Hamburg. Politik und Fachverbände begrüßen den neuen Kontrollmechanismus grundsätzlich – monieren aber verschiedene Details.
Die Einführung eines Kita-TÜV in Hamburg stößt bei Politik und Fachverbänden überwiegend auf positive Reaktionen. Allerdings gibt es auch Kritik im Detail, etwa daran, dass die Prüfungen angekündigt werden, nur alle fünf Jahre stattfinden sollen und dass die Ergebnisse nicht veröffentlicht werden müssen.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg mit seinen mehr als 300 Kitas unterstütze das Konzept des Senats, sagte Geschäftsführerin Kristin Alheit. Die Träger hätten ein eigenes Interesse an so einer Qualitätskontrolle, die sie auch nachweisen können, zum Beispiel gegenüber interessierten Eltern. Ihr Verband habe daher bereits seit vielen Jahren ein eigenes Prüfsystem.
Diese bleibe auch bestehen, werden nun aber durch das Kita-Prüfverfahren der Sozialbehörde „um einen weiteren – externen – Baustein ergänzt“, so Alheit. Der Paritätische erhoffe sich davon wichtige Hinweise auf Stärken, aber auch Schwächen des grundsätzlich bewährten Kita-Systems. So gehe der Verband davon aus, dass es durchaus kritische Hinweise auf unzureichende Vor- und Nachbereitungszeiten (mittelbare Pädagogik) oder Schwierigkeiten in der geforderten Zusammenarbeit mit den Grundschulen am Übergang in die erste Klasse geben werde.
Alle fünf Jahre soll Kita-TÜV Hamburgs Kitas überprüfen
Wie das Abendblatt exklusiv berichtet hatte, hat der rot-grüne Senat am Dienstag sein Konzept für ein „anlassunabhängiges Prüfverfahren für Kindertageseinrichtungen“ beschlossen. Demnach sollen die mehr als 1100 Kitas, die am städtischen Kita-Gutschein-System teilnehmen, in einem fünfjährigen Rhythmus unter die Lupe genommen werden:
- Entspricht die Personalausstattung den Vorgaben?
- Ist das Personal ausreichend qualifiziert?
- Sind die Räumlichkeiten kindgerecht?
- Wird das pädagogische Konzept umgesetzt?
- Wird auf gesunde Ernährung der Kinder geachtet?
Um diese und einige Punkte mehr checken zu können, wird eigens eine neue Abteilung in der Sozialbehörde mit zehn Mitarbeitern aufgebaut. Sie nimmt ihre Arbeit noch in diesem Jahr auf und soll von 2021 an rund 220 Kitas pro Jahr überprüfen. Darüber wird ein Bericht angefertigt, der mit Kita-Leitung und Elternvertretern besprochen wird. Ob der Kita-Träger Teile davon veröffentlicht, ist ihm überlassen. Alheit deutet an, dass viele Träger das von sich aus anstreben könnten – quasi als Eigenwerbung.
CDU will Veröffentlichung der Ergebnisse
„In den allermeisten Kitas leisten die Mitarbeiter großartige Arbeit“, sagte Philipp Heißner, familienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft. „Mit ihrem Verzicht auf unangekündigte Kontrollen und eine Veröffentlichung der Prüfergebnisse komme Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) nun aber ausgerechnet denen entgegen, die sich bewusst nicht an die Regeln halten, so Heißner: „Jedes Restaurant muss mit unangekündigten Kontrollen leben, aber wenn es um die tägliche Betreuung unserer Kinder geht, wird darauf verzichtet. Das ist Unsinn.“
Außerdem frage er sich, wie Eltern eine informierte Entscheidung darüber treffen sollen, wo sie ihr Kind betreuen lassen, wenn die Prüfergebnisse nicht veröffentlicht werden: „Eltern müssen wissen, ob die Qualitätsstandards in ihrer Kita eingehalten werden. Der Kita-TÜV droht ausgerechnet dort, wo er gebraucht würde, zum zahnlosen Tiger zu werden.“
Wie Heißner verwies auch sein Parteikollege, der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries, darauf, dass schon CDU und Grüne 2010 die gesetzliche Grundlage für den Kita-TÜV geschaffen hätten: „Ich bin deshalb froh, dass sich der beharrliche Einsatz der CDU in Hamburg für die Einführung des Kita-TÜV nun ausgezahlt hat.“ Doch das könne nur der Anfang sein, so de Vries: „Wenn der Kita-TÜV zum Erfolg führen soll, müssen unangekündigte Kontrollen, kürzere Prüfungsrhythmen und Transparenz durch Veröffentlichung der Inspektionsergebnisse Bestandteil der neuen TÜV-Regelungen sein.“
Linke befürwortet Anlassunabhängigkeit, FDP moniert diese
FDP-Fraktionsvize Daniel Oetzel monierte, dass aus der einst geforderten „Kita-Inspektion“ nun anlassunabhängige Kontrollen geworden sind: „Wir stellen uns entschieden gegen bereits aufkommende Forderungen aus den Regierungsfraktionen, den entsprechenden Gesetzesparagraphen für eine Kita-Inspektion aufzuheben. Stattdessen muss sich zunächst über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten erweisen, ob das Kita-Prüfverfahren geeignet ist, den Qualitätsbestimmungen aus dem Kinderbetreuungsgesetz gerecht zu werden. Das übergeordnete Ziel muss es sein, Eltern zu unterstützen, eine fundierte Entscheidung bei der Wahl einer Kita zu treffen.“
Mehmet Yildiz (Linkspartei) sagte: „Das jetzt mit den Kita-Trägern ausgehandelte anlassunabhängige Prüfverfahren für die Kitas unterstütze ich.“ Er habe schon lange darauf hingewiesen, dass vor dem Hintergrund der Privatisierung in Form des Kita-Gutscheinsystems so ein Prüfverfahren nur einvernehmlich mit den Kita-Trägern auf den Weg gebracht werden könne. „Damit wurden auch gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden, die im Raum standen.“
Senatsfraktionen wollen Kita-Qualität weiter verbessern
Uwe Lohmann, Fachsprecher für Familie, Kinder und Jugend der SPD-Bürgerschaftsfraktion, verwies darauf, dass parallel auch die Personalausstattung der Kitas und damit die Betreuungsqualität, verbessert werde: „Das neue Prüfverfahren ist ein wichtiger Baustein in diesem Verbesserungsprozess. Es ist gut, dass die Prüfkriterien von den Kita-Vertragspartnern gemeinsam entwickelt wurden und die Prüfungen anlassunabhängig stattfinden. Eltern müssen sich auf die Kita-Qualität verlassen können.“
Anna Gallina, familienpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion, sagte: „Kitas sind Orte der Bildung geworden, an denen unsere Kinder viel Zeit verbringen. Damit sind auch die Ansprüche an Kitas gestiegen. Es ist uns ein zentrales Anliegen, die Qualität der Kita-Betreuung stetig zu verbessern. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das Kita-Prüfverfahren ist ein Instrument der Qualitätssicherung, welches nicht nur die hohe, bereits vorhandene Betreuungsqualität sichtbar macht, sondern auch Handlungsbedarfe aufzeigt.“