Senatskommission legt Liste für 26 Heime vor. Container sollen auch auf das Gelände des Gymnasiums Marienthal
Hamburg. Bei der Suche nach den 26 Standorten für die Flüchtlingsunterbringung haben sich Sozialsenator Detlef Scheele und Innensenator Michael Neumann (beide SPD) gegen die eigenen Genossen durchgesetzt. So etwa mit der Fläche auf dem ehemaligen Parkplatz der Internationalen Gartenschau (igs) an der Dratelnstraße in Wilhelmsburg. Bausenatorin Jutta Blankau und Mitte-Bezirksamtsleiter Andy Grote hatten sich noch im Juli gegen eine Flüchtlingsunterbringung ausgesprochen. Das stehe der Entwicklung der Neuen Mitte Wilhelmsburg im Wege, die durch die Internationale Bauausstellung entstanden sei. Es war die Rede von einem „falschen Signal an die Investoren“. Diese könnten dadurch abgeschreckt werden.
Wie dringlich das Thema der Flüchtlingsunterbringung ist, zeigt sich exemplarisch an dieser Fläche. Denn ursprünglich war die für Wohnungsbau, einem der wichtigsten Handlungsfelder dieses Senats, vorgesehen. Allerdings erst frühestens 2017 nach der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße. Von Oktober an sollen hier aber nun 240 Menschen in Containern in der sogenannten Zentralen Erstaufnahme unterkommen.
In den fünf neuen Erstaufnahmeeinrichtungen können bis zu 1240 Flüchtlinge betreut werden. Bis auf diese Erstaufnahme werden eine Vielzahl von Unterbringungen nach Polizeirecht eingerichtet. Sozialsenator Scheele hatte in der vergangenen Woche angekündigt, zu diesem in diesem Zusammenhang ungewöhnlichen Instrument zu greifen, um den Ansturm der Flüchtlinge zu bewältigen. Das Polizeirecht räumt allen Behörden die Möglichkeit ein, bei „Gefahr im Verzug“ Maßnahmen zu ergreifen, „um bevorstehende Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren“. In diesem Fall geht es darum, die Gefahr abzuwenden, dass Flüchtlinge im Winter in Zelten übernachten müssen. „Keine Zelte in Hamburg“ sei die oberste Maxime des Senats, so Scheele. Flüchtlinge sollen in festen Unterbringungen leben, zum Beispiel auch in Containern auf Freiflächen des Gymnasiums Marienthal. Platz für 400 Menschen soll bis Ende dieses Jahres auf einem Wohnschiff und zwei Pontons mit Containern im Harburger Binnenhafen geschaffen werden. Proteste hatte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel in der vergangenen Woche noch abgewehrt. Jetzt sei nicht die Stunde von Bedenkenträgerei, Parteipolitik oder gar Vorwahlkampf, sagte Dressel. Ponton-Unterkünfte sind auch in der Billwerder Bucht (Rothenburgsort), am Aue-Kai (Finkenwerder) und Oortkaten (Ochsenwerder) angedacht. Oortkaten liegt jedoch weit außerhalb und verfügt über keine Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Somit könne diese Option wohl eher ausgeschlossen werden, heißt es.
Wenig frequentierte P+R-Anlagen sollen zeitweise genutzt werden
Bis Jahresende entstehen die ersten 120 der insgesamt 600 Plätze an der Berzeliusstraße (Billbrook). Auf dieser Fläche waren in den 1990er-Jahren schon einmal Flüchtlinge untergebracht worden. Allerdings waren die Zustände seinerzeit derart prekär, dass dies nicht nur bundesweit für Schlagzeilen, sondern 2002 auch zur Schließung der Einrichtung geführt hat. Oppositionspolitiker haben sich bereits gegen eine neue Nutzung ausgesprochen, da in der Nachbarschaft der Berzeliusstraße bereits weit mehr als 700 Flüchtlinge untergebracht sind. Im ersten Quartal 2015 sollen laut den nun vorliegenden Plänen alle 29 Modulhäuser fertiggestellt sein.
Vorübergehend sollen auch wenig frequentierte Park-and-ride-Anlagen in Nettelnburg, Neuwiedenthal, Friedrichsberg und auf der Veddel genutzt werden. Dort kann Platz für bis zu 440 Menschen entstehen. Diese Flächen wurden deshalb ausgesucht, weil es festen Untergrund für die Container gibt. Noch offen ist die Unterbringung auf dem Kasernengelände in Jenfeld. Angedacht ist, Studentenwohnheime der Helmut-Schmidt-Universität zur Verfügung zu stellen. Dafür aber bedarf es der Zustimmung aus dem Bund. Wie ernst die Lage ist, zeigte sich auch daran, dass Scheele schon vor Wochen unter Umgehung aller Hierarchien versuchte, mit dem Staatssekretär im Verteidigungsministerium in Kontakt zu kommen. Alle Bestrebungen blieben bislang erfolglos. Wie viele Flüchtlinge an diesem Standort unterkommen können und ab wann, ist deshalb unklar.