Hamburg. Nach Zwischenfällen gerieten rund 50.000 Anwohner auf St. Pauli, im Schanzenviertel und Altona unter Generalverdacht.

Innen- und Justizbehörde sind bei der Abschaffung der Gefahrengebiete nun einen Schritt weiter. Am gestrigen Dienstag hat der Senat eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen, die den Wegfall der nicht nur in der Bevölkerung umstrittenen, sondern auch vom Oberverwaltungsgericht als verfassungswidrig eingestuften Maßnahme vorsieht. Stattdessen soll nun eine Neuregelung in Kraft treten, die aus Sicht der Ressortchefs Andy Grote (Innen, SPD) und Till Steffen (Justiz, Grüne) mehr Rechtssicherheit verspricht.

Auslöser waren die Ereignisse um den Jahreswechsel 2013/14. Nach dem Angriff auf die Davidwache, in dessen Verlauf Polizisten zum Teil schwer verletzt worden sind, hat die Polizeiführung das Mittel Gefahrengebiet allzu großzügig ausgelegt. Am Ende umfasste das Gebiet mehrere Stadtteile (St. Pauli, Schanzenviertel, Altona-Nord) mit rund 50.000 Menschen, die damit unter polizeilichen Generalverdacht gerieten. „Es gab den Eindruck, die Polizei darf alles“, sagt Justizsenator Steffen.

Solche Auswüchse sollen künftig nicht mehr möglich sein. „Die Anforderungen werden nun konkreter“, sagt Innensenator Grote. So soll es besondere Befugnisse der Polizei nur noch an „gefährlichen Orten“ geben. Diese müssen zwar wie Gefahrenorte genau benannt werden, haben aber nicht mehr derart großflächige Dimensionen. Allerdings können mehrere zusammenhängende „gefährliche Orte“ auch ein Gebiet ergeben, etwa auf St. Pauli oder in St. Georg.

Im Herbst befasst sich die Bürgerschaft mit der Gesetzesänderung

Der Anspruch an die Polizei ist aus Sicht der Senatoren nun viel höher. Bislang waren es Lageerkenntnisse der Polizei, ein dehnbarer Begriff. „Nun darf die Polizei die Identität einer Person feststellen, wenn sie an einem Ort angetroffen wird, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben“, sagt Grote. Sinn dieser Maßnahme soll sein, Straftäter in Bewegung zu halten und es ihnen damit zu erschweren, Straftaten zu begehen.

Verschärft wird die Möglichkeit, Sachen zu durchsuchen. Bislang war lediglich eine „Inaugenscheinnahme“ möglich. Polizisten durften in einen Rucksack nur hineinschauen, aber nicht reingreifen. In der Praxis ist es dennoch vorgekommen, dass Gegenstände beiseitegeschoben wurden, „sodass dadurch in Erfahrung gebracht werden konnte, ob die Person z. B. Waffen oder gefährliche Gegenstände mit sich führte“, wie es in der Drucksache heißt.

„Wir sind der Überzeugung, dass wir mit dieser Gesetzesänderung die richtige Antwort auf die Rechtsprechung gegeben haben“, sagt Steffen. Er betont, dass beide Behörden bei der Novellierung eng zusammengearbeitet hätten. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis.“ Die Kriterien für die Einrichtung „gefährlicher Orte“ seien nun deutlich enger und gerichtlich nachprüfbar. „Wir haben auf diese Weise mehr Klarheit und Rechtssicherheit sowohl für die Polizeibeamten als auch für die Bürger“, sagt Grote. Im Herbst befasst sich die Bürgerschaft mit der Gesetzesänderung.