Hamburg. Polizeipräsident stoppt umstrittene Besoldung von BdK-Chef Schulz. Er soll arbeiten, um seine Bezüge von der Stadt zu rechtfertigen.

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer stoppt die umstrittene Besoldung eines Gewerkschafters: Nach einer internen Überprüfung soll der Vorsitzende des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BdK), André Schulz, nicht mehr wie bislang zur Hälfte von der Stadt Hamburg bezahlt werden, ohne dort zu arbeiten. „Der Polizeipräsident hat entschieden, dass diese Praxis umgehend beendet wird“, teilte Polizeisprecher Timo Zill auf Anfrage des Abendblatts mit.

Wie berichtet, arbeitet Schulz bereits seit 2014 nicht mehr als Erster Hauptkommissar der Hamburger Polizei – bezieht aber dank einer Sonder­regelung 50 Prozent seiner Besoldung der Stufe A13 (Volles Monatsgehalt zwischen 3900 und 4800 Euro Grundgehalt ohne mögliche Zulagen) aus der Abteilung Polizeianalyse im LKA. Schulz hatte bereits eingeräumt, dass er diese Tätigkeit nicht tatsächlich ausübt.

Der Gewerkschafter soll nun zum Dienst verpflichtet werden. „Aktuell werden mit Herrn Schulz Gespräche geführt, wie er der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung im Landeskriminalamt nachkommen wird“, sagte Zill. Der Polizeipräsident habe das Ziel, „das Beschäftigungsverhältnis auf eine solide rechtliche Grundlage zu stellen“. Schulz soll dabei aber ermöglicht werden, auch weiterhin als Gewerkschaftschef zu arbeiten. Die Ermittlungen zu dem Fall dauern an. In der Verwaltung wachsen Zweifel an den bisherigen Darstellungen des BdK-Vorsitzenden.

Mehrere Stellen billigten offenbar die Sonderzahlung

Schulz hatte behauptet, seine Beur­laubung sei durch die Hamburgische Sonderurlaubsrichtlinie gedeckt. Der damalige Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch (SPD), die Innenbehörde und das Personalamt hätten zugestimmt. Das habe er schriftlich. Zumindest das Personalamt dementierte am Mittwoch diese Darstellung. „Es gibt bei uns keine Unterlagen dazu“, sagte Bettina Lentz, die Chefin des Personalamts. Sonderurlaub werde ohnehin nicht von ihrer Behörde, sondern von der jeweiligen Personalabteilung bewilligt.

Der Sekretär für den öffentlichen Dienst im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Olaf Schwede, kritisierte die Darstellung von Schulz in einem Beitrag bei Facebook als unglaubwürdig. So seien teilweise Freistellungen wie im Fall Schulz ausdrücklich nicht bei der entsprechenden Richtlinie beabsichtigt gewesen. Auch nach Informationen des Abendblatts ist die üppige Schulz-Regelung durch die Hamburgische Sonderurlaubsrichtlinie nicht gedeckt. Das 13-seitige Regelwerk sieht Sonderurlaub mit einer Weiterzahlung der Dienst­bezüge nur in Ausnahmefällen vor. Ohnehin ist eine Beurlaubung nur dann zulässig, wenn „dienstliche Gründe“ dem nicht entgegenstehen. War Schulz also bei der Polizei entbehrlich? Hat das damals jemand geprüft?

Der BdK-Chef beruft sich darauf, dass er beurlaubt worden sei, weil es den „öffentlichen Belangen“ diene. Im Absatz 2 der Richtlinie wird dies näher beschrieben. Dort heißt es: „Der Sonderurlaub dient öffentlichen Belangen, wenn der Beamte während dieser Zeit überwiegend am Gemeinwohl orientierte Aufgaben öffentlich-rechtlicher Dienstherren oder öffentlicher oder gemeinnütziger Einrichtungen wahrnimmt und deren Interesse gegenüber dem persönlichen Interesse des Beamten überwiegt.“ Eine komplizierte Formulierung. Zählt eine Gewerkschaft zu diesen Einrichtungen? Und war es dem BdK wichtiger als Schulz, dass jener Bundesvorsitzender wurde? Die Kritik an der Bezahlung von Schulz stützte sich vor allem auf das Argument, dass ein hälftig von der Polizei bezahlter Gewerkschafter nicht glaubwürdig die Belange der Mitglieder gegen den Arbeitgeber vertreten könne.

Laut Richtlinie soll „strenger Maßstab“ angelegt werden

Nach Abendblatt-Informationen sollen alle Beamten ermittelt und befragt werden, welche die Genehmigung für die Bezahlung von Schulz zum Jahres­beginn 2014 unterschrieben hatten. Der BdK-Vorsitzende hatte im Gespräch mit dem Abendblatt angedeutet, dass noch mehr Personen von der Sonderregelung profitiert haben könnten. Wie Polizeisprecher Zill auf Anfrage mitteilte, gebe es derzeit „keinerlei Hinweise darauf“, dass dies tatsächlich der Fall sei.

Der Arbeitgeber von Polizeibeamten, die Hansestadt Hamburg, rät ohnehin zu einer restriktiven Auslegung ihrer Sonderurlaubsrichtlinie. In dem Regelwerk heißt es, dass bei der Bewilligung von Urlaub nach Absatz 2 „ein strenger Maßstab anzulegen“ sei.

Für den Fall Schulz passt ein anderer Teil der Richtlinie viel besser: der Absatz 9. Dort geht es um „Sonderurlaub für gewerkschaftliche Zwecke“. Dieser könne „unter Belassung der Bezüge bewilligt werden zur Teilnahme an Sitzungen eines überörtlichen Gewerkschaftsvorstands“. Das Problem: Dieser Sonderurlaub „darf die Dauer von höchstens fünf Arbeitstagen im Kalenderjahr nicht überschreiten“. Schulz war dagegen am Mittwoch seit nunmehr drei Jahren, zwei Monaten und acht Tagen im bezahlten Urlaub.