Hamburg. André Schulz profitiert als Chef der Deutschen Kriminalbeamten von einer offiziellen Regelung. Doch es gibt polizei-interne Kritik.

Nach Enthüllungen über die Bezüge von hauptamtlichen Polizeigewerkschaftern in Nordrhein-Westfalen gerät auch ein Hamburger Funktionär in die Kritik. André Schulz, der dem Bund der Kriminalbeamten (BdK) vorsitzt, erhält seit Januar 2014 eine Hälfte seines Gehalts von seiner Gewerkschaft und die andere Hälfte von der Polizei – ohne dort Dienst zu tun. „Nein, ich arbeite nicht in der Hamburger Polizei“, sagte er dem Abendblatt. „Diese Regelung ist kein Geheimnis.“ Die Vereinbarung gehe auf die Hamburgische Sonderurlaubsrichtlinie zurück, sie sei somit gesetzlich geregelt. „Der Polizeipräsident, der Personalrat und die Innenbehörde haben damals zugestimmt“, sagte Schulz. „Das habe ich schriftlich.“

Der 46-jährige Kriminalhauptkommissar wurde bereits im Jahr 2011 zum Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft gewählt und war nach Angaben des BdK noch bis Ende 2013 für seine Aufgabe als Personalrat der Hamburger Polizei freigestellt. Seitdem wird er anteilig weiterhin von der Polizei entlohnt, obwohl er sich hauptamtlich als Gewerkschaftschef in Berlin betätigt. „Er ist Erster Kriminalhauptkommissar und bekommt die Gehaltsstufe A13“, sagte Polizeisprecher Timo Zill dem Abendblatt. Sein Dienstposten befinde sich im Landeskriminalamt, dort im Fachstab 11. Der sei für „Polizeianalyse“ zuständig.

Polizeipräsident lässt sich über Fall Schulz berichten

Der Hamburger Polizei ist der Fall Schulz offenbar unangenehm. Sprecher Zill mochte jedenfalls weder bestätigen noch dementieren, ob Schulz tatsächlich polizeianalytisch tätig ist. Zill sagte am späten Nachmittag: „Der Polizeipräsident lässt sich gerade darüber informieren, in welcher Weise André Schulz gearbeitet hat.“ Über das Ergebnis des Gesprächs sei noch nichts bekannt.

Ob die Bezahlung von hauptamtlichen Gewerkschaftern durch die Polizei anrüchig ist, wird derzeit bundesweit hitzig debattiert. Auslöser war der Fall des Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Der 60-Jährige erhält vom Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in Duisburg eine staatliche Bezahlung für „repräsentative Aufgaben“, obwohl er nicht tatsächlich im regulären Polizeidienst arbeitet.

Der Beamtenbund ging zuletzt auf Distanz zu Wendt. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob sie Vorermittlungen gegen Wendt einleitet. Der Vorstand der DPolG verteidigte dagegen die Regelung für ihren Vorsitzenden.

Freigestellt und trotzdem Gehalt?

Gibt es in der Hamburger Verwaltung noch mehr Fälle wie den des André Schulz? Seine Aussagen legen das nahe. „Ich bin seinerzeit vom Personalamt darauf angesprochen worden, dass es die Möglichkeit des Sonderurlaubs gebe“, sagt Schulz. „Es hieß, man könne sich ganz oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen und das Gehalt weiter gezahlt bekommen, sobald es ein dienstliches Interesse gebe.“ Dieses Interesse sei in seinem Fall bejaht worden. „Bei Sportlern ist es ja auch ganz normal, dass sie etwa von der Bundespolizei bezahlt werden, ohne dort wirklich zu arbeiten.“

Er, Schulz, habe sich dann entschieden, sich zu 50 Prozent freistellen zu lassen. „100 Prozent kam mir zu viel vor, ich wollte nicht gierig erscheinen“, sagte er. Seitdem bekommt er die Hälfte seines Gehalts von der Polizei, den Rest legt die Gewerkschaft drauf.

Die Landesvorsitzenden der anderen beiden Polizeigewerkschaften in Hamburg wollten die Bezüge von André Schulz auf Abendblatt-Anfrage nicht kommentieren. Zuletzt hatte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) das Vergütungsmodell bei der DPolG kritisiert – Häme gegenüber der konkurrierenden Gewerkschaft sei aber nicht angebracht. Inzwischen hat Kirsch einen entsprechenden Facebook-Eintrag gelöscht.

Gewerkschafter auf einem schmalen Grat

Der Spagat zwischen der Arbeit als Beamter und leitenden Aufgaben in einer Gewerkschaft wird von den Betroffenen als schwierig beschrieben. Der GdP-Landesvorsitzende Gerhard Kirsch ist in Mehrfachfunktion für die Verkehrspolizei, als Personalrat und als Gewerkschafter tätig. „Ich erscheine morgens vor dem Dienst in der Gewerkschaftsstelle, um allen Aufgaben gerecht werden zu können“, sagte Kirsch. Sein DPolG-Amtskollege Joachim Lenders ist für seine Aufgaben als Personalrat bei der Polizei freigestellt.

Und was sagt der Senat dazu? „In Hamburg gilt im Allgemeinen, dass die Freistellung für gewerkschaftliche Tätigkeiten unter Fortfall der Bezüge möglich ist“, antwortet Senatssprecher Jörg Schmoll. Somit wäre André Schulz doch ein Sonderfall.