Hamburg. Veranstalter wollen „eine konfrontative Situation“ aufgrund eines zeitgleich angesetzten Konzerts eines jüdischen Künstlers vermeiden.

Aufregung in Hamburg um den Autor Richard David Precht: Eigentlich sollte er am 14. November auf Kampnagel in einer Kooperation mit der Buchhandlung Heymann im Rahmen einer Vermietung aus seinem Buch „Mache die Welt: Eine Geschichte der Philosophie 4“ lesen. Diese Lesung wird jedoch an diesem Termin nicht stattfinden.

Denn zeitgleich ist auf Kampnagel ein Konzert des israelischen Künstlers Asaf Avidan angesetzt. Keine glückliche Situation, so empfand man es auf Kampnagel wie auch bei Heymann angesichts der zuletzt umstrittenen Äußerungen Prechts, der im ZDF-Podcast mit Markus Lanz gesagt hatte, die Religion verbiete es orthodoxen Juden, zu arbeiten, „ein paar Sachen, wie Diamanthandel und ein paar Finanzgeschäfte, ausgenommen“. Die Äußerung war nicht nur von jüdischen Organisationen mit dem Hinweis zurückgewiesen worden, Precht bediene antisemitische Stereotypen. Das sei „nicht ansatzweise irgendwie so gemeint gewesen, wie es aufgefasst wurde“, sagte dieser im Nachgang. Die Passage wurde herausgeschnitten. Precht gab nach öffentlicher Kritik seine Honorarprofessur an der Leuphana Universität in Lüneburg zurück.

Precht-Lesung auf Kampnagel: Karten können dort zurückgegeben werden, wo sie gekauft wurden

Kampnagel und Heymann verständigten sich auf die Verlegung an einen anderen Ort, allerdings fand Heymann so kurzfristig keinen Ersatzraum für die Precht-Lesung, für die bereits 400 Tickets verkauft worden waren, sodass sie (bereits am 19. Oktober) vorläufig abgesagt wurde, aber zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden soll. Bereits gekaufte Karten können dort zurückgegeben werden, wo sie erworben wurden.

„Wir hatten Bedenken, dass unser Publikum und der am gleichen Tag auftretende israelische Künstler einer konfrontativen Situation ausgesetzt werden könnten“, so Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard auf Abendblatt-Nachfrage über den Vorgang. „Diese Bedenken hat die Buchhandlung Heymann geteilt, mit der wir regelmäßig Lesungen veranstalten und in gutem Kontakt sind.“

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„Wir hatten das Gefühl, dass das gleichzeitige Stattfinden dieser beiden Veranstaltungen keiner von ihnen gerecht geworden wäre“, so Sabine Metzger von der Buchhandlung Heymann. „So erschien es uns das Sinnvollste, die Veranstaltung zu verschieben. Wir hatten Sorge, dass Menschen die Veranstaltungen als Plattform für eine Diskussion nutzen würden, die nichts mit den jeweiligen Inhalten zu tun gehabt hätten.“

Ob die Lesung an einem anderen Termin auf Kampnagel nachgeholt werden könnte? „Kampnagel ist eine Institution, die sich dem kritischen Diskurs verpflichtet fühlt und deshalb selbstverständlich Räume für Dialoge und Austausch schafft“, erklärte Amelie Deuflhard gegenüber dem Abendblatt. „Wichtig für uns ist eine einander respektierende Vielstimmigkeit jenseits von politischer Polarisierung. Aktuell haben wir mit Asaf Avidan sowohl einen israelischen Künstler im Programm als auch mit Walid Raad einen Künstler aus dem arabischen Raum.“