Hamburg. SPD-Chefin Leonhard und Bürgermeister Tschentscher warnen vor Querelen. CDU-Fraktionschef sorgt sich um große Koalition.

Hamburgs SPD-Chefin Melanie Leonhard und Bürgermeister Peter Tschentscher fordern nach dem angekündigten Nahles-Rücktritt eine rasche Neubesetzung von Partei- und Fraktionsvorsitz. CDU-Fraktionschef Trepoll sorgt sich derweil um die große Koalition an sich. Die SPD-Landesvorsitzende Melanie Leonhard zeigte in einem Gespräch mit dem Abendblatt Verständnis für Nahles’ Entscheidung. „Andrea Nahles hat in einer schwierigen Zeit Verantwortung übernommen, aber zuletzt den Rückhalt der Partei nicht gehabt. Einige in der SPD haben eine Personaldebatte angestoßen, ohne offensichtlich eine Alternative zu haben. Da ist es konsequent, dass sie ihre Ämter zur Verfügung stellt“, so Leonhard. Die Alternative wäre eine „monatelange Personaldebatte gewesen, die die Lage der SPD vermutlich nicht verbessert hätte“.

Die Sozialdemokratin kritisiert in diesem Zusammenhang SPD-Landesverbände, die ihre Machtinteressen über das gestellt hätten, was für die Gesamtpartei wichtig sei. Konkreter wird Leonhard nicht, allerdings war zuletzt Kritik an Nahles vor allem aus der nordrhein-westfälischen SPD gekommen. „Es wäre klug, wenn sich jetzt alle fünf Tage Zeit nähmen, um einmal durchzuatmen. Die Frage, wer an die Spitze von Partei und Fraktion kommt, sollte mit einer inhaltlichen Neuausrichtung einhergehen. Dafür hat es bereits gute Ansätze gegeben“, sagte die Sozialsenatorin, ohne sich auf einen Kandidaten oder eine Kandidatin festzulegen.

Nahles-Nachfolger benötigt Unterstützung der gesamten SPD

Leonhard fordert dennoch eine zügige Neubesetzung der Führungsposten. „Was wir als Partei nicht brauchen, ist eine monatelange Selbstbeschäftigung über Personalfragen. Für die große Herausforderung wird der Nachfolger oder die Nachfolgerin die Unterstützung der gesamten Partei benötigen, sonst klappt es nicht“, sagte Leonhard. Nach Meinung der Hamburger SPD-Chefin sollte die Frage nach dem Verbleib der SPD in der Großen Koalition von der jetzigen Personaldebatte getrennt und erst im Herbst auf dem Bundesparteitag entschieden werden.

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Die SPD müsse nach dem schlechten Abschneiden bei der Europawahl wieder Tritt fassen, erklärte Tschentscher auf Facebook. Im Vordergrund stehe die Neubesetzung der beiden Positionen im Partei- und Fraktionsvorstand. Aber: "Die Personalentscheidungen müssen in einem geordneten Verfahren, im Ergebnis möglichst einvernehmlich und bald getroffen werden", betonte er.

Leonhard und Tschentscher danken Nahles für ihren Einsatz

"Sie hat den Partei- und Fraktionsvorsitz in schwierigen Zeiten übernommen und die Erneuerung der Partei auf den Weg gebracht", sagte Leonhard. Tschentscher betonte: "Andrea Nahles hat sich mit aller Kraft für die Neuausrichtung der SPD und einen guten Kurs der großen Koalition eingesetzt. Dafür gebührt ihr Dank und Anerkennung."

Der Vorsitzende der oppositionellen CDU-Bürgerschaftsfraktion, André Trepoll, zollte Nahles Respekt für ihre Entscheidung. Er frage sich jedoch, wie es mit und in der großen Koalition weitergehen solle? "Welche Projekte und Zukunftsthemen sollen jetzt noch 'gemeinsam' bewegt werden und wer soll die Umsetzung bei der SPD organisieren?" Mit Blick auf die übersichtliche Personalsituation in der SPD habe er da so seine Zweifel.

Trepoll forderte die Union auf, einen Stillstand, ein permanentes Infragestellen des Koalitionsvertrags und weiter offen zur Schau gestellten Streit in der großen Koalition nicht länger zu akzeptieren. "Wenn es jetzt keinen geordneten Übergang gibt, dann muss daraus auch zügig die notwendige Konsequenz gezogen werden."