Hamburg. Tschentscher und Kerstan plädieren für den Bau eines schwimmenden Flüssiggasterminals. Doch ein Senator hat Bedenken.
Im Senat wird mittlerweile öffentlich darüber gestritten, ob Hamburg an Plänen zum Bau eines LNG-Terminals im Hafen festhalten soll – obwohl der langfristige Zuschlag für die vier großen Standorte vom Bund nun bereits an Brunsbüttel, Wilhelmshaven, Stade und Lubmin gegangen ist. Während Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) in seltener Eintracht dafür plädieren, zumindest vorübergehend einen solchen schwimmenden Flüssiggasterminal in Hamburg einzurichten, zeigte sich Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) nicht traurig darüber, dass Hamburg bei der Vergabe der langfristigen Standorte leer ausgegangen war. „Ich hatte sowieso schwere Bedenken, auch rechtlicher Art“, sagte er dem Abendblatt. Der Hafen solle Importhafen für grünen Wasserstoff werden.
Hintergrund: Für das LNG-Terminal müsste in Moorburg ausgebaggert werden und unklar wäre, wohin mit dem Baggergut. Zudem befürchtet der Wirtschaftssenator, dass ein LNG-Schiff den Bau eines Wasserstoff-Elektrolyseurs verzögern könnte. Außerdem ist er für den reibungslosen Ablauf des Hafenbetriebs verantwortlich. Der könnte gefährdet werden, wenn zweimal pro Woche ein LNG-Tanker die Elbe hinauffährt.
Streit im Senat über Bau von LNG-Terminal – trotz Absage
Der grüne Umweltsenator Kerstan widersprach Westhagemann am Donnerstag vehement. „Wenn es nicht gelingt, in Hamburg eine LNG-Plattform ab Mai 2023 zum Einsatz zu bringen, wäre dies ein schwerer Schlag für unsere Industrie“, sagte Kerstan dem Abendblatt. „Ein Drittel des Hamburger Gasbedarfs wird von den 20 größten Industriebetrieben verbraucht. Und das werden die ersten Betriebe sein, bei denen der Gasbezug in einer Mangelsituation gedrosselt wird. Die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario steigt ohne LNG-Plattform im Hamburger Hafen enorm.“
Kerstan (und auch Tschentscher) wollen daher, dass ein LNG-Terminal ab April oder Mai in Hamburg den Betrieb aufnimmt, denn Stade oder Lubmin könnten wohl erst im Dezember 2023 starten. Hamburg bietet sich daher für die Überbrückung an. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe um eine Prüfung gebeten, ob dies möglich sei, hieß es. Sicherheit habe dabei oberste Priorität, so Kerstan. Bisherige Untersuchungen hätten „keine unvertretbare Risiken“ ergeben. Sobald ein derzeit erwartetes nautisches Gutachten vorliege, könne der Senat endgültig über eine Stationierung einer LNG Plattform entscheiden.
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„Zur Nachhaltigkeit gehören auch Soziales und Wirtschaft“, sagte Kerstan. „Wenn wir das Gas abstellen müssen, dann ist das der direkte Weg in die Rezession.“ Gerade in einer Industriestadt wie Hamburg wären die Folgen erheblich. Und: „Wenn wir erst einmal in einer Stagflation landen, dann kommen wir da nicht mehr so schnell raus. Das kostet dann viele Arbeitsplätze.“ Als Stagflation bezeichnet man eine Situation, in der die Wirtschaft nicht wächst, es aber trotzdem eine hohe Inflation gibt – wie etwa in den 1970er Jahren während der Ölkrise. Eine funktionierende Wirtschaft sei auch für den Klimaschutz von Bedeutung, betonte Kerstan. „Denn irgendwie müssen wir den Klimaschutz ja auch bezahlen.“