Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD) zeigte das neue Landschaftsschutzgebiet Wilhelmsburger Elbinsel. Das Gebiet umfasst unter anderem Teile aus Georgswerder, Goetjensort und Moorwerder.

Wilhelmsburg. Im Schatten des Wohnungsbauprogramms und der Großprojekte etwa zum „Aufbau Ost“ in Hammerbrook, Altonas Neuer Mitte oder der Internationalen Bauausstellung kommt auch die Umwelt zu ihrem Recht. Stadtentwicklungs- und Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD), die häufig in der Kritik steht, dem Wohnungsbau Vorrang einzuräumen, hat sich auch der Naherholung und dem Landschaftsschutz angenommen.

720 Hektar der Wilhelmsburger Elbinsel hat der Senat unter Landschaftsschutz gestellt, bis zum Ende der Legislatur sollen noch die geschützten Teile des Eppendorfer Moors verdoppelt und das Volksdorfer Kiebitzmoor Naturschutzgebiet werden. Auf dem behördlichen „Dienstrad Nr. 6“ erradelte gestern Jutta Blankau das neue Paradies für Ausflügler.

„Wir wollen die einmalige Wilhelmsburger Kulturlandschaft Elbinsel unbedingt erhalten, das gehört ebenso zur Quartiersentwicklung wie die Bauausstellung und die Internationale Gartenschau“, sagt Blankau. Den Kiebitz und den neu dazu gestoßenen Rotschenkel freut es, auf den renaturierten Feuchtwiesen gedeiht der Klappertopf und in den Gräben hat sich an der Krebssschere, einer Wasserpflanze, die grüne Mosaikjungfer, eine seltene Libellenart angesiedelt. Frau Senatorin schaut und genießt.

Beim Standortfaktor Grün und Naherholung sieht Blankau die Hansestadt im Vergleich der Metropolregionen ganz vorn. „Da müssen wir auch sein, denn wir wollen die grüne, gerechte Stadt am Wasser bleiben“, sagt sie. 20 Prozent des Hamburger Staatsgebietes sind Landschaftsschutzgebiet.

Landwirtschaft ist auf der Elbinsel weiter ausdrücklich erwünscht, der Landschaftsschutz ist die zahme Variante des Naturschutzes. In Moorwerder darf der Gartenbau sogar intensiv bleiben, ansonsten werden die Wiesen nur beweidet und im Einklang mit den Brutzeiten gemäht. Das Bauen wird erschwert, aber nicht verboten. Die Siedlungsstruktur soll erhalten werden. Bei Genehmigungen reden die Naturschützer der Behörde deshalb mit. Noch heute regt sich vereinzelt Widerstand gegen derlei Beschränkung. Die Alternative wäre Wohnungsbau oder intensive Landwirtschaft mit zum Teil flächendeckender Ausbreitung von Gewächshäusern gewesen. Mit enormen Kosten für den Hochwasser- und Lärmschutz. Und der offenen Frage, wo denn Natur und Naherholung zu ihrem Recht kommen sollen, sagt Blankau und radelt entspannt auf kaum befahrenen einspurigen Straßen durch die sonnige Wiesenlandschaft.

Auch die meisten Wilhelmsburger sehen die Entwicklung daher als Gewinn. Das neue Landschaftsschutzgebiet umfasst Teile der Gemarkungen Georgswerder, Goetjensort und Moorwerder, große Flächen östlich und westlich der A1, die Wiesen an der Straße Kornweide, die Kirchdorfer Wiesen und die Wilhelmsburger Dove Elbe. Es bildet die grüne Verbindung zu den Naturschutzgebieten Auenlandschaft Norderelbe, Heuckenlock, der Rhee und des Wilhelmsburger Holzhafens.

„Damit schaffen wir ein zusammenhängendes Schutzgebiet und erleichtern durch die schiere Größe der Fläche die Ansiedlung seltener Tier- und Pflanzenarten“, sagt Blankau. Auch der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist zufrieden, auch wenn Harald Köpke als BUND-Mann vor Ort es bedauert, dass der Grüngürtel nördlich der Raststätte Stillhorn im letzten Moment aus dem Schutzgebiet fiel. Die Finanzbehörde hatte interveniert und Flächenreserven für die Gewerbeansiedlung gefordert. „Wir müssen allen gerecht werden“, sagt Blankau, die es auch gern anders gesehen hätte. Aber ihre Politik des Ausgleichs trägt Früchte.

Für den Wasserhaushalt der Feuchtwiesen etwa haben der Wasserverband Wilhelmsburger Osten als Vertreter der Grundeigentümer und die Naturschützer gemeinsam ein System zweier unabhängig von einander regelbarer Kreisläufe geschaffen. Der eine entwässert die Gräben an den Wohngebieten, der andere steuert die Wasserstände der Feuchtwiesen. Der Wasserverband überwacht die Kreisläufe mithilfe eines Ingenieurbüros für Wasserbau. „So bleiben die Keller trocken und die Wiesen feucht. Mensch und Natur leben miteinander“, sagt Blankau.

Die Kosten für die Renaturierungen tragen anteilig Hamburger Bauherren, die aufgrund ihrer Eingriffe in die Natur zu Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet wurden. Die Pflege ist über Werkverträge etwa mit dem BUND oder über Pachtverträge mit den Landwirten gesichert. „Wilhelmsburg braucht Nachhaltigkeit für den Imagewandel“, sagt Blankau und fährt zurück in ihre Behörde im Zentrum des Quartiers, keine fünf Fahrradminuten entfernt.