Hamburg. Nur wer zwingend darauf angewiesen ist, darf Kita-Kinder in Betreuung geben. Fast 500 Infektionen an Schulen in zwei Wochen.

Viele Hamburger Eltern werden ihre kleinen Kinder in den kommenden Wochen wieder zu Hause betreuen müssen. Angesichts der zuletzt stark steigenden Corona-Infektionszahlen hat der Senat beschlossen, dass die Kitas vom „eingeschränkten Regelbetrieb“ auf eine „erweiterte Notbetreuung“ zurückgehen.

Das bedeutet: Von Dienstag nach Ostern an dürfen nur noch Eltern, die darauf zwingend angewiesen sind, ihre Kinder betreuen lassen. Das gilt für bestimmte Berufsgruppen wie Polizisten, Feuerwehrleute, Personal in Kliniken und Heimen, für Alleinerziehende sowie wenn „dringende Notfälle“ oder „familiäre Gründe“ vorliegen. Die Regelung ist Teil der Beschlüsse zur Eindämmung der Corona-Pandemie.

Modellversuch mit Corona-Tests für Kitakinder geplant

Vom 8. April an soll zudem ein Modellversuch mit freiwilligen Corona-Schnelltests von Kindern in 16 Hamburger Kitas beginnen, begleitet durch Kinderärzte, wie Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) ankündigte.

Ihre Behörde hatte bisher darauf verzichtet, auf Schnelltests für Kita-Kinder zu dringen oder diese sogar verpflichtend zu machen, da die zugelassenen Tests für eine Probenentnahme in der Nase bei kleinen Kindern nur schwer einsetzbar und andere Verfahren wie ein „Lolli-Test“ noch nicht zugelassen sind. Das Kita-Personal kann sich bereits dreimal pro Woche kostenlos selbst auf Corona testen.

Auslastung der Hamburger Kitas lag zuletzt bei 64 Prozent

Die Auslastung der Hamburger Kitas lag nach Auskunft der Sozialbehörde zuletzt bei 64 Prozent. Die Zahl der wegen Corona-Infektionen vorübergehend geschlossenen Einrichtungen ist demnach zuletzt auf 16 gesunken. Zu Wochenbeginn hatte die Sozialbehörde noch 21 Schließungen von Kitas gemeldet.

Schulen in Hamburg bleiben zunächst geöffnet – mit Testpflicht

Die Schulen bleiben zunächst geöffnet und arbeiten in Grundschulen und Abschlussklassen weiterhin im Wechsel-Präsenzunterricht. Neu eingeführt wird eine Testpflicht. Wer am Unterricht teilnehmen will, muss sich fortan einem Schnelltest unterziehen. Allerdings wird es diesen laut Schulbehörde auch weiterhin nicht täglich geben.

Lehrer werden dreimal wöchentlich getestet, Schüler zweimal. Da die Schüler aber in der Regel nur zwei oder drei Tage pro Woche am Präsenzunterricht teilnähmen, entspreche dies beinahe einer schultäglichen Testung, so die Schulbehörde.

Ein Schüler führt einen Corona-Selbsttest durch.
Ein Schüler führt einen Corona-Selbsttest durch. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Matthias Bein

Steigt die Inzidenz auf mehr als 200, müssen die Schulen schließen

Es ist angesichts der steigenden Infektionszahlen allerdings denkbar, dass die Schulen in Kürze den Präsenzunterricht wieder vollständig einstellen müssen. Nach dem gültigen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin muss dies geschehen, sobald die Sieben-Tage-Inzidenz an drei Tagen in Folge bei 200 oder höher liegt.

„Diese Grenze ist ja noch nicht erreicht, aber sie ist nicht mehr weit entfernt, deswegen ist das eine Nachricht, die jetzt an dieser Stelle auch der Ehrlichkeit halber dazugehört“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bei der Vorstellung der Beschlüsse. Tatsächlich könnte eine Inzidenz von 200 schon in der kommenden Woche überschritten werden, wenn sich der Anstieg in der Geschwindigkeit der vergangenen Tage fortsetzen sollte. Am Mittwoch lag die Inzidenz in Hamburg bei 163,7.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

488 Infektionen im Schulkontext seit dem 15. März

Derweil meldete die Schulbehörde am Mittwoch für den Dienstag 44 weitere durch PCR-Tests bestätigte Corona-Infektionen an 37 Schulen. Betroffen waren laut Behördensprecher Peter Al­brecht 43 Schüler und ein Schulbediensteter. Insgesamt sind seit Wiederaufnahme des Präsenz-Wechselunterrichts an Grundschulen und in Abschlussklassen am 15. März 488 Infektionen im Schulkontext nachgewiesen worden. Betroffen waren 432 Schülerinnen und Schüler und 52 Lehrerinnen und Lehrer.

Die meisten Infektionen gab es in den vergangenen zehn Tagen laut Schulbehörde hier:

  • Schule Beim Pachthof (12 Infektionen)
  • Berufliche Schule Hamburg-Harburg (10 Infektionen)
  • Berufliche Schule für medizinische Fachberufe auf der Elbinsel (9)
  • Staatliche Fachschule für Sozialpädagogik (9)
  • Berufliche Schule Anckelmannstraße (7)
  • Stadtteilschule Wilhelmsburg (7)
  • Stadtteilschule Lohbrügge (6)
  • Stadtteilschule Altona (6)
  • Heinrich-Hertz-Schule (5)
  • Schule Langbargheide (5)
  • Stadtteilschule Lurup (5)
  • Otto-Hahn-Schule (5)
  • Katholische Schule Hammer Kirche (5)

Zahlen zu Selbst- oder Schnelltests gibt es laut Behörde erst nach Ostern wieder. Da die Schnelltests häufiger falsch positive Ergebnisse anzeigen, müssen mögliche Infektionen danach durch einen zuverlässigeren PCR-Test verifiziert werden, bevor sie in die Statistik eingehen.

Kritik von den Oppositionsparteien

„Das sich jetzt zusätzlich anbahnende Infektionsgeschehen in den Schulen hätte der Senat bereits vor Wochen durch tägliche Tests und gute Konzepte in den Einrichtungen erkennen können sowie gegensteuern müssen“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering am Mittwoch.

„Verpflichtende Testungen für Schülerinnen und Schüler sind notwendig, um nicht das gesamte Testverfahren ad absurdum zu führen. Es ist gut, dass der Senat die hier dringliche Verpflichtung von Tests erkannt hat.“ Man sei „so weit wie zu Beginn der Pandemie“, so Thering. „Schulen sind immer noch keine sicheren Orte und nun drohen ganze Jahrgänge vom Bildungsangebot abgeschnitten zu werden.“

"Chaotische Situation bei Corona-Tests"

Auch die Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus übte Kritik. „In Hamburger Klassenzimmern ist es zu vielen chaotischen Situationen bei Corona-Tests gekommen“, so Boeddinghaus. „Um mehr Sicherheit zu schaffen, fordern wir: Tests sollten nicht verpflichtend sein – aber nur negativ getestete Schüler und Schulbeschäftigte sollten am Präsenzunterricht teilnehmen können.“

Dafür brauche man eine Strategie und eine Logistik, „die sicherstellt, dass Selbsttests außerhalb der Unterrichtsräume und angeleitet durch ausgebildetes medizinisches Personal durchgeführt werden“.

Boeddinghaus: „Eltern brauchen mehr Unterstützung“

Die Rückkehr zur Notbetreuung an den Kitas sei nachvollziehbar, sagte Sabine Boeddinghaus. „Eltern brauchen aber mehr Unterstützung: Sie müssen Anspruch auf bezahlten Urlaub bekommen. Kinderkrankentage müssen erheblich hochgesetzt werden. Die Doppelbelastung von häuslicher Betreuung, Homeschooling und Homeoffice muss endlich ein Ende haben.“

SPD-Familienpolitiker Uwe Lohmann appellierte an die Eltern, „in den nächsten Wochen darauf zu verzichten, ihre Kinder in die Kita zu geben“. Grünen-Familienpolitikerin Britta Herrmann sagte: „Die aktuelle Situation ist besorgniserregend, weil nun auch zunehmend kleinere Kinder von Covid-19-Infektionen betroffen sind. Dennoch ist die Entscheidung, Kitas erneut in den erweiterten Notbetrieb zu schicken, nicht leichtgefallen.“