Hamburg. In keinem anderen Bundesland gibt es noch ein solches Zweierbündnis. Hamburgs Erster Bürgermeister spricht dennoch von Erfolg.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher sieht in seinem neuen Senat den Beweis, dass Rot-Grün kein Auslaufmodell ist. Auch wenn Hamburg seit vergangenem Jahr das bundesweit letzte Land ist, das von einem Zweierbündnis aus SPD und Grünen regiert wird, könne man „in solchen Entwicklungen aber auch eine Kehrtwende hinbekommen“, sagte der SPD-Politiker. „Genau das ist uns im Februar gelungen: Rot-Grün hat aus einem bestehenden Regierungsbündnis heraus noch einmal eine Stärkung erfahren.“ Zudem hätten die Erfahrungen in anderen Ländern mit Koalitionen aus drei Parteien gezeigt, „dass solche Bündnisse das Regieren nicht einfacher machen“.
Im seit 2015 rot-grün regierten Hamburg war die bestehende Koalition bei der Bürgerschaftswahl im Februar klar bestätigt worden und hat seither mit mehr als zwei Dritteln der Mandate sogar eine noch größere Mehrheit. „Das ist schon eine Botschaft: Ein solches Bündnis ist zeitgemäß und hat Potenzial.“ Voraussetzung sei, dass beide Partner jeweils auch die Kernthemen des anderen ernst nehmen. „Das heißt, die SPD muss auch eine Klimaschutz-Partei sein, und umgekehrt tut es den Grünen gut, wenn sie sich den sozialen und wirtschaftlichen Fragen gegenüber öffnen.“
Bürgermeister Tschentscher: Hamburg muss beim Klimaschutz und der Digitalisierung vorankommen
Die Corona-Krise habe die Regierungsbildung schwieriger gemacht, „weil die Auswirkungen der Krise doch sehr weitreichend sind, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht“, sagte der Bürgermeister. „Andererseits war es auch leichter, weil klar war, dass wir uns jetzt nicht um Nebensachen kümmern dürfen, sondern uns auf die entscheidenden Zukunftsthemen konzentrieren müssen.“
Und die bekämen durch die umfangreichen Pakete zur Ankurbelung von Konjunktur und Wirtschaft nun einen besonderen Schub. „Wenn wir jetzt Milliarden investieren in Deutschland, dann sind es eben vor allem die Felder, in denen wir tatsächlich auch ohne Corona hätten vorankommen müssen.“ In Hamburg seien das beispielsweise Klimaschutz, Mobilität und Digitalisierung.
Bürgermeister Tschentscher ist zufrieden mit der Besetzung im rot-grünen Senat
Von der Kritik an der personellen Besetzung seines Anfang Juni von der Bürgerschaft bestätigten Senats – insbesondere an der neuen Justizsenatorin, der Nicht-Juristin Anna Gallina von den Grünen – zeigt Tschentscher sich unbeeindruckt. „Ich bin zufrieden mit den Personalentscheidungen, die wir insgesamt haben.“
Er habe Wert darauf gelegt, in der Krise auf SPD-Seite mit den erfahrenen Senatsmitgliedern weiterzuarbeiten. „Auch die grüne Seite hat ja zwei Senatsmitglieder wiederbenannt, aber eben auch zwei neue“, sagte er. Dennoch gebe es Korrekturbedarf: „Wir haben im Hinblick auf die Anforderungen der SPD eine Frau zu wenig im Senat. Ich habe zugesagt, dass wir bei einer Veränderung im Senat die Quotierung wiederherstellen.“ Dass eine solche Veränderung kommt, sei so gut wie sicher.
Den Posten von Innensenator Andy Grote (SPD), dessen Rücktritt die Opposition seit Bekanntwerden eines Umtrunks zur Feier seiner Wiederernennung fordert, will Tschentscher aber nicht anderweitig vergeben. Grote habe sich für diesen Fehler entschuldigt. „Ich kenne Herrn Grote lange und gut genug, um zu wissen, dass er seine Entschuldigung ernst meint“, sagte Tschentscher. „Natürlich sieht die Opposition das anders, aber als Bürgermeister lege ich Wert darauf, dass meine Entscheidungen verhältnismäßig sind und die Gesamtumstände berücksichtigen.“