Auf 47 Millionen von der Warburg Bank verzichtet? Ex-Bürgermeister weiß nicht, warum Tschentschers Senat Treffen leugnete.

Hamburgs früherer Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat eingeräumt, sich im November 2017 mit dem Inhaber des Bankhauses Warburg, Christian Olearius, getroffen zu haben. „Zu den Aufgaben eines Ersten Bürgermeisters gehört es, mit den Wirtschaftsvertretern der Stadt im regelmäßigen Austausch zu stehen. So hat es auch ein Treffen von Olaf Scholz mit Herrn Olearius im November 2017 im Amtszimmer des Bürgermeisters gegeben, wie aus dem Kalender des Ersten Bürgermeisters hervorgeht, der der Senatskanzlei vorliegen müsste. Wieso dies bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht berücksichtigt worden ist, entzieht sich unserer Kenntnis“, teilte Scholz‘ Sprecher Steffen Hebestreit auf Anfrage des Abendblatts mit.

Die "Zeit“ und „Panorama“ (NDR) hatten unter Bezug auf staatsanwaltschaftlich beschlagnahmte Tagebücher von Olearius von den Treffen berichtet. Scholz-Sprecher Hebestreit betonte, dass die Hamburger Finanzämter und die Steuerverwaltung der Finanzbehörde „ihre Entscheidungen ausschließlich unter rechtlichen Gesichtspunkten“ träfen.

"Zu keinem Zeitpunkt politischen Einfluss genommen"

„So war es auch im Falle Warburg. Als Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt hat Olaf Scholz zu keinem Zeitpunkt politischen Einfluss auf diese Angelegenheit genommen.“

Bürgermeister Peter Tschentscher unter Druck
Bürgermeister Peter Tschentscher unter Druck © Roland Magunia / HA

Pikant: „Der Senat hatte noch im November 2019 eine offizielle Frage des Linken-Abgeordneten Norbert Hackbusch nach entsprechenden Treffen verneint. Und der Senat bleibt jetzt bei dieser Darstellung. „Der Senat hat die Schriftliche Kleine Anfrage korrekt beantwortet, weil sich die Frage in der SKA (Schriftliche Kleine Anfrage, die Red.) auf mögliche Gespräche in dem steuerlichen Verfahren des Bankhauses M.M.Warburg bezieht“, antwortete Senatssprecher Marcel Schweitzer auf Anfrage des Abendblatts.

Scholz-Treffen mit Olearius: Es ging auch um die Cum-Ex-Geschäfte

Scholz – so muss das wohl interpretiert werden – habe also ein aus anderen Gründen terminiertes Gespräch mit dem Warburg-Chef geführt, bei dem es dann auch um Cum-Ex-Geschäfte gegangen sei.

Der Senatssprecher betont also jetzt, trotz des stattgefundenen Treffens die Frage korrekt beantwortet zu haben. Diese Frage lautete: „Gab es im oben genannten Zusammenhang persönliche Gespräche zwischen dem Bankhaus M.M.Warburg und dem Senat? Falls ja, wie oft und wann erfolgten derartige Gespräche? Falls nein, gab es entsprechende Telefonkonferenzen oder -gespräche? Wer nahm an diesen Gesprächen seitens M.M.Warburg und wer seitens des Senates teil? War der ehemalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz in die Gespräche eingebunden? War der ehemalige Finanzsenator und jetzige Erste Bürgermeister Dr. Tschentscher in die Gespräche eingebunden?

Die Antwort des Senates auf alle Fragen lautete kurz: „Nein.“

Bei den Vorwürfen wegen der Cum-Ex-Geschäfte geht es darum, dass die Finanzbehörde auf die Rückforderung von rund 47 Millionen Euro von der Warburg-Bank verzichtet haben soll. Das berichten das ARD-Magazin "Panorama" (NDR) und die "Zeit". Diese Summe gehe aus Steuerunterlagen hervor, die nun im ersten Cum-Ex-Strafprozess vor dem Landgericht Bonn in das Verfahren eingeführt wurden Hamburg soll seit 2016 von diesem Anspruch gewusst haben.

Trotz der laufenden Cum-Ex-Ermittlungen sollen sich Hamburger SPD-Spitzenpolitiker mit Christian Olearius, dem Inhaber und ehemaligen Chef des Bankhauses M.M. Warburg & CO, getroffen haben. Bei den Gesprächen soll es offenbar auch um steuerliche und strafrechtliche Probleme gegangen sein.

Wissenswertes über die Warburg Bank:

  • Die M.M. Warburg & Co ist eine unabhängige Hamburger Privatbank, die in Deutschland und der Schweiz vertreten ist
  • Sie wurde bereits im Jahr 1798 gegründet
  • Das Bankhaus ist familiengeführt und mittelständisch geprägt
  • Die Warburg Bank steht derzeit unter Druck wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung bei umstrittenen Aktientransaktionen
  • Durch Cum-Ex-Geschäfte soll sich die Bank 47 Millionen Euro aus dem Staatshaushalt verschafft haben

Katharina Fegebank: Tschentscher muss sich erklären

In Hamburger forderten am Donnerstag Politiker unterschiedlicher Parteien eine Aufklärung. Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) twitterte, die Recherchen zu Cum-Ex seien beunruhigend und würfen "schwerwiegende Fragen" auf. Tschentscher müsse sich erklären.

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CDU-Spitzenkandidat Marcus Weinberg sagte: „Bürgermeister Tschentscher muss jetzt für lückenlose Aufklärung sorgen. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wäre das ein Skandal! Jeder Falschparker muss mit Säumniszuschlägen rechnen, wenn er seinen Strafzettel nicht bezahlt. Geklärt werden müssen auch die Dementi von Olaf Scholz und Johannes Kahrs über Gespräche mit der betroffenen Bank. Es geht hier um gestohlene Steuergelder der Hamburgerinnen und Hamburger sowie um die Vertrauenswürdigkeit von Bürgermeister Tschentscher.“

Tschentscher: Habe keinen politischen Einfluss genommen

Bürgermeister Tschentscher sagte bei einem Termin bei der "Hamburger Morgenpost": Es sei „überhaupt kein politischer Einfluss genommen worden". Hamburg habe immer an der Spitze der Aufklärung gestanden.

Das traditionsreiche Geldhaus Warburg war in den Jahren 2007 bis 2011 in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt, bestreitet aber jede rechtswidrige Absicht. Beim Handel mit Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende haben Banken die Finanzämter getäuscht, indem sie sich die auf Dividenden fällige, einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehrfach vom Staat erstatten ließen.

Zu sehen ist der "Panorama"-Beitrag am Donnerstag um 21.45 Uhr in der ARD.