Senator setzt neue Arbeitsgruppe ein, um Schulform gegenüber Gymnasium aufzuwerten. Grüne sprechen von “kleinlauter Kehrtwende“
Hamburg. Es ist zwar nur eine Arbeitsgruppe, aber von deren Vorschlägen verspricht sich Schulsenator Ties Rabe (SPD) einen kräftigen Schub für die Stadtteilschulen. Unterarbeitsgruppen eingerechnet, werden mehr als 30 Behördenmitarbeiter und Schulleiter bis zum Mai 2013 damit beschäftigt sein, Rezepte zu entwickeln, um die neunjährige Stadtteilschule als Alternative zum achtjährigen Gymnasium attraktiver und bekannter zu machen.
Rabe erinnerte daran, dass die neue Schulform 2010 ohne großen Vorlauf gestartet war. Stadtteilschulen gingen aus so heterogenen Formen wie den Haupt- und Realschulen, den Gesamtschulen und den Aufbaugymnasien hervor. "Es war ein temperamentvoller, aber erstaunlich guter Start", betonte Rabe. Dennoch sei es jetzt wichtig, das Profil der Schulform in den Bereichen Leistung, nachhaltiges Lernen ohne Stress und Überforderung sowie soziales Lernen weiterzuentwickeln. "Die Stadtteilschulen brauchen in der Anfangsphase Rückenwind, um das System zu stabilisieren", sagte Rabe.
Für Klasse 5 werden 46 Prozent eines Jahrgangs auf einer Stadtteilschule angemeldet, 53 Prozent auf einem Gymnasium. Doch in Klasse 7 hat sich das Verhältnis nahezu umgekehrt. Die Schüler, die mit dem höheren Lerntempo am Gymnasium nicht klarkommen, wechseln auf eine Stadtteilschule. "Wir müssen die vielen Rückläufer reduzieren", sagte der Senator. Das Beste sei, diese Kinder würden gleich in Klasse 5 einer Stadtteilschule angemeldet. "Die Arbeitsgruppe prüft, wie wir die Beratung bei der Schulwahl nach Klasse 4 verbessern können, zum Beispiel durch bessere Selbsteinschätzung."
Es gehe auch darum, die Angebote und Vorteile der Stadtteilschule bekannter zu machen: Die Klassen sind mit 23 Kindern kleiner als am Gymnasium mit 28 Kindern. Die längere Lernzeit führt dazu, dass die Stadtteilschüler 283 Unterrichtswochenstunden bis zum Abitur haben, während die Gymnasiasten nur 265 Stunden erhalten. Rabes Ziel bleibt, dass alle Stadtteilschulen eine eigenständige Oberstufe haben, sodass es an jedem Standort einen direkten Weg zum Abitur gibt. Bislang unterrichten 46 der 57 Stadtteilschulen in den Klassen 11 bis 13. Die Arbeitsgruppe soll Vorschläge entwickeln, wie die elfte Klasse als Brücke zwischen Mittel- und Oberstufe ihre Angebote noch verbessern kann. An der Spitze des neuen Gremiums steht die leitende Schulaufsichtsbeamtin Elisabeth Rüssmann, die sich ausschließlich um die Stadtteilschulen kümmern soll. Rabe hatte nach seinem Amtsantritt das Grundsatzreferat Stadtteilschule in seiner Behörde gestrichen. "Viele Stadtteilschulen sind auf dem Weg, zu einer neuen Form der Realschule zu werden", sagte die Grünen-Bildungspolitikerin Stefanie von Berg. "Offenbar hat der Senator dies endlich begriffen und macht nun kleinlaut eine Kehrtwende", sagte von Berg. Es sei richtig, die Stadtteilschulen wieder aus einer Hand zu planen.