Hamburg. Artistik im First Stage, norwegischer Pop im Mojo Club, Hamburger Comedy-Pokal: Die Stadt hat viel zu lachen und zu staunen.
„I‘m feeling tragic like I‘m Marlon Brando“, sang David Bowie (1947–2016) 1983 im Lied „China Girl“, das er bereits 1977 mit Iggy Pop in Berlin schrieb (und das Iggy bereits im selben Jahr veröffentlichte). Aber nicht Tragik, sondern Unterhaltung ist angesagt beim gleichnamigen „Acrobatical“ im First Stage Theater. Tränen des Lachens fließen hingegen bei Deutschlands größtem Kleinkunst-Wettbewerb, der fünf Tage lang auf diversen Hamburger Bühnen zu erleben ist: Unsere Kultur-Tipps der Woche.
Hamburger Comedy-Pokal geht in die 21. Runde
Deutschlands größter, heiterster und wohl auch härtester Kleinkunst-Wettbewerb, der Hamburger Comedy-Pokal, kehrt nach einjähriger Pause zurück auf die Bühnen der Hansestadt. Und das an gleich fünf Tagen vom 26. bis 30. Januar mit 18 Shows auf zwölf Bühnen. Unter den fast 90 Bewerbungen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum wurden erneut 20 Künstlerinnen und Künstler für die Hauptrunde (Freitag, 26.1.) nominiert. Ob Stand-up, Kabarett oder Musik-Comedy, in zehn Stadtteilkulturzentren, von Brakula in Bramfeld bis Zinnschmelze in Barmbek, treten jeweils zwei zunächst mit je 45 Minuten Programm gegeneinander an, die Sieger einen Tag darauf in fünf Häusern zum sogenannten Halbfinale. Bei der „2. Chance“ (28.1.). können sich noch zwei Lucky Loser mit gagreichen fünf bis sieben Minuten fürs längst auverkaufte Finale (29.1.) qualifizieren, beide Shows im Schmidts Tivoli. Erstmals dabei als Halbfinalort ist das Lustspielhaus, in dem nach dem Finale am 30. Januar erstmals die „Nacht der Sieger*innen“ stattfindet, als Bonus jedoch außer Konkurrenz mit den Preisträgern. Zu den diesmal fünf Hamburger Startern gehören auch die ausgebildeten Schauspieler Hendrik von Bülzingslöwen und Max Beier. Sehr zu beachten ist die ironische Liedermacherin Marie Dio.t. str
21. Hamburger Comedy-Pokal 26.–30.1., Hauptrunden Fr 26.1. jew. 20,00 Brakula, Bürgerhaus Meiendorf, Ella Langenhorn, Goldbekhaus, Kulturhof Dulsberg, Kulturhaus Eidelstedt, Kulturhaus Süderelbe, LoLa, Motte und Zinnschmelze, Hallbfinals Sa 27.1., Alma Hoppes Lustspielhaus, Brakula, Goldbekhaus, Kulturhaus Eidelstedt und Lola; „2. Chance“ So 28.1., 19.00 und Finale Mo 29.1., 19.30 (ausverkauft), jew. Schmidts Tivoli, „Nacht der Sieger*innen“ Di 30.1., 20.00, Alma Hoppes Lustspielhaus; Karten zu 15,- bis 41,50: hamburgercomedypokal.de
Feiner Pop aus Europas hohem Norden mit Maria Mena im Mojo Club
Als die norwegische Sängerin Maria Mena 2015 ihr Album „Growing Pains“ veröffentlichte, war der Titel tatsächlich Programm, wie sie später erzählte. Gesundheitliche Probleme und private Krisen hatten überhandgenommen, und die entsprechenden Songs berührten auch die ganz Großen wie Soul-Pop-Star Sam Smith, der auf Instagram schrieb: „Ich heule die ganze Zeit. Dieses Zeug ist meine Therapie und meine Seele.“ Seitdem hat Mena bis auf die EP „They Never Leave Their Wives“ (2020) pausiert, aber mit dem neuen Album „And Then Came You“ zeigte sie sich im September wieder in alter Stärke und kommt jetzt mit den neuen Liedern am 24. Januar nach Hamburg in den Mojo Club. tl
Maria Mena Mi 24.1., 20.00, Mojo Club (U St. Pauli), Reeperbahn 1, Karten zu 49,50 im Vorverkauf; mariamena.no
Akrobatik made in China mit Bowie-Hits und Musical-Touch
„China Girl“ heißt ein Lied von David Bowie und Iggy Pop, das beide während ihrer gemeinsamen Zeit Mitte/Ende der 1970er in Westberlin schrieben. Obwohl es Pop zuerst veröffentlicht hatte, machte es Bowie dank der Neuaufahme auf seinem Album „Let‘s Dance“ (1983) erst richtig populär. Die Songs des 2016 gestorbenen englischen Pop-„Heroes“ stehen auch Pate für „China Girl – Das Acrobatical“, das am 26. Januar Hamburg-Premiere feiert. Bei dieser neuartigen Kooperation des First Stage Theaters mit dem Chinesischen Nationalcircus trifft in Altona-Altstadt Akrobatik auf Musical mit Live-gesang sowie die Lieder Bowies. Zur Show kommt, dem Vernehmen nach, noch eine zeitgenössische Interpretation des Klassikers „Romeo und Julia“, inspiriert von großen Musical-Vorbildern. In jedem Fall dürften mit Darstellern unterschiedlicher Nationen bis Mitte April (Genre-)Grenzen überwunden werden. Die musikalische Leirtung hat Adrian Werum. str
„China Girl – Das Acrobatical“ HH-Premiere Fr 26.1., 19.00, bis 17.4., jew. 19.00, Sa/So auch 14.30, First Stage Theater (Bus 16, 112), Thedestraße 15, Karten ab 24,-; www.firststagehamburg.de/produktion/china-girl-2024
Schauspielerin Gilla Cremer verabschiedet sich von zwei Stücken
Seit mehr als 35 Jahren bespielt Gilla Cremer mit ihrem Ein-Frau-Unternehmen Theater Unikate in zahlreichen berührenden Stücken die Bühnen der Republik. Monologe, eigene Soli, zum Teil basierend auf literarischen Vorlagen wie etwas „Meeresrand“ nach dem Roman von Véronique Olmi. Jene Geschichte über eine alleinerziehende Sozialhilfeempfängerin, die mit ihren beiden Söhnen zumindest mal für kurze Zeit das Meer sehen möchte, gibt die Hamburger Schauspielerin am Freitag, 26. Januar, zum letzten Mal in den Kammerspielen. Es ist ein Aufschrei gegen Kinderarmut, musikalisch begleitet vom Cellisten Patrick Reerink und inszeniert von Michael Heicks. Letzterer verantwortet auch „Vater hat Lager“, das Gilla Cremer an gleicher Stelle 24 Stunden später anlässlich des Gedenktages an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) ebenfalls als Derniere spielen wird. Bestürzend, aber auch fesslend. str
„Meeresrand“ Fr 26.1., 19.30, Kammerspiele (U Hallerstraße), Hartungstr. 9–11, Karten zu 24,- bis 46,- unter T. 040/413 34 40; www.hamburger-kammerspiele.de
Letzte Chance für Kathrin Linkersdorffs fantastische Pflanzenwelten im Phoxxi
So bezaubernd und geheimnisvoll hat man Blumen und Pflanzen noch nicht gesehen! Die von Fotografien ausgehenden und unter Einfluss bakterieller Prozesse entstehenden Bildwelten von Kathrin Linkersdorff in der Ausstellung „Works“ sind nur noch bis zum 21. Januar im Phoxxi zu erleben. Am Sonnabend findet dazu eine besondere Veranstaltung statt: Die Berliner Künstlerin präsentiert um 15 Uhr zusammen mit Herausgeber Ingo Taubhorn und Brigitte Woischnik ihr mit Spannung erwartetes Buch „Works“, das sie im Anschluss auch signieren wird. Das Buch stellt neben den bisher unveröffentlichten frühen Werkgruppen Re-Naissance, Wabi-Sabi und Floriszenzen neue Bilder der Fairies und erste, ganz aktuelle Arbeiten aus der Microverse-Serie vor. Die Veranstaltung ist im regulären Eintrittspreis inbegriffen. vfe
„Kathrin Linkersdorff – Works“ bis 21.1., Phoxxi (U Meßberg), Deichtorstraße 1–2, Di–So 11.00–18.00, Eintritt 9,-/6,- (erm.), Buchpräsentation 20.1., 15.00; deichtorhallen.de
Spannende Führungen durch die Ausstellung „Man & Mining“ im Museum der Arbeit
Eine Ausstellung, die wirklich jeden etwas angeht. Denn jeder von uns heizt die Wohnung, benutzt ein Smartphone oder Tablet und verreist in den Urlaub per Flugzeug. Der Mythos um unendliche Ressourcen ist längst passé, und doch wird weltweit um begehrte Rohstoffe gekämpft, wird die Umwelt dafür zerstört, leiden Menschen unter katastrophalen Arbeitsbedingungen. „Man & Mining“ blickt kritisch auf dieses Szenario und vereint internationale künstlerische Positionen zu diesem Thema, vom Starfotografen Sebastião Salgado, der den Goldrausch in Brasilien dokumentierte, bis zu Pieter Hugo, der seine Protagonisten auf ghanaischen Elektroschrotthalden irritierend farbig in Szene setzt. Beim Idee-o-Meter können Besucherinnen und Besucher ihr eigenes Denken und Handeln überprüfen. Am Sonnabend und Sonntag werden einstündige Führungen durch die Ausstellung angeboten. vfe
„Man & Mining“ bis 1.5., Museum der Arbeit (U/S Barmbek), Wiesendamm 3, Mo 10.00–21.00, Mi–Fr 10.00–17.00, Sa/So 10.00–18.00, Führungen Sa/So jew. 12.00 (Treffpunkt an der Museumskasse), Eintritt 8,50/5,- (erm.); shmh.de
Einblicke ins Leben talentierter, aber oftmals unbekannter Künstlerinnen im Bucerius Kunst Forum
Nur noch bis zum 28. Januar läuft die sehr sehenswerte Ausstellung „Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten“ im Bucerius Kunst Forum. Wer sie sich noch nicht angeguckt hat, kann an diesem Wochenende bei sehr interessanten Führungen Einblicke in das Leben und Wirken talentierter, aber oftmals unbekannter Malerinnen, Illustratorinnen und Zeichnerinnen bekommen. Denn längst nicht alle Frauen konnten ihren Weg unbeirrt gehen wie etwa Anna Dorothea Therbusch, Angelika Kauffmann oder Rachel Ruysch. Einigen gelang immerhin eine Laufbahn als Verlegerin, Lehrerin oder Unternehmerin. Die meisten blieben im Schatten ihrer Väter, Brüder oder Ehemänner – auch wenn sie durch diese gefördert und unterstützt wurden. Kuratorin Katrin Dyballa rückt die genialen Frauen aus ganz Europa ins rechte Licht. vfe
„Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten“ bis 28.1., Bucerius Kunst Forum (U/S Jungfernstieg), Alter Wall 12, täglich 11.00–19.00, Do 11.00–21.00, Führungen Sa 15.00, So 12.00, Online-Ticket wird empfohlen, Eintritt 12,-/6,- (erm.); buceriuskunstforum.de
Dokumentation über die weltweit grassierende Plastik-Krise im Abaton
Überall Plastik. Im Trinkwasser, in Ozeanen. Als Reifenabrieb, als Kosmetika. Das ist das Thema des Dokumentarfilms „Plastic Fantastic”, dessen Hamburg-Premiere am 22. Januar im Abaton-Kino gezeigt wird. Regisseurin Isa Willinger und die im Film vorgestellten fachkundigen Anne Lamp und Prof. Dr. Michael Braungart sind auch vor Ort. Die international beachtete Dokumentation zeigt nicht nur die Probleme der weltweiten Plastik-Krise, sondern auch mögliche Lösungen auf. Informativ und wissenschaftlich werden mithilfe von Forschern, Plastikherstellern und Unternehmern, Erfindern und Chemikern verschiedene Perspektiven beleuchtet. hpjb
„Plastic Fantastic” HH-Premiere Mo 22.1., 20.00, Abaton (Bus 4, 5), Allende-Platz 3, Karten zu 9,50, erm. 8,50; abaton.de