Opferstöcke aufgebrochen, Silberleuchter gestohlen, Handtaschen geleert: Diebe und Einbrecher werden immer dreister und machen auch vor den Gotteshäusern nicht Halt. Jetzt wollen Kirchen ihre Sicherheitsmaßnahmen verstärken.
Hamburg. Diebe und Einbrecher gehen immer dreister in Kirchen auf Beutezug. Erst vor wenigen Wochen wurden in der Hauptkirche St. Michaelis zwei historisch wertvolle Opferstöcke aufgebrochen, sagte Michel-Küster Tobias Jahn dem Abendblatt. Die eine Tat sei nachts, die andere am Tag erfolgt. Dabei wurden geringe Summen Geld erbeutet. Es entstand jedoch erheblicher Sachschaden.
Auch Christoph Störmer, Hauptpastor an der Rathauskirche St. Petri, berichtet von Diebstählen am „helllichten Tag“. Vor einiger Zeit seien ein Silberleuchter vom Altar gestohlen und ein Bronzekreuz abgebrochen worden. Selbst vor dem Hamburg-Wappen im Senatsgestühl machten die Diebe nicht halt: Mit Gewalt wurde es entfernt.
Im Visier der Kriminellen sind jetzt auch Gottesdienstbesucher und Touristen. Allein der Michel wird im Jahr von 1,3 Millionen Menschen besucht. Einige von ihnen lassen aus Gutgläubigkeit ihre Taschen und Kameras auf der Kirchenbank liegen. Wenn sie nach kurzer Zeit zurückkehren, sind Geldbörsen und Fotoapparate verschwunden. Den Besuchern bleibt nur noch die Anzeige bei der Polizei und die Sperrung ihrer Kreditkarten.
Aus diesen Gründen warnen die Küster vor Handtaschendieben. Im Michel gibt es rund drei Diebstahlfälle pro Woche. Entwendet würden die Taschen und Digitalkameras sogar dann, wenn die Gottesdienstbesucher in den Altarraum gehen, um am Abendmahl teilzunehmen. Ähnliches beobachtet Küster Jörg Kleinewiese vom katholischen Dom St. Marien.
Ein Grund für die Zunahme sind möglicherweise die vielen Touristen, die während der Ferienzeit in die Kirchen strömen. Sie wecken die Aufmerksamkeit von Kriminellen. „Im Sommer verzeichnen wir deshalb mehr Diebstähle als im Winter“, sagt Küster Jahn. Vor einer Woche registrierte der Michel die Rekordzahl von 20.000 Besuchern pro Woche. Auf Abendblatt-Anfrage konnte die Polizei zur Häufigkeit der Delikte in Kirchen keine Angaben machen. „Leider gibt es keine spezielle Auswertung von Diebstählen“, sagte eine Polizeisprecherin. Michel und Dom wollen jetzt ihre Sicherheitsmaßnahmen verstärken. Der Michel erwägt erstmals den Einsatz von Videokameras; Einzelheiten wurden nicht bekannt. Außerdem sollen weniger Kirchentüren geöffnet werden.
Eine Videoüberwachung von Gotteshäusern gibt es unter anderem in Nordrhein-Westfalen (St. Agnes in Hamm) und in Bayern – vor und in der Kirche. Das bayerische Landeskriminalamt empfiehlt, Kameras vor allem in Sakralbauten mit wertvollen Kunstschätzen einzusetzen. Videotechnik habe auf potenzielle Täter „abschreckende Wirkung“. Dennoch, heißt es beim Münchner LKA, „dürfte eine Videoüberwachung in Kirchen eher selten infrage kommen“.