Geschäftspartner des gewählten US-Präsidenten zählt zu den Kammer-Rebellen. Die Familie hat eine besondere Beziehung zu Donald Trump.
Mag ja sein, dass viele nicht wissen, was vom neuen US-Präsidenten zu erwarten ist. In Hamburg aber gibt es Leute, die einen besonders guten Draht zu Donald Trump pflegen – und die sitzen ausgerechnet bei den Kammerrebellen. Bei wem? Genau: Bei der Gruppe „Die Kammer sind WIR!“, die bei der Wahl zum Plenum der Handelskammer Hamburg die Mehrheit erringen und nach eigenen Aussagen die Zwangsbeiträge abschaffen, für mehr Transparenz und weniger Eitelkeiten sorgen und die alte Führung in Frührente schicken will.
Um zu zeigen, dass die Gruppe keinesfalls nur aus grünen Weltrettern oder linken Anarchos bestehe, präsentierte WIR-Sprecher Tobias Bergmann am Montag millionenschwere Unterstützer aus der Hafenwirtschaft, die mit ihm gegen die Zwangsbeiträge kämpfen wollen. Das Treffen für die Medien arrangierte der sonst kaum öffentlich in Erscheinung tretende Multimillionär, Schiffsmakler und Immobilieninvestor Walter Hinneberg in seinen Geschäftsräumen am Ballindamm. Hinneberg selbst keilte heftig gegen die Kammerführung um Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz.
Er warf Schmidt-Trenz im Gespräch mit dem Abendblatt vor, sich „vom Chauffeur das Ledermäppchen nachtragen“ zu lassen und nannte die Kammer eine „aufgeblähte Eitelkeitsmaschine“. Dass ein sehr reicher Mann sehr laut auf das angeblich eitel verfilzte Establishment schimpft, erinnert wohl eher zufällig an Donald Trump. Oder doch nicht?
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Was kaum jemand weiß: Die Familie des Kammerwahlkämpfers Hinneberg pflegt seit Jahrzehnten beste geschäftliche Beziehungen zum neuen amerikanischen Präsidenten. Trump selbst erwähnt die Hinnebergs in mehreren seiner Bücher. In einem schreibt er, dass Walter sen. und die Brüder Christian und Walter jun. „zu den besten Männern gehören, mit denen ich je Geschäfte gemacht habe“.
Hinnebergs Familie gehört ein New Yorker Grundstück
Hintergrund: Der angesehenen Hamburger Familie Hinneberg gehört das Grundstück an der New Yorker Wall Street 40, auf dem das 1930 erbautes 70-stöckige Bürohochhaus steht, das in den 1990er-Jahren von Donald Trump gekauft wurde und seither als „Trump Building“ bezeichnet wird. In seinem Buch „Wie man reich wird“ erzählt Trump, wie die Hinnebergs während des Gebäudeumbaus auf ihre Pacht verzichteten und so die Modernisierung ermöglichten.
Hinneberg selbst schildert Trump heute als einen freundlichen und keinesfalls arroganten Menschen. Mit großer Weltpolitik aber will der Schiffsmakler nach eigenem Bekunden nichts zu tun haben – mit kleiner Kammerpolitik dagegen offenbar schon. Er habe nämlich keine Lust, „mehr als 100.000 Euro“ an Beiträgen zu zahlen, für die er nichts bekomme.
Nazi-Vergleich sorgt für Aufregung
Dass es nicht nur im Kampf um das Weiße Haus, sondern auch um den Kammerbau am Adolphsplatz hart zur Sache gehen kann, hat diese Woche gezeigt. Immerhin sind bei der Wahl zwischen dem 16. Januar und dem 14. Februar rund 160.000 Hamburger Zwangsmitglieder aufgerufen, die Macht in einer der einflussreichsten Hamburger Institutionen neu zu verteilen. Deswegen wird nun auch von hanseatischen Unternehmern ordentlich hingelangt. Für Aufregung sorgte vor allem Hinnebergs (zuvor schon von der WIR-Truppe gestreute) Aussage, dass „erst 1942 in Hamburg die Zwangsmitgliedschaft mit Zwangsbeiträgen durch die Nationalsozialisten eingeführt“ worden sei.
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Dieser „unsägliche Nazi-Vergleich“ sei nicht nur populistisch, sondern auch falsch, konterte Robin Houcken vom konkurrierenden Wahlbündnis „Unternehmer für Hamburg“. Den Pflichtbeitrag gebe es seit 1919. Auch Birgit Kochen vom dritten Bündnis „Vorfahrt für Hamburg“ gab sich empört: „Die Kammer-Populisten versuchen, die Beitragspflicht bei der Handelskammer mit falschen Informationen mit dem verbrecherischen NS-Regime in Verbindung zu bringen“.
Faktencheck bei den Kammer-Rebellen
Tatsächlich kommen die WIR-Rebellen beim Faktencheck hier ähnlich schlecht weg wie Donald Trump. „Man kann nicht behaupten, dass die Handelskammer in Hamburg vor dem Nationalsozialismus ein freiwilliger Zusammenschluss gewesen sei“, sagt Historiker Christoph Strupp von der Forschungsstelle für Zeitgeschichte. „Es ist falsch, das aktuelle Modell auf den Nationalsozialismus zurückführen zu wollen.“
Dass die Wähler sich für derlei faktische Feinheiten interessieren, scheint eher unwahrscheinlich. Das Versprechen, die Zwangsbeiträge abzuschaffen, dürfte dagegen für viele attraktiv sein – auch wenn die WIR-Gruppe noch nicht erklärt hat, was das für die Zukunft der Handelskammer und auch etwa für die duale Ausbildung bedeuten könnte. Und ob man damit nicht vor allem den Großen hilft und den Kleinen schadet, von denen viele gar keine Beiträge zahlen.
Für Aufmerksamkeit sorgte beim Aufschlag der WIR-Gruppe im Büro des Multimillionärs auch, dass plötzlich so viele Sozialdemokraten in das einst vor allem von Grünen inspirierte Rebellen-Bündnis einstiegen. Der nun auch gegen Zwangsbeiträge kämpfende Lloyds-Fonds-Chef Torsten Teichert, früher einmal Referent von Bürgermeister Klaus von Dohnanyi, ist ebenso SPD-Mitglied wie Johann Killinger, Chef der Buss Group.
Von den Sozialdemokraten unterwandert?
Auch WIR-Sprecher Bergmann ist seit Jahrzehnten Genosse. Ist die WIR-Gruppe mittlerweile also womöglich eine von SPD-Chef Olaf Scholz gesteuerte Truppe zur feindlichen Übernahme auch der Rückseite des Hamburger Rathauses? Keinesfalls, sagt SPD-Wirtschaftspolitiker Hansjörg Schmidt. „In der SPD gibt es mehr Selbstständige als die FDP Mitglieder hat“, so Schmidt. „Ist doch klar, dass sich einige davon auch in der Handelskammer engagieren.“
Bei aller Kritik an Behauptungen der WIR-Gruppe – ein womöglich wahlkampftaugliches Argument gegen die Kammerrebellen ist deren Konkurrenten in dieser Woche verloren gegangen. Gerne hätten sie das Schreckgespenst gemalt, der umtriebige Abgeordnetenwatch-Gründer und „Mehr Demokratie“-Mitstreiter Gregor Hackmack wolle auf WIR-Ticket Hauptgeschäftsführer Schmidt-Trenz beerben. Der "linke Agitator" Hackmack wäre gerade bei Durchschnittsunternehmern zum „Urnengift“ für die WIR-Gruppe geworden, hieß es.
Daraus wird nun nichts. Am Freitag endete die Frist zur Einreichung der Kandidatenlisten. Hackmack, der seit 2014 im Plenum saß und die gesetzten Herrschaften bisweilen in den Wahnsinn trieb, steht nicht mehr mit drauf. Er wolle sich auf seine Arbeit in Berlin bei der Petitionsplattform change.org konzentrieren, sagt er. Womöglich fühlt der Mann sich aber auch bloß unwohl im Bündnis mit Geschäftspartnern von Donald Trump.
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