Hamburg. Fraktionsvize André Trepoll schlägt Bürgerschaftsreferendum vor. Doch vor den Plänen der CDU steht eine hohe Hürde.

Die CDU-Opposition erhöht beim Dauerthema Rote Flora den Druck auf die rot-grüne Koalition und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Der CDU-Bürgerschafts-Fraktionsvorsitzende André Trepoll schlägt vor, die Hamburger darüber abstimmen zu lassen, ob die Flora im Schanzenviertel geräumt werden soll oder nicht. „Ich biete dem Bürgermeister an, zusammen mit den Regierungsfraktionen und der dafür erforderlichen Zweidrittelmehrheit ein Bürgerschaftsreferendum über die Zukunft der Roten Flora zu stellen“, sagte Trepoll am Sonntag.

Trepoll wirft Scholz vor, dass seinen Ankündigungen nach den Ausschreitungen während des G20-Gipfels bislang keine Taten gefolgt seien. Scholz hatte zwar mit Blick auf die Rote Flora, die zu gewaltorientierten Demonstrationen europaweit aufgerufen hatte, im Abendblatt-Interview erklärt, ihm sei der „Geduldsfaden gerissen“. Scholz vermied es aber, sich etwa für eine Räumung der Immobilie auszusprechen. Rot-Grün setzt zunächst auf Gespräche mit den Bewohnern der Schanze und den Rotfloristen.

Referendum wird per Parlamentsbeschluss gestartet

„Ein Dialog mit dem Umfeld oder ein angebliches Bekenntnis zur Gewaltfreiheit der Roten Flora reicht nicht aus“, sagte Trepoll. Laut dem Verfassungsschutz spiele das linksautonome Stadtteilzentrum, so der CDU-Politiker, weit über Hamburg hinaus bis ins europäische Ausland eine maßgebliche Rolle für die gewaltorientierte linksextremistische Szene.

Ein Bürgerschaftsreferendum wird im Unterschied zum Volksentscheid nicht von einer Volksinitiative, also „von unten“ gestartet, sondern per Parlamentsbeschluss. Bislang ist dieses Instrument der direkten Demokratie einmal angewendet worden: bei der Entscheidung darüber, ob Hamburg sich um die Austragung Olympischer Spiele bewerben soll.

Die genaue Formulierung des Referendums will Trepoll gegebenenfalls mit SPD und Grünen abstimmen. Laut einem Entwurf der CDU könnte der zentrale Satz, über den mit Ja oder Nein abgestimmt wird, lauten: „Ich bin dafür, dass die Freie und Hansestadt Hamburg den mit der Johann-Daniel-Lawaetz-Stiftung am 31. Oktober 2014 über das Grundstück der Roten Flora geschlossenen Treuhandvertrag ordnungsgemäß kündigt, das Grundstück ins Eigentum der Stadt überführt und einer Nutzung zuführt, die allen im Stadtteil zugutekommt und die sich an Recht und Gesetz hält.“

Trepoll: „Die Flora betrifft die ganze Stadt“

Laut Verfassung kann ein Referendum nur über eine Vorlage „von grundsätzlicher und gesamtstädtischer Bedeutung“ abgehalten werden. Aus Sicht von Trepoll ist das gegeben: „Der Umgang mit der Roten Flora betrifft die ganze Stadt.“

Sollte es ein klares Votum für eine Schließung und Umnutzung des Gebäudes geben, so Trepoll, wäre dies „ein deutliches Zeichen an die Rot­floristen, dass in Hamburg rechtsfreie Räume keine Zukunft mehr haben“. Ein solches Ergebnis würde auch „zur Befriedung der Lage beitragen“. Die CDU-Position sei klar: „Die Rote Flora muss geschlossen werden.“

Dresse und Tjarks sprechen von "Stimmungsmache"

Die Reaktion der fünf anderen Bürgerschaftsfraktionen auf den CDU-Vorschlag fiel sehr verhalten aus. „Eine kluge Problemlösung lässt sich schwer auf eine simple Ja-nein-Frage reduzieren, um die es bei einem Volksentscheid oder einem Referendum nun einmal geht“, sagten die Fraktionsvorsitzenden Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne). Eine Woche vor der Bundestagswahl müsse sich „Stimmungsmache“ vorwerfen lassen, wer einen solchen Vorschlag unterbreite.

Dressel und Tjarks verwiesen auf das auch mit der CDU vereinbarte Verfahren der gründlichen Aufarbeitung der G20-Ausschreitungen im Sonderausschuss der Bürgerschaft. Dabei gehe es auch um den Anteil der Roten Flora an der Gewalt und daraus folgend um deren Zukunft. Die beiden Politiker bekräftigten den Weg des Dialogs mit dem Stadtteil und der Roten Flora. „Ein Gewaltverzicht wäre ein wichtiger erster Schritt“, so Dressel und Tjarks.

Suding: "Brauchen Lösungen statt Populismus"

Kritik kam auch von der FDP. „Mit der Forderung demonstriert die CDU eindrucksvoll, dass sie sich selbst als Teil des Parlaments nicht ernst nimmt“, sagte Fraktionschefin Katja Suding. Der Sonderausschuss habe die Arbeit noch nicht aufgenommen, da wolle die CDU die Bürger bereits auffordern, Fakten zu schaffen. „Wir brauchen Lösungen statt Populismus“, sagte Suding.

„Generell begrüßen wir mehr Bürgerbeteiligung, aber ein Volksreferendum kann nicht zwischen Recht und Unrecht entscheiden. Das ist reines Wahlkampfgetöse der CDU“, sagte Dirk Nockemann, innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. „André Trepoll missbraucht das Instrument der Volksabstimmung. Es geht ihm offensichtlich nicht um einen demokratischen Prozess, sondern darum, mit Schauermärchen einen Volkszorn zu entfachen“, sagte Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus.