Für viele Menschen bietet das soziale Netzwerk einmalige Möglichkeiten, andere User fürchten allerdings um ihre Privatsphäre.
Hamburg. Wenn Sie diesen Artikel zu Ende gelesen haben, wird Hamburg rund 1000 Freunde mehr haben. 254.919 Fans hat die Stadt schon - auf Facebook , dem beliebtesten sozialen Netzwerk im Internet. Weltweit nutzen mehr als 500 Millionen Menschen die Plattform, und jede Minute tragen sich Menschen als Freunde von Hamburg ein. Manche hinterlassen der Stadt auf ihrer Seite eine Botschaft, wünschen Hamburg "Guten Morgen", preisen sie als "die schönste Stadt der Welt" und "meine Perle", so wie Gunna Marks aus Lübeck. Er hat in Hamburg studiert, ist verlobt, fährt gerne Motorrad, hört Rock und mag N24. Das kann jeder erfahren, der auf der Facebook-Seite der Hansestadt auf seinen Beitrag klickt.
"Das Problem ist, dass viele sich nicht bewusst sind, welche Informationen sie an welche Öffentlichkeit preisgeben", sagt Jan-Hinrik Schmidt vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Uni Hamburg. Der Soziologe beschäftigt sich wissenschaftlich mit dem Phänomen Facebook. "Vor allem Jugendliche müssen sich bewusst werden, dass ihre heutigen Aktivitäten noch viele Jahre online einsehbar bleiben", sagt er.
Von Martina Staron aus Ottensen erfährt man auf Facebook sogar die Handynummer. Die Hamburgerin hat sie allerdings bewusst veröffentlicht, denn sie sucht ihre Windhündin Emma - und hofft, im Internet den entscheidenden Hinweis zu bekommen. Sie hat ein Foto ihrer Hündin auf ihre Seite gestellt, zusammen mit einem kurzen Steckbrief, so, wie man ihn von Laternenpfosten kennt. Doch auf den Zettel an der Laterne meldet sich wohl niemand aus dem 1000 Kilometer entfernten Wien, so wie Franziska, der auch schon mal der Hund weggelaufen ist und die der Hamburgerin nun Mut machen will.
Helfen und klönen, suchen und finden, das geht nirgendwo besser als auf Facebook. Auf der Facebook-Seite "Wohnung & WG vermitteln Hamburg" suchen und bieten schon 3000 Menschen aus aller Welt Wohnraum in der Hansestadt. Eine davon ist Kristin Schaaf. Die 30 Jahre alte Kundenbetreuerin will für ein paar Monate ins Ausland und sucht einen Zwischenmieter für ihre Einzimmerwohnung auf St. Pauli. "Insgesamt bin ich an die ganze Sache mit großer Skepsis rangegangen", sagt sie. "Dann war ich allerdings positiv überrascht, wie schnell es geht und was man für ein positives Feedback bekommt." Ob sie ihre Wohnung wirklich an eine neue Facebook-Bekanntschaft vermietet, will sie in zwei Wochen entscheiden.
"Sollte es doch nicht klappen, suche ich weiter und freue mich einfach, neue Freunde bei Facebook gefunden zu haben", sagt sie. Dass auf der Internetseite "jeder irgendwie jemanden kennt", imponiert Claudia Wackendorff. Dabei ist der 36-Jährigen die Plattform eigentlich suspekt. Die privaten Daten in ihrem Profil beschränkt sie daher auf ihren Namen, Wohnort und Geburtstag. "Aber für den Informationsfluss ist Facebook eine Wucht", sagt sie.
Sie nutzt das soziale Netzwerk für den Austausch von Informationen, seitdem es eine Facebook-Gruppe gegen die Kita-Gebührenerhöhung in Hamburg gibt. Dieser ist sie im Frühjahr beigetreten. Wackendorff engagiert sich in der Volksinitiative für mehr Bildungschancen und mehr Qualität in den Kitas. "Über Facebook kann man sehr gut Unterschriftenlisten veröffentlichen und sich mit anderen Gruppen vernetzen", sagt sie. "Alles, was man hochgeladen hat, kriegen Freunde zu sehen, die das wiederum weitergeben können." Im Idealfall haben Informationen dann einen Schneeballeffekt.
Von diesem profitiert auch die Facebook-Gruppe "Gegen Gewalt in Harburg". Robert Rittich hat sie nur wenige Tage nach dem tödlichen Messerangriff auf den 22 Jahre alten Pascal E. und einer Schlägerei am S-Bahnhof Neuwiedenthal gegründet. "So darf es auf keinen Fall weitergehen", sagte Rittich. Seine Gruppe hat mittlerweile fast 4000 Mitglieder.