensch und Natur ist. Bundesweiter Filmstart ist am 18. April, und dafür hat sich der Filmverleih Pandora etwas Besonderes einfallen lassen: Hamaguchi wird in teilnehmenden Kinos nach der Deutschland-Premiere seines Films Zuschauerfragen beantworten – dazu ist der japanische Regisseur digital zugeschaltet. In Hamburg kann das Publikum per SMS und WhatsApp mit Hamaguchi chatten, sowohl im Abaton- als auch im Zeise-Kino. awü

Kino-Premiere „Evil Does Not Exist“ von Ryūsuke Hamaguchi Do 18.4., 19.45, Abaton (Bus 4, 5), Allende-Platz 3, Tickets 9,50, www.abaton.de und Do 18.4., 20.00, Zeise (S Altona, Bus 2, 150, 250), Friedensallee 7-9, Tickets 12,10, www.zeise.de