Hamburg. Koalitionsverhandlungen: Acht-Euro-Wohnungen, mehr Erbbaurecht, Genossenschaften und neue Ideen für den Kleinen Grasbrook.

In Hamburg sind SPD und Grüne in den Koalitionsverhandlungen noch immer nicht zu Einigungen im besonders konfliktreichen Themenfeld der künftigen Wirtschaftspolitik gekommen. Stattdessen wurden am Mittwochabend im Rathaus von Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) und Grünen-Chefin Anna Gallina die Ergebnisse im Bereich des Wohnungsbaus und der Stadtentwicklung präsentiert.

Danach will man auch weiterhin am Ziel festhalten, pro Jahr 10.000 Baugenehmigungen für den Wohnungsbau zu erteilen, wie Gallina darlegte. Dafür solle das „Bündnis für das Wohnen“ in dieser Wahlperiode erneuert werden. In dem Bündnis arbeiten Senat, Verbände der Wohnungswirtschaft, die städtische Wohnungsbaugesellschaft SAGA und Mietervereine zusammen, um den Wohnungsneubau zu forcieren.

Erbbaurecht: Hamburg will weiter Grundstücke ankaufen

Ein wichtiger Hebel für eine soziale Wohnungsbaupolitik sei eine „soziale und wirtschaftliche Boden- und Liegenschaftspolitik“, sagte Gallina. Die Stadt werde daher weiter Grundstücke ankaufen und entwickeln und diese stärker als bisher im Erbbaurecht mit Laufzeiten von bis zu 100 Jahren vergeben.

„Weiterentwickelt“ werden solle der „Drittelmix“, nach dem bisher in größeren Baugebieten je ein Drittel geförderte, ein Drittel frei finanzierte und ein Drittel Eigentumswohnungen entstehen. Man habe festgestellt, dass man in den zentralen und sehr nachgefragten Lagen den Anteil der geförderten Wohnungen erhöhen müsse, um „ein gutes Gleichgewicht herzustellen“. In den nachgefragten Lagen solle es daher künftig bis zu 50 Prozent geförderten Wohnraum geben, so Gallina.

Genossenschaften und Baugemeinschaften fördern

Zugleich solle die Bindungsdauer bei geförderten Wohnungen grundsätzlich auf 30 Jahre verlängert werden. Genossenschaften sollten gestärkt und Baugemeinschaften bei Großprojekten stärker berücksichtigt werden. Die städtische Gesellschaft „Fördern und Wohnen“ solle im Bereich des Wohnungsbaus künftig neben der Saga eine wichtige Rolle spielen – und zwar bei der Versorgung der „vordringlich Wohnungssuchenden“, sagte die Grünen-Politikerin.

Ein großes Vorhaben bleibt der Wohnungsbau an den großen Ausfallstraßen, den Magistralen. SPD und Grüne haben sich laut Gallina darauf geeinigt, "bis zur Mitte der Wahlperiode" zusammen mit den Bezirken einen „Masterplan" dafür auszuarbeiten, wie diese oft stark befahrenen Straßen mit bisher oft ungenutzten Randflächen für den Bau von Wohnungen genutzt werden können. Grundsätzlich wichtig sei es, „die soziale Infrastruktur der Stadt beim Wachstum immer mitzudenken“, so Gallina.

Hafencity: Neue Pläne für den Kleinen Grasbrook

Der Kleine Grasbrook, so eine weitere Entscheidung von SPD und Grünen, wird zu einem „Smart Mobility“-Stadtteil entwickelt, der „weitestgehend frei von motorisiertem Individualverkehr ist“.

Wichtig bleibe ein "starkes Mietrecht", wie Gallina betonte. So solle etwa das Vorkaufsrecht im Falle von Verkäufen ausgedehnt werden. Zudem sollten Anreize für Vermieter geschaffen werden, Mieten nur moderat zu erhöhen oder auf Erhöhungen zu verzichten. Im Bund wolle sich Hamburg für eine Senkung der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen einsetzen.

Die bisher in Hamburg geltende Grenze von 15 Prozent binnen drei Jahren reiche nicht aus, sagte Senatorin Stapelfeldt, sie müsse auf zehn Prozent gesenkt werden. Dafür wolle Hamburg eine Bundesratsinitiative starten.

Einwohnerzahl: Hamburg wächst weiter

Die Zahl der Einwohner wachse und die Wohnungen seien weiter knapp, so Stapelfeldt. Deswegen sei es wichtig, den Wohnungsbau auf hohem Niveau aufrechtzuerhalten. „Das Bündnis für das Wohnen ist ein Garant dafür, dass wir in diesem Umfang und auch ausreichend Sozialwohnungen bauen“, so Stapelfeldt. Das hätten die neuesten Zahlen gezeigt, nach denen im vergangenen Jahr 9805 Wohnungen fertiggestellt worden seien, von denen 3700 geförderte Wohnungen seien. Auch für die im Klimaplan vorgesehene Stärkung des Klimaschutzes im Bereich Wohnen sei das Bündnis wichtig.

Aufrechterhalten werden soll das System der bisherigen „Acht-Euro-Wohnungsbau“, bei dem durch gezielte Vergabe im frei finanzierten Wohnungsbau Wohnungen mit geringen Quadratmetermieten gebaut werden. Diese günstigen Wohnungen würden künftig „Hamburg-Wohnungen“ heißen, so Stapelfeldt. Künftig sollten von den 10.000 pro Jahr angestrebten Wohnungen 4000 Sozialwohnungen oder solche „Hamburg-Wohnungen“ sein – also günstige, „bezahlbare“ Wohnungen.

Einigkeit habe zwischen den Parteien auch bei den großen Wohnungsbauprojekten bestanden, bei denen allein 30.000 Wohnungen entstehen sollten, so Stapelfeld. Hinzu kämen noch 20.000 Wohnungen bei dem Projekt „Stromaufwärts an Elbe und Bille“.

Linke kritisiert Hamburger Wohnungsbaupolitik

Auf die Frage, warum es immer noch keine Einigung im Bereich der Wirtschaftspolitik gebe, sagte Grünen-Chefin Gallina: „Wir sind in sehr guten Gesprächen und sind in den allerletzten Zügen, aber wir machen alles sehr gründlich wie immer – und deswegen steigt die Spannung noch etwas weiter an.“

Kritik an den vorgestellten Ergebnissen kam bereits am Abend von der Linken. „Diese Koalitionsverhandlungen kommen mir vor wie ‚täglich grüßt das Murmeltier‘“, sagte Linken-Stadtentwicklungspolitikerin Heike Sudmann. „Mehr Erbbaurecht, mehr geförderte Wohnungen in zentralen Lagen, mehr 8-Euro-Wohnungen, Stärkung der (Klein-)Genossenschaften und Baugemeinschaften, Magistralen-Konzept, Bundesratsantrag zur Kappungsgrenze – das wurde alles schon im letzten Jahr in trauter rot-grüner Eintracht beschlossen“, so Sudmann.

Bewegung sei nur „bei zwei langjährigen linken Forderungen zu sehen“, nämlich bei der Verlängerung der Bindungsdauer der geförderten Wohnungen auf 30 Jahre und dem Mitdenken der sozialen Infrastruktur auch bei Neubauvorhaben. „Nur wer den Mietenwahnsinn leugnet oder verdrängt, kann so unverdrossen die Politik der letzten Jahre fortsetzen“, sagte Sudmann. „Ideen wie der Mietendeckel oder den Kleinen Grasbrook zu einem Innovationsstadtteil der sozialen und gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung zu machen, sprengen anscheinend die Vorstellungskraft dieser Weiter-So-Koalition.“