Noch immer keine Fortschritte bei der Elbphilharmonie. Eine Trennung vom Baukonzern Hochtief wird nun wahrscheinlicher.
Hamburg. Auf das erleichterte Aufatmen folgte die große Ernüchterung. Drei Monate ist es her, dass Anfang Juli Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) sichtlich erfreut vor die versammelte Presse trat, um zu verkünden, dass man sich mit dem Essener Konzern Hochtief in einem sogenannten Eckpunktepapier doch noch auf einen gemeinsamen Weiterbau der Elbphilharmonie geeinigt hat - kurz vor Ablauf eines Ultimatums, das die Kündigung des Vertrages mit dem Konzern vorsah. "Die Eckpunktevereinbarung bedarf noch der Umsetzung und Ausgestaltung durch den Abschluss einer Neuordnungsvereinbarung", hieß es im August in einer Senatsdrucksache. Und der Zusatz lautete: "Diese soll kurzfristig erfolgen."
Daraus jedoch wurde nichts. Schlimmer noch: Nachdem sich anfangs zahlreiche Arbeitskreise und eine sogenannte Lenkungsgruppe regelmäßig getroffen haben, um die strittigen Punkte aus der Welt zu schaffen und die Neuordnung in Vertragsform zu gießen, herrscht nun seit exakt drei Wochen absolute Funkstille.
Während auf der Baustelle schon seit einem Jahr quasi nicht mehr gearbeitet wird (bis auf den Hotelbereich), stocken nun auch die Gespräche, die für einen Neubeginn vor Ort die unabdingbare Voraussetzung sind. "Es gibt bis heute keinen substanziellen Fortschritt", sagte jetzt Behördensprecher Enno Isermann.
Dabei hatten es sich alle Beteiligten so schön vorgestellt: Um den Geburtsfehler des Jahrhundertprojekts zu beseitigen, war vereinbart worden, dass zukünftig Baukonzern und Architekten gemeinsam planen und bauen sollten. "Zu diesem Zweck werden sich der Auftragnehmer und der Generalplaner auf der Basis einer bindenden Vereinbarung zur Zusammenarbeit verpflichten", hieß es in dem Eckpunktepapier. Hochtief wäre dann ein sogenannter Totalübernehmer und würde sich dieses höhere Planungsrisiko entsprechend bezahlen lassen. Die Architekten wären für die künstlerische Überwachung zuständig.
Das Problem dabei: Während sich in der Vergangenheit Hochtief und die Architekten von Herzog & de Meuron gegenseitig Fehlplanungen, Versäumnisse und mangelhaftes Arbeiten vorgeworfen haben, sollen sie nun an einem Strang ziehen. Das führt dazu, da manch strittige Frage noch in einem Beweisverfahren geklärt werden muss, dass man zukünftig, so ein Insider, "vormittags vor Gericht streitet und am Nachmittag konstruktiv gemeinsam nach Lösungen sucht".
Deshalb verlangt der Generalplaner bei einer Neuordnungsvereinbarung eine Enthaftung. "Solange die Enthaftung nicht da ist, geht es keinen Schritt voran", heißt es. Darauf kann sich die Stadt aber nicht einlassen, da sie dann, sollte sie vor Gericht recht bekommen, auf viel Geld verzichten würde.
Neben der Enthaftung stellt die Statik des Saaldachs ein weiteres Problem bei der Neuordnung dar. Hier war im Eckpunktepapier ein Messsystem vereinbart worden, das den Prozess der Absenkung des Saaldachs begleitet. "Die Erkenntnisse aus dem Messverfahren bilden die Grundlage für eventuelle Ertüchtigungen", heißt es. Dass diese überhaupt nötig sind, bestreitet die Stadt. Und kritisiert nun, dass die Zusagen zum Absenken des Daches von Hochtief "bisher nicht erfüllt sind".
Kein Wunder, dass sich jetzt die Stimmen mehren, die eine Kündigung von Hochtief favorisieren, damit es auf der Baustelle endlich weitergeht. Dieser Plan B ist längst ausgearbeitet. "Den muss man in dieser Gemengelage, die wir mit Hochtief haben, auch wirklich in der Tasche haben", hatte zuletzt vor einer Woche Senatorin Kisseler geäußert. Für diesen Fall würde die städtische ReGe das Projekt steuern und die Leistungen einzeln vergeben. Zum Teil müssten die Angebote neu ausgeschrieben werden. Seriös kann derzeit niemand sagen, was dieser Plan B an Mehrkosten und Terminverzögerungen zur Folge hätte.