Hamburg. Gefährliche Konkurrenz: In Hamburg gefährdet die wachsende Zahl an Honigbienen die Wildbiene. Was den Tieren helfen könnte.
Das wissenschaftlich dokumentierte weltweite Insektensterben ist keinesfalls nur ein Thema für spezialisierte Biologen – es bedroht auch den Menschen. Denn ohne Insekten würde es weniger Früchte, Gemüse oder Nüsse geben, es käme zu Hungersnöten, in ganzen Landstrichen könnten die Ökosysteme zusammenbrechen. Besonders bedroht sind in unseren Breiten zuletzt die Wildbienen. Darauf hat der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) zum Weltbienentag am 20. Mai jetzt erneut hingewiesen.
Während mittlerweile vor allem Honigbienen stärker öffentlich wahrgenommen würden, gehe es mit den Beständen der Wildbienen „rasant bergab“, so der Nabu Hamburg. „Dabei erfüllen Wildbienen ebenfalls wichtige Bestäubungsleistungen, sind aber leider durch viele Faktoren bedroht – vor allem durch Lebensraumverluste aufgrund von Flächeninanspruchnahmen und die Intensivierung der Landwirtschaft. Dazu kann sich auch die stark zunehmende Konkurrenz durch die Honigbiene in einem Gebiet negativ auf Wildbienen auswirken, wie zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen.“
Kampf der Bienen: Honigbienen fressen Wildbienen die Nahrung weg
Der Nabu fordert daher, dass dem Schutz von Wildbienen mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. „Laut einer aktuellen Senatsanfrage ist dem Senat das Problem der Konkurrenz zwischen Honigbienen und Wildbienen sehr wohl bewusst“, sagte der Hamburger Nabu-Vorsitzende Malte Siegert. „Daher fordert der Nabu, dass neben dem Verbot der Honigbienenhaltung in Naturschutzgebieten unbedingt weitere konkrete Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um Wildbienen und andere Insekten zu fördern.“
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Das könne „durchaus strengere Abstandsregelungen oder eine Einschränkung der Haltung von Honigbienen auf öffentlichen Flächen bedeuten“, so Siegert. „Mehr Wildblumenwiesen anzulegen oder Parks und Grünanlagen naturnah zu gestalten, sind Beispiele für eine konkrete Förderung von urbaner Artenvielfalt, die am Ende beiden Bienenarten zugutekommt.“
Zahl der Honigbienenvölker hat sich in Hamburg verdreifacht
Viele Wildbienenarten seien auf einzelne Nahrungsquellen spezialisiert und besuchten nur wenige bestimmte Pflanzenarten. Im Gegensatz dazu seien Honigbienen „Generalisten“ und bevorzugten keine bestimmten Pflanzenarten, sondern fänden überall Nahrung. „Honigbienen können dadurch eine ernsthafte Konkurrenz für Wildbienen darstellen – besonders im urbanen Raum, wo das Nahrungsangebot ohnehin eingeschränkt ist“, so der Nabu. „Denn in Hamburg gibt es immer mehr Honigbienen, da die Stadtimkerei zunimmt.“
Mit der Hamburger Bienenstrategie werde die Haltung von Honigbienen in Hamburg gestärkt. Laut der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des Linken-Umweltpolitikers Stephan Jersch leben in Hamburg 7664 angemeldete Honigbienenvölker – also laut Nabu „im Mittel gut zehn Honigbienenvölker pro Quadratkilometer“. Innerhalb von nur zehn Jahren habe sich die Zahl damit fast verdreifacht. Dabei gibt es laut Senat keine Obergrenzen, denn die Stadt sehe keine Möglichkeit der Regulierung der Zahl der Bienenvölker.
Kampf der Bienen: Wildbienen leiden unter starkem Wachstum bei Honigbienen
„Ein zunehmender Honigbienenbestand kann einen stärkeren Druck auf die Wildbienenarten ausüben und negative Auswirkungen haben“ sagt Nabu-Wildbienen-Fachmann Stefan Köttgen. „Schon rein zahlenmäßig zeigt sich ein starkes Übergewicht der Honigbienen: Ein Bienenstock hat bis zu 60.000 Individuen, Wildbienen am gleichen Standort höchstens 1.000. Durch ihre Nahrungsspezialisierung können viele Wildbienenarten nicht ohne Weiteres auf andere Pflanzenarten ausweichen. Außerdem können sie geringere Flugstrecken zurücklegen als Honigbienen, daher ist auch ein räumliches Ausweichen schwierig.“
Wildbienen lebten im Gegensatz zu Honigbienen (als Nutztiere) nicht in Abhängigkeit des Menschen. Im Gegenzug seien auch viele Pflanzenarten auf die Bestäubung durch Wildbienen angewiesen, die beispielsweise anatomisch an die Blüten angepasst seien. Fazit des Nabu: „Ein Rückgang von Wildbienenarten und deren Aussterben kann große Auswirkungen auf die Bestäubung und Fruchtbildung haben. Der konsequente Schutz von Wildbienen trägt also zum Erhalt der gesamten Biodiversität bei.“