Besucher der ersten Anhörung zur Busbeschleunigung wollen mitplanen. Senator verspricht: „Wir justieren nach“. Einer Studie zufolge hätte ein Stopp der Busbeschleunigung negative Folgen für Hamburg.

Hamburg. Im „Haus der Sports“ am Schlump machten sich die Bürger am Dienstagabend Luft. Bei der ersten öffentlichen Anhörung zur Busbeschleunigung warfen sie dem Senat Versäumnisse vor. Der Verkehrsausschuss der Bürgerschaft hatte zu diesem Termin geladen, und Ole Thorben Buschhüter (SPD) gab als Gremienvorsitzender laut Geschäftsordnung klare Regeln vor: kein Applaus und keine Buhrufe. Bis auf einige „Wutbürger“ in der letzten Reihe hielten sich die meisten der 200 Teilnehmer im Publikum an das Regularium.

Dafür fassten die Bürger ihre Kritik vor den gewählten Volksvertretern pointiert in Worte: Sie verlangen eine klare Beteiligung der Wähler am verkehrspolitischen Prestigeprojekt des SPD-Senats. „Jetzt“, sagte Torsten Oppermann von der Bürgerinitiative „Unsere Uhlenhorst“, „hat der Senat die letzte Chance, gemeinsam zu planen.“

Denn auch auf der Uhlenhorst habe es bislang keine Bürgerbeteiligung gegeben. Ähnliche Kritik vor dem Verkehrsausschuss äußerten Georg Möller, Elternbeiratsvorsitzender der Ganztagsgrundschule Sternschanze, und ein Vertreter des HVV-Fahrgastbeirats. „Die Vorschläge der Bürger“, befand ein verärgerter Mann aus Winterhude, „wurden von der Politik glattgebügelt.“

Die 2012 vom SPD-Senat gestartete Busbeschleunigung soll die Kapazität auf den stark ausgelasteten MetroBus-Linien erhöhen. Dafür wollte der Senat zunächst insgesamt 259 Millionen Euro investieren. Ziel ist nicht nur eine höhere Taktdichte, sondern auch eine Verkürzung der Fahrzeit. Außerdem dient die Investition dazu, Straßen und Radwege zu modernisieren. Um das Projekt zu realisieren, sind auch in den nächsten Jahren viele Umbauten notwendig.

Allein auf der Uhlenhorst werden bis zu 40 Parkplätze wegfallen. „Wir brauchen 40 Alternativparkplätze im Quartier“, forderte Uhlenhorst-Vertreter Oppermann bei der Veranstaltung am Dienstagabend. „Außerdem Tempo30 für mehr Sicherheit und eine echte Planwerkstatt und nicht nur eine Pseudo-Beteiligung für Parkraumbewirtschaftung der übrig gebliebenen Parkplätze.“ Zudem müssten sämtliche Bäume erhalten bleiben.

Seit Monaten wächst der Protest gegen diese Verkehrspolitik. Mit der Interessengemeinschaft „Unser Uhlenhorst“ und „Unser Mühlenkamp“ machen zwei Bürgerinitiativen gegen die Busbeschleunigung mobil. Für eine erfolgreiche Volksinitiative müssen in Hamburg 10.000 Unterschriften gesammelt werden.

Zu Beginn der öffentlichen Anhörung hatte Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) von der offenbar erfolgreichen Optimierung auf der MetroBus-Linie 5 berichtet. Die Kapazität sei dadurch um 25 Prozent gestiegen. Die Fahrzeit habe sich um sechs Minuten verkürzt. Konnten vor der Busbeschleunigung im Zehn-Minuten-Takt 390 Fahrgäste befördert werden, so sind es jetzt immerhin 500. Zudem wurden vier Kilometer Radwege saniert, 28neue Fahrscheinautomaten aufgestellt und 18 Kreuzungen blindengerecht gestaltet. „Die Kritik der Bürger“, betonte der Verkehrssenator, „nehmen wir sehr ernst und justieren nach.“

Der Ausbau werde aber „wie geplant“ weiter geführt. Es stehe für die Busoptimierung keinen Euro weniger zur Verfügung. Die Anhörung dauerte bei Redaktionsschluss noch an. Wie der Verkehrsausschuss-Vorsitzende Buschhüter dem Abendblatt sagte, werde der Gesprächsverlauf dokumentiert und den Bürgerschaftsabgeordneten bis zum Januar zur Verfügung gestellt.

Unterdessen kommt eine Studie des Hanseatischen Ingenieurs Clubs zu dem Ergebnis, dass ein Stopp der Busbeschleunigung negative Folgen für Hamburg hätte. Das würde die „Zukunftsfähigkeit“ der Kapazitätsausweitung auf den Metrobuslinien „zunichte machen“, heißt es in dem Papier. Andere Städte wie Stuttgart und Hannover hätten dagegen Maßnahmen zur „Optimierung des Busverkehrs“ bereits erfolgreich realisiert. Die Busbeschleunigung stößt zwar auch beim ADAC grundsätzlich auf Zustimmung. Aber sie werde nach Ansicht von ADAC-Hansa-Chef Ingo Meyer die Probleme im öffentlichen Nahverkehr langfristig nicht lösen. So werde die viel genutzte Buslinie 5 trotz aller Maßnahmen in zehn Jahren an ihre Kapazitätsgrenze kommen. Die Busbeschleunigung sei „definitiv eine Zwischenlösung“, urteilt der ADAC-Experte. Besonders vermisst Meyer eine Schienenanbindung zu den Arenen im Stadtteil Bahrenfeld: „Es gibt, glaube ich, keine Großstadt, die eine so schlechte Verbindung zu ihren Arenen hat wie Hamburg.“

Der ADAC hält darüber hinaus die Koordination der Baustellen in Hamburg für mangelhaft. „Muss das alles gleichzeitig passieren? Kann man das nicht besser koordinieren, dass zumindest der ein- und ausfließende Verkehr halbwegs geregelt ist?“, fragt ADAC-Hansa-Chef Ingo Meyer. Einige Stadtteile drohten mitunter völlig abgeschnitten zu werden. Pro Jahr werde 40.000 Mal auf den Straßen gebaut.

Knapp 4000 Baustellen beträfen allein die 550 Kilometer Hauptstraßen, über die 70 Prozent des Gesamtverkehrs rolle. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion schloss sich der ADAC-Einschätzung an und kritisierte den SPD-Senat: „Zahlreiche unkoordinierte Baustellen in den letzten vier Jahren machen deutlich, dass die SPD weder weiß noch versteht, wie fließender Verkehr funktioniert“, erklärte der CDU-Verkehrspolitiker Klaus-Peter Hesse.