Hamburg. Adil Yigit erhält aus humanitären Gründen neue Aufenthaltserlaubnis. Verwirrung um Behördenschreiben ein Missverständnis?

War alles nur ein Missverständnis? Wie die Ausländerbehörde dem Abendblatt mitteilte, wird der seit 36 Jahren in Hamburg lebende türkische Journalist Adil Yigit doch nicht abgeschoben. Er hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt, als er am 28. September in Berlin mit einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Freiheit für Journalisten in der Türkei“ zu einer Pressekonferenz von Angela Merkel und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan erschienen war. Er wurde daraufhin von Sicherheitskräften aus dem Saal geführt.

Am Wochenende hatte Yigit der „taz“ erzählt, er müsse zum 22. Januar 2019 Deutschland verlassen. Auch das Abendblatt hatte darüber berichtet. Tatsächlich wurde dem 60-Jährigen eine solche Frist gesetzt – aber nur „aus technischen Gründen“, wie ein Sprecher der Ausländerbehörde sagt.

Adil Yigit kann derzeit von journalistischer Arbeit nicht leben

Dieses mit Yigit abgesprochene Verfahren sei erforderlich, um dessen familiäre in eine humanitäre Aufenthaltsgenehmigung umzuwandeln. Da seine Töchter in die Türkei gezogen seien und er von seiner journalistischen Arbeit nicht leben könne, weshalb er auf Sozialleistungen angewiesen sei, werde seine bisherige Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängert.

Yigit bestreitet die Richtigkeit dieser Darstellung. Dass die Behörde ihm nun eine Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen anbietet, führt er auf den öffentlichen Druck zurück, der entstanden sei, nachdem er mit seinem Anliegen an die Presse ging.

Behördenschreiben liegt dem Abendblatt vor

Das Schreiben der Ausländerbehörde, in dem sie Yigit mitteilt, seine alte Aufenthaltserlaubnis nicht zu verlängern, ihm dafür aber eine neue „gemäß § 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz“ zu erteilen, liegt dem Abendblatt vor. Es ist für einen Nicht-Juristen nur schwer zu verstehen. Dass es sich bei der verlangten Ausreise bis zum 22. Januar 2019 nur um eine formaljuristische Fristsetzung handelt, der Journalist das Land also gar nicht verlassen muss, geht explizit an keiner Stelle aus dem Schreibens hervor. Im Gegenteil: „Die Kosten einer notwendigen Abschiebung haben Sie selbst zu tragen“, heißt es dort.

Man gewinnt den Eindruck, ohne eine vorherige Ausreise, notfalls auch eine Abschiebung, würde Yigit keine neue Aufenthaltserlaubnis erhalten. Ein noch so kurzer Aufenthalt in der Türkei wäre für den Regimekritiker, der das Internetportal „Avrupa Postasi“ betreibt und ab und an für die „taz“ schreibt, aber höchst gefährlich. Oppositionellen wie ihm droht in der Türkei Gefängnis.

Der Behördensprecher sagt, Yigit müsse nicht ausreisen. Davon habe man auch dessen Anwalt unterrichtet, der für eine Stellungnahme aber nicht zu erreichen war. Der Sprecher räumt zugleich ein, dass das Schreiben verständlicher hätte formuliert sein können.