Hamburg. Die Senatorin hat eine klare Meinung zum „Booster“ und mobilen Impfteams. Sie fordert eine neue Grundlage für Corona-Maßnahmen.

Mit der Möglichkeit für bestimmte Bevölkerungsgruppen, sich einen dritten Piks zur Auffrischung des Schutzes gegen das Coronavirus abzuholen, steigt die Nachfrage nach den Impfungen wieder an. Den Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), nun die großen Impfzentren wieder zu öffnen – eine Ansicht, die SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach teilt –, lehnt Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) zumindest für Hamburg ab.

„Wir haben in Hamburg zehn Impfstellen in den Krankenhäusern erhalten“, sagte Leonhard am Montag. „Das haben wir in dem Bewusstsein getan, dass schrittweise erste Bevölkerungsgruppen eine Auffrischungsimpfung brauchen. Wir merken, dass die Nachfrage anzieht, aber wir haben noch Kapazitäten.“ Die zehn kleinen Impfzentren seien derzeit nicht ausgelastet und könnten bei Bedarf noch erweitert werden.

Corona-Impfungen „an jeder Ecke“ in Hamburg

Außerdem würden in Hamburg nach wie vor „an jeder Ecke“ Impfungen angeboten, sagte Leonhard und verwies auf die mobilen Teams, die unter anderem in den Pflegeheimen unterwegs sind sowie kleine, dezentrale Angebote in Nachbarschaftstreffs, Kirchengemeinden, Sportvereinen und vielen mehr.

Etwas verwundert verwies sie darauf, dass die Länder erst zu Ende September, also vor gut vier Wochen, vom Bund dazu aufgefordert wurden, die Impfzentren zu schließen. Hamburg hatte sein zentrales Impfzentrum in den Messehallen, das größte der Republik, bereits Ende August geschlossen. Eine Wiedereröffnung kommt für die Sozialsenatorin „Stand heute“ daher nicht in Betracht: Denn erstens würden jetzt nicht große Gruppen in Scharen Impfungen nachfragen, sondern die Frist von sechs Monaten ab dem zweiten Piks laufe „jahrgangsweise“ ab.

Boosterimpfung nur für wenige Hamburger

Und erfahrungsgemäß würden sich die meisten Ärzte an die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) halten, wonach vorerst nur über 70-Jährige, Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeheimen, Menschen mit einem erhöhten Risiko sowie das Personal in medizinischen Einrichtungen mit direktem Patientenkontakt ein drittes Mal geimpft werden sollten.

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Für alle anderen sei das nur nach eingehender ärztlicher Beratung möglich, so Leonhard. „Und das ist nichts, was man in den Messehallen durchführen sollte.“ Sie versprach aber: „Jeder und jede, für den oder die eine Boosterimpfung empfohlen wird, kann die bekommen.“

Zahl der Corona-Patienten steigt

Nachdem die Infektionszahlen in Hamburg am Montag sprunghaft anstiegen – 317 neue Fälle waren 166 mehr als eine Woche zuvor, die Sieben-Tage-Inzidenz stieg von 115,1 auf 123,8 –, zeigte sich die Sozialsenatorin besorgt. Es sei zwar „eine ganz andere Lage als vergangenes Jahr um diese Zeit.“ Denn trotz hoher Infektionszahlen würden viel weniger Menschen erkranken.

„Trotzdem kann das ein anstrengender Herbst werden“, so Leonhard. Dass in der Hansestadt mittlerweile 85 Prozent der Menschen, für die eine Impfung infrage kommt, vollständig immunisiert seien, sei zwar „ganz gut als Bremse, aber nicht genug, um die Pandemie komplett einzudämmen.“ Und so steige auch die Zahl der Covid-Patienten in den Krankenhäusern.

Corona: Die Sorge um die Pflegekräfte

Angesichts der hohen Fallzahlen müsse nur ein Prozent der Infizierten ernsthaft krank werden, um das Gesundheitssystem wieder an seine Grenzen zu bringen, warnte die Senatorin. Dann werde man zunächst „elektive“, also aufschiebbare Eingriffe in den Krankenhäusern absagen. Im zweiten Schritt würden Reserven mobilisiert und erst im dritten Patienten in andere Länder verlegt.

Davon sei man zwar noch weit entfernt, doch insbesondere die Kapazitätserweiterung könnte ein Problem werden: „Ein Bett alleine reicht nicht. Wir brauchen auch die Pflegekräfte und das Management, doch die haben wir nicht – noch viel weniger als im letzten Herbst.“

Corona: Weniger Kontaktverfolgung

Leonhard kündigte an, dass sich die Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter auf vulnerable und ungeschützte Gruppen konzentrieren werde, also unter anderem auf Alte, Vorerkrankte sowie Einrichtungen wie Schulen, Kitas und Krankenhäuser.

„Wir telefonieren zwar auch weiterhin jeder infizierten Person hinterher“, so die Senatorin. „Aber nicht mehr jeder Kontaktperson zweiter und dritter Klasse. Das wird weniger werden, ist aufgrund der Impfquote aber vertretbar.“ Auch das RKI empfehle dieses Vorgehen.

Leonhard: Corona-Notlage sollte weiter gelten

Leonhard betonte erneut, dass sie den Plan, die epidemiologische Notlage von nationaler Tragweite am 24. November auslaufen zu lassen, für keine gute Idee halte. Die Länder bräuchten eine gesetzliche Grundlage für ihre Maßnahmen.

„Es ist jetzt von ganz großer Bedeutung, dass der deutsche Bundestag wenigstens eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschließt, die es uns ermöglicht, ein paar Eingriffsmaßnahmen aufrechtzuerhalten.“ Dazu zählten etwa die Vorlagepflichten für Tests und Impfnachweise, die Maskenpflicht im ÖPNV und beim Einkaufen sowie die 2G- und 3G-Regelungen. Dass so eine Gesetzesänderung rechtzeitig gelinge, sehe sie mit Sorge – denn die Zeit sei knapp.

  • In folgenden Kliniken wird nach wie vor geimpft: Agaplesion Diakonieklinikum in Eimsbüttel, Albertinen-Krankenhaus in Schnelsen, Asklepios Klinik Harburg, Asklepios Klinik Nord-Heidberg in Langenhorn, Asklepios Klinik Wandsbek, Bethesda Krankenhaus Bergedorf (jeweils ab 12 Jahren ohne Vorerkrankungen und Erwachsene), Israelitisches Krankenhaus Hamburg (12- bis 15-Jährige ohne Vorerkrankungen sowie alle ab 16 Jahren), Asklepios Klinik Altona (mittwochs nur 12- bis 17-Jährige sowie Schwangere und Stillende, die anderen Tage alle ab 18 Jahren), Altonaer Kinderkrankenhaus und Kinder UKE (jeweils nur für Kinder und Jugendliche von 12 bis 17 Jahren), Zentrum für Impfmedizin des Instituts für Hygiene und Umwelt. Die Terminvergabe erfolgt nicht über die Krankenhäuser, sondern telefonisch unter 040/428 28 40 00 oder online unter www.hamburg.de/corona-impfung/