Bundesfinanzminister Schäuble sprach in Hamburg über die Zukunft Europas. Er fordert mehr Geld für den Nahen Osten und die Türkei.

Hamburg. Es war eine Mutmach-Rede nach Art des Wolfgang Schäuble. Eine halbe Stunde lang schilderte der Bundesfinanzminister eindringlich und realistisch die Risiken und Herausforderungen, vor denen Europa und die Welt stehen. Doch dann kam noch die Kehrtwende. „Mir ist nicht bange, dass wir die Krisen meistern können. Wer sich den Sinn für andere Zeiten und andere Regionen bewahrt hat, der muss feststellen: Wir haben hier alle Möglichkeiten“, sagte Schäuble. „Wir können eigentlich nur am eigenen Kleinmut scheitern.“

Während der 45-minütigen Rede des CDU-Politikers vor rund 700 Gästen des Neujahrsempfangs des CDU-Wirtschaftsrats in der Alten Hagenbeckschen Dressurhalle war es mucksmäuschenstill. Hochkonzentriert verfolgten die Zuhörer die politische Tour d’horizon des erfahrenen Staatsmannes. Nur einmal brandete Beifall auf, als Schäuble sagte, die Deutschen könnten schon ein wenig stolz sein auf ihre Hilfsbereitschaft angesichts des großen Zustroms von Zuwanderern.

Flüchtlinge haben für Schäuble „oberste Priorität“

„Es gibt eine Fülle von Krisen und Krisen ohne Ende. Man weiß nicht so genau, was uns am ärgsten beschäftigen wird“, lautete die schonungslos-realistische Eröffnungsbilanz Schäubles für das Jahr 2016. Schnell reihten sich die Stichworte aneinander: Die Geldpolitik der US-Notenbank, die Unsicherheit der Finanzmärkte, der islamistische Terrorismus und dann auch noch der „Propaganda-Feldzug gegen den Westen, der von Moskau aus gesteuert wird“.

Doch ein Thema hat für Schäuble „oberste Priorität“: die Bewältigung der Migration. „Europa steht vor großen Herausforderungen, aber Europa scheint nicht in der besten Verfassung zu sein“, sagte Schäuble. Sein Rat: Deutschland müsse vorangehen und andere Staaten so überzeugen mitzuziehen. „Wir werden das Problem der Zuwanderung letztlich nur europäisch lösen können.“ Und mit Geld: „Ich habe der Kanzlerin gesagt: Egal, was die anderen machen – wir sollten jetzt schon mal 500 Millionen Euro für die Menschen geben, die in den Lagern rund um Syrien leben“, sagte Schäuble. Es müsse mehr Geld in den Nahen Osten und in die Türkei fließen. „Das werden wir im Haushalt erwirtschaften müssen“, sagte der Finanzminister.

Die Zuwanderung müsse erkennbar vermindert werden. „Alle Aufnahmebereitschaft hat ihre Grenzen. Man kann nicht abstrakt definieren, wo die Grenze liegt, aber wir können nicht alle aufnehmen. Das geht schief.“ Schäubles nüchternes Fazit: „Die schöne Zeit, in der wir uns mit uns selbst beschäftigen konnten, ist vorüber.“

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