Hamburg. Der Hamburger Senat erhöht die Abgabe beim Kauf von Immobilien. Einige Gruppen dürfen dagegen nun auf Einsparungen hoffen.
Eigentlich wollte der Senat diesen Schritt vermeiden, im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen wird er sogar ausgeschlossen. Doch in Anbetracht von Corona- und Klimakrise geht er ihn nun doch: In Hamburg wird die Grunderwerbsteuer vom Jahr 2023 an von 4,5 auf 5,5 Prozent erhöht, im Gegenzug aber für junge Familien, Erbbaurecht-Grundstücke und Sozial-Wohnungen auf 3,5 Prozent gesenkt.
Wie der Name sagt, wird die Grunderwerbsteuer beim Kauf eines Grundstücks fällig – ist es bebaut, muss auch der Immobilienwert mit versteuert werden. Das bedeutet: Beim Kauf einer Eigentumswohnung für 500.000 Euro werden künftig 27.500 statt 22.500 Euro Steuer fällig. Wird ein Haus für eine Million Euro erworben, sind es 55.000 statt 45.000 Euro. Umgekehrt gilt: Erwirbt eine junge Familie diese Immobilien, kann sie 5.000 bis 10.000 Euro sparen.
Immobilien in Hamburg werden teurer: Grunderwerbsteuer erhöht
„Die Corona-Folgen für die Haushalts- und Finanzplanung ab der vollen Geltung der Schuldenbremse in 2023 sind einschneidend“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). „Neben strikter Haushaltsdisziplin für die Aufstellung des Haushalts 2023/2024 auf Ausgabenseite sind auch Maßnahmen auf Einnahmeseite leider unvermeidlich.“ Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf das bundesdeutsche Durchschnittsniveau sei zwar „schmerzlich“, aber zusammen mit den entlastenden Maßnahmen „ein vertretbarer Schritt“.
In Hamburg war die Grunderwerbsteuer zuletzt 2009 infolge der Finanzkrise vom schwarz-grünen Senat von 3,5 auf 4,5 Prozent angehoben worden. Dennoch liegt der Satz bundesweit am unteren Rand: Nur Bayern und Sachsen haben mit 3,5 Prozent noch einen niedrigeren Steuersatz. In den meisten Bundesländern ist er dagegen höher, in Schleswig-Holstein liegt er bei 6,5 Prozent, in Niedersachsen bei 5,0. Mit 5,5 Prozent befinde sich Hamburg künftig im Mittelfeld, so der Senat.
Grunderwerbsteuer für Immobilien: Wie Hamburg Mehreinnahmen nutzen will
Die Mehreinnahmen von rund 130 Millionen Euro jährlich sollen vor allem in die energetische Sanierung von Gebäuden (diese wird mit bis zu 80 Millionen Euro im Jahr gefördert) und in die großen Stadtentwicklungsprojekte wie auf dem Grasbrook fließen. Diese Vorhaben wolle man „zügig, ausreichend finanziert und personell gut ausgestattet“ umsetzen, sagte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). Das erfolgreiche „Bündnis für das Wohnen in Hamburg“ wolle man nicht gefährden: „Erwartete Mehreinnahmen aus der Grunderwerbssteuer sollen darum zur gezielten Unterstützung dieses erfolgreichen Kurses eingesetzt werden.“
Stapelfeldt und Dressel verwiesen allerdings auch darauf, dass die Absenkung auf 3,5 Prozent für besondere Fälle voraussetzt, dass die Ampelkoalition im Bund ihr Versprechen umsetzt und diese flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer überhaupt ermöglicht. Sobald das der Fall sei, werde Hamburg den Steuersatz senken.
Welche Konstellation dann etwa als „junge Familie“ gelten wird, ist noch nicht exakt festgelegt. Dressel sagte, man denke an 25- bis 45-Jährige mit mindestens einem Kind. Der abgesenkte Satz gelte dann „für den Ersterwerb einer selbst genutzten Wohnimmobilie“.
Wohnungswirtschaft spricht von falschem Signal
Ungewöhnlich: Der Senat hatte die Steuererhöhung zuvor im Bündnis für das Wohnen abgestimmt und die Kritiker der Wohnungswirtschaft gleich mit zur Landespressekonferenz ins Rathaus gebeten. Die reagierten wie erwartet. „Für uns muss das das falsche Signal zur falschen Zeit sein“, sagte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), der unter anderem Genossenschaften und die Saga vertritt. Die Baukosten gingen durch die Decke und Grundstücke seien rar – da schmerze jede weitere Belastung. Dass Anbieter von Sozialwohnungen und junge Familien entlastet werden sollen, begrüße er dagegen.
Ähnlich äußerte sich Sönke Struck, Landesvorsitzender des Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). Auch Norbert Aust, Präses der Handelskammer, kritisierte, dass die Erhöhung der Grunderwerbsteuer „die Attraktivität Hamburgs als Investitionsstandort“ mindere. Eine „gute Idee“ sei hingegen die Entlastung junger Familien.
CDU, FDP und AfD üben Kritik, Linke fordert Nachbesserung
„Anstatt sich um eine nachhaltige Haushaltspolitik zu kümmern, kassiert die rot-grüne Koalition bei den Bürgern der Stadt ab, die eine Wohnung bauen wollen“, kritisierte Thilo Kleibauer, Haushaltsexperte der CDU-Fraktion. Er verwies darauf, dass das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer seit 2016 von 460 auf 600 Millionen Euro gestiegen sei – auch ohne Erhöhung des Steuersatzes.
Die AfD begrüßte die steuerliche Entlastung junger Familien, kritisierte aber scharf die Steuererhöhung, da sie den Erwerb von Eigentum verteuere. Auch die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein kritisierte „das falsche Signal zur falschen Zeit“.
David Stoop (Linke) unterstützte den Senatsbeschluss, der den Forderungen seiner Partei entspreche: „Damit können dringend nötige öffentliche Investitionen finanziert werden.“ Allerdings forderte er, endlich konsequent gegen Share-Deals vorzugehen: „Wenn eine Privatperson die erste und oft teure Eigentumswohnung kauft, muss sie Grunderwerbssteuer zahlen. Wenn aber ein Konzern Tausende von Wohnungen kauft, indem er ein ganzes Unternehmen übernimmt, zahlt er gar nichts.“
Rot-Grün will Steuerschlupfloch Share-Deals schließen
Auch SPD und Grüne bekräftigten, stärker gegen diese Praxis vorgehen zu wollen. „Auch die Ausnahmetatbestände bei Share-Deals sollen endlich enger gefasst und Steuerschlupflöcher geschlossen werden“, sagte Milan Pein, Haushaltsexperte der SPD. „Die auf diese Weise generierten Mehreinnahmen könnten dann für weitere Ermäßigungen bei der Grunderwerbsteuer verwendet werden. Dafür wird sich Hamburg künftig im Bundesrat stark machen.“
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Dennis Paustian-Döscher, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen in der Bürgerschaft, gab das Ziel aus, „Ende 2022 die Ausnahmesituation in Bezug auf die Schuldenbremse zu beenden und einen ausgeglichenen Doppelhaushalt 2023/24 vorzulegen“. Daher dürfe man „nicht nur auf der Ausgabenseite bremsen“, sondern müsse auch die Einnahmen „moderat erhöhen“.
Hamburg habe die Grunderwerbsteuer immerhin 14 Jahre lang stabil gehalten und werde selbst nach der Erhöhung noch im Mittelfeld der Länder liegen: „Das zeugt von solider Haushaltsführung. Parallel zur Erhöhung setzen wir uns auf Bundesebene für sozialverträgliche Priorisierungen ein.“ Gegenfinanziert werde das durch die Schließung von Steuerschlupflöchern: „Besonders Konzerne entziehen sich aktuell durch sogenannte Share-Deals ihrer Steuerpflicht.“