Hamburg. Während die kleineren Parteien in Hamburg wachsen, melden SPD und CDU zurückgehende Zahlen. Und die AfD? Die macht keine Angaben.
Der Mitgliederzuwachs der Hamburger Grünen hat sich auch im Corona-Jahr 2020 fortgesetzt. Am 31. Dezember hatte die Partei in der Hansestadt exakt 3602 Mitglieder – 324 oder knapp zehn Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Bis 2016 hatten die Grünen jahrelang stabil zwischen 1500 und 1600 Mitgliedern – seitdem geht es steil bergauf.
Zwar war der Zuwachs 2020 nicht mehr ganz so groß wie in den Vorjahren, aber immer noch bemerkenswert – denn von einem allgemeinen Run auf die Politik konnte keine Rede sein: Wie eine Umfrage des Abendblatts bei den Parteien ergab, konnten zwar auch Linkspartei und FDP leicht zulegen, aber die Volksparteien SPD und CDU verloren sogar an Mitgliedern.
Parteiarbeit der Grünen wurde stark digitalisiert
„Was unsere Mitgliederentwicklung angeht, war das Jahr 2020 durchaus erfreulich“, sagte die Landesvorsitzende der Grünen, Justizsenatorin Anna Gallina, dem Abendblatt. Woran das gelegen haben könnte? „Wir haben die Parteiarbeit stark digitalisiert und bieten daher auch in der Pandemie Räume für Debatte und politisches Engagement.“ Zudem verzeichne man zwei weitere erfreuliche Trends: Zum einen „einen Rekordfrauenanteil“, so Gallina, von 39,5 Prozent.
„Und die Menschen, die zu uns kommen, sind außergewöhnlich interessiert und tatkräftig. Sie wollen nicht lange schnacken, sondern etwas bewegen.“ In der Hinsicht hatten die Grünen zuletzt einiges zu bieten: Nachdem die Partei bei den Bezirkswahlen 2019 erstmals stärkste Kraft in Hamburg geworden war und bei der Bürgerschaftswahl 2020 ihren Stimmenanteil auf 24 Prozent verdoppeln konnte, hatte sie mehr neue Mandate und Aufgaben zu vergeben als alle anderen Parteien.
Auch die Linken verzeichnen starken Zuwachs
Den zweitstärksten Zuwachs verzeichnete die Linkspartei: Sie wuchs 2020 von 1684 auf 1800 Mitglieder – ein Plus von 6,9 Prozent. Der Frauenanteil liegt bei gut 32 Prozent. „Die Linke ist weiterhin in Hamburg eine wachsende Kraft, und ich freue mich sehr, dass auch in der für alle Parteien schwierigen Zeit der Pandemie die Stimme für mehr soziale Gerechtigkeit Zuspruch findet“, sagte Landessprecherin Zaklin Nastic.
Die Forderungen der Linken nach einer Vermögensabgabe sowie nach mehr Gerechtigkeit und sozialem Ausgleich für die am schlimmsten von der Pandemie Betroffenen fänden Zustimmung.
Frauenanteil der FDP liegt nur bei 19,3 Prozent
Leicht zulegen auf 1570 Mitglieder (plus 33 oder 2,1 Prozent) konnte auch die FDP – was insofern überraschte, als sie bei der Wahl im Februar den Wiedereinzug in die Bürgerschaft verpasst hatte und dort seitdem nur noch mit der Einzelkämpferin Anna von Treuenfels-Frowein vertreten ist. „Wir wachsen seit Jahren kontinuierlich, auch im schwierigen Corona-Jahr war der Zulauf ungebrochen“, sagte die Landesvorsitzende Katja Suding. Warum das so war?
„Gerade in den letzten Monaten ist der hohe Wert von Freiheits- und Grundrechten ins Bewusstsein vieler Menschen gerückt“, so Suding. „Mit unseren konstruktiven Vorschlägen, wie diese Grundrechte mit dem notwendigen Schutz der Gesundheit in Einklang zu bringen sind, überzeugen wir sie.“ Der Frauenanteil überzeugt hingegen weniger: Er liegt bei 19,3 Prozent – nach der AfD der niedrigste Wert.
SPD verlor 2020 263 Mitglieder
Mit Abstand größte Partei in Hamburg bleibt mit 10.764 Mitgliedern die SPD. Doch trotz des großen Wahlsiegs unter Bürgermeister Peter Tschentscher, der seine Genossen nahe an die 40 Prozent herangeführt hatte, verlor auch sie 2020 unterm Strich 263 oder 2,4 Prozent ihrer Mitglieder.
Damit liegt die SPD zwar in etwa auf dem Niveau des vergangenen Jahrzehnts, aber weit entfernt von den 55.000 Mitgliedern, die sie kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hatte. Dafür ist der Frauenanteil mit 34 Prozent heute vermutlich deutlich höher.
SPD hofft auf mehr weibliche Mitglieder
„Ich freue mich, dass die Zahl der SPD-Mitglieder in Hamburg auch in diesem besonderen Jahr 2020 stabil ist“, sagte die Landesvorsitzende, Sozialsenatorin Melanie Leonhard. „Die leichten Schwankungen im Vergleich zum Vorjahr sind normal. Jetzt hoffen wir darauf, dass sich im Bundestagswahljahr weitere Hamburgerinnen und Hamburger von unseren Ideen für das Land angesprochen fühlen und diese Zustimmung auch mit der Entscheidung für eine Mitgliedschaft in der SPD zum Ausdruck bringen.“ Zudem hoffe sie darauf, noch mehr Frauen gewinnen zu können.
Wieder einmal kräftig Federn lassen musste die CDU: Ihre Mitgliederzahl ging um 320 Köpfe oder 5,2 Prozent auf 6140 zurück. Dieser Trend hält nun schon mehr als zehn Jahre an: Zu Zeiten ihres Bürgermeisters Ole von Beust (2001–2010) hatten die Christdemokraten an der Elbe noch um die 10.000 Mitglieder.
CDU verlor 320 Mitglieder
1990 waren es, bedingt durch die Wiedervereinigung, sogar mal 14.000 gewesen. Immerhin: Mit rund 40 Prozent weiblichen Mitgliedern kann die CDU mit den Grünen mithalten. Ein- und Austritte hielten sich derzeit die Waage, heißt es aus der Parteizentrale am Leinpfad. „Durch die hohe Zahl an Todesfällen nimmt die Zahl der Mitglieder aber insgesamt ab.“ Zudem habe man im vergangenen Jahr verstärkt Nichtbeitragszahler ausgeschlossen.
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„Wir setzen seit Beginn der Pandemie in der Parteiarbeit sehr erfolgreich auf moderne, digitale Formate“, sagte der im Herbst neu gewählte Landesvorsitzende Christoph Ploß. „Wir hoffen aber, dass die Infektionslage Präsenzveranstaltungen und einen direkten Austausch bald wieder möglich macht. Dann werden wir auch eine Mitgliederwerbekampagne initiieren.“
AfD macht keine Angaben zu Zuwachs
Keine Angaben machte die AfD. „Leider ist es infolge der Corona-Beschränkungen seit vielen Monaten nicht möglich, die laut Satzung erforderlichen Aufnahmegespräche mit aufnahmewilligen Interessenten zu führen“, teilte der Landesvorsitzende Dirk Nockemann nur mit.
Dass sich mehrere Vorstandsmitglieder „ein genaues Bild vom jeweiligen Interessenten machen“, würde „gegen die sogenannte Corona-Eindämmungsverordnung verstoßen“, so Nockemann. „Aus diesem Grund wären die Zahlen auch nicht repräsentativ.“ Im September 2018 hatte die Partei in Hamburg rund 650 Mitglieder.