Hamburg. 87 Anschläge seit 2010. Allein 2014 wurden 32 politisch motivierte Straftaten registriert. Die Aufklärungsquote ist sehr niedrig.

Die Täter kamen mitten in der Nacht und deponierten einen Brandsatz im Radkasten des Autos, das in einer Saseler Seitenstraße abgestellt war. Die Besatzung eines Streifenwagens, die im richtigen Augenblick vorbeikam, entdeckte das Feuer zwar frühzeitig und konnte es mit einem Feuerlöscher löschen. Für Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) und seine Familie war der Brandanschlag auf den Dienstwagen, den der Politiker vor seinem Wohnhaus abgestellt hatte, wenige Tage vor Weihnachten 2014 dennoch ein großer Schock.

Die politisch motivierte Brandstiftung im Norden der Stadt setzte den Schlusspunkt bei Straftaten dieser Art in einem Jahr, das einen negativen Rekord verzeichnete. Die Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes registrierte 2014 insgesamt 32 politisch motivierte Straftaten gegen Abgeordnete, Senatoren und andere Politiker. Noch im Jahr zuvor waren es 22 Anschläge gewesen.

Sehr geringe Aufklärungsquote

Welche Eskalation hinter den nüchternen Zahlen steckt, belegt die Zeitreihe: In den Jahren 2010 und 2011 ermittelte die Polizei in jeweils sieben Fällen, und 2012 gab es fünf politisch motivierte Straftaten. Dagegen hat die Polizei bis Ende Juli dieses Jahres schon wieder 15 Straftaten gegen Politiker registriert. Diese Angaben macht der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Karl-Heinz Warnholz, auf dessen Wohnhaus bereits drei Anschläge verübt wurden.

Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karl-Heinz Warnholz
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karl-Heinz Warnholz © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Christian Charisius

Fast immer handelt es sich bei den Attacken um Gewalt gegen Sachen: Getroffen wurden Abgeordneten- und Parteibüros, aber eben auch Wohnhäuser und Dienstwagen. Und die Opfer sind Mitglieder fast aller Parteien: von der SPD über CDU, Grüne, FDP, und AfD bis hin zur rechtsextremen NPD.

Weil die Täter in der Regel im Schutz der Nacht operieren, gibt es wenig Zeugen. So fehlen der Polizei Ansätze zur Ermittlung. Die Aufklärungsquote ist entsprechend niedrig und lag 2013 bei 4,5 Prozent und 2014 bei 6,1 Prozent. Laut der Senatsantwort konnte bislang keine der 15 Straftaten im laufenden Jahr aufgeklärt werden.

„Es ist erschreckend, wie viel Straftaten in den vergangenen fünf Jahren gegen Politiker und ihre Büros in Hamburg begangen wurden“, sagt der CDU-Politiker und langjährige Innenausschussvorsitzende Warnholz. „Die sehr geringe Aufklärungsquote ist für eine Demokratie, in der niemand aufgrund seiner Äußerungen Angst haben sollte, ein schlechtes Zeichen für jeden politisch Aktiven.“ Warnholz fordert eine bessere personelle Ausstattung des Staatsschutzes. „Zudem sind die Bürger aufgerufen, jeden Tathinweis zu melden“, sagt Warnholz.