Mit von Beust geht auch einer seiner engsten Vertrauten in der Landesregierung: Volkmar Schön, Staatsrat in der Senatskanzlei.

Das nennt man ein sauberes Ende: Wenn der Erste Bürgermeister Ole von Beust (CDU), wie es geplant ist, am kommenden Mittwoch seinen Hut nimmt, dann findet die Ära des 55 Jahre alten Christdemokraten im Senat auch personell ihren fast organischen Abschluss. Mit von Beust geht nach fast neun Jahren einer seiner engsten Vertrauten in der Landesregierung: Volkmar Schön, Staatsrat in der Senatskanzlei und nach dem Bürgermeister der mächtigste Mann im Rathaus.

Schön war Geschäftsführer der CDU-Bürgerschaftsfraktion, als von Beust vor dem Regierungswechsel 2001 noch deren Vorsitzender war. Die beiden bildeten seit dem Amtsantritt am 31. Oktober 2001 ein Gespann mit strikt getrennter Aufgabenteilung: Von Beust war zuständig für das große Ganze und für den Außenauftritt. Der Archäologe Schön, der in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist und das Rampenlicht eher scheut, kümmerte sich um die Details und sorgte für den reibungslosen internen Lauf in der Schaltzentrale der Macht, was die Kontakte zu allen Behörden durchaus einschließt.

Und: Ole von Beust war zumeist der "good guy", zuständig für die angenehmen Dinge des Regierungshandelns. Wenn einem Senator dagegen die Leviten gelesen werden mussten, weil etwas nicht wie besprochen geklappt hatte, dann musste häufig "bad guy" Schön ran. Zwischen von Beust und Schön besteht ein absolutes Vertrauensverhältnis, insofern ist es naheliegend, dass Senatskanzleichef zusammen mit dem Bürgermeister aus dem Amt scheidet.

Ein sauberes Ende markiert der Abtritt der beiden aus einem weiteren Grund: Von dem Team der Senatoren und Staatsräte, mit dem von Beust 2001 an den Start ging, ist keiner mehr übrig. Mit nur einer Ausnahme: Robert Heller, der Staatsrat in der Finanzbehörde, harrt weiter aus - zumindest vorerst. Der Finanzfachmann, der gern mit dem Fahrrad in die Behörde fährt, hat alle Verwerfungen, Koalitionsbrüche und Senatsneubildungen überstanden. Ein Grund: Der 52 Jahre alte Christdemokrat ist in der Hamburger Partei nicht verankert und gehört folglich keiner Seilschaft an, mit der er abstürzen könnte. Ursprünglich hatte der frühere Büroleiter des damaligen CDU-CSU-Bundestagsfraktionsvizechefs Friedrich Merz wohl kaum mit einem langen Aufenthalt in Hamburg gerechnet und hat dessen plötzliches Ende stets einkalkuliert: Hellers Familie lebt nach wie vor in Berlin, der Finanzstaatsrat pendelt am Wochenende.

Hellers "Überleben" ist die Ausnahme von der Regel: Kein Bürgermeister der Nachkriegszeit hat einen so großen "Personalverschleiß" gehabt wie von Beust. 18 Senatoren und 28 Staatsräte mussten in der knappen Dekade von Beust gehen. Zimperlich war dieser Bürgermeister mit dem freundlichen Image in diesem Punkt wahrlich nicht. Fairerweise muss allerdings hinzugefügt werden, dass sich ein Teil der Entlassungen ergibt, weil ein neuer Senat nach Bürgerschaftswahlen gebildet wurde. So verloren die vier Senatoren der Schill-Partei und der FDP 2004 ihre Posten, weil die CDU von nun an allein regierte. Und 2008, als von Beust das schwarz-grüne Bündnis schmiedete, musste die CDU drei Senatssessel räumen, um der GAL Platz zu machen.

Aber es gab eben auch spektakuläre Rauswürfe, allen voran den von Innensenator Ronald Schill im Herbst 2003. Dass der Erste den Zweiten Bürgermeister entlässt, ist für sich genommen schon ein einmaliger Vorgang. Die Umstände sind es erst recht: Schill hatte von Beust im Vier-Augen-Gespräch damit gedroht, dessen Homosexualität und dessen angebliches Verhältnis zum damaligen Justizsenator Roger Kusch (damals CDU) öffentlich zu machen. Der Rauswurf, so bekannte von Beust in dieser Woche, sei eine "halb cholerische Sekundenentscheidung" gewesen. Im Abendblatt-Interview sagte er jetzt, der Rauswurf mit der Folge des Outings habe ihn "mutiger und freier" gemacht.

Kurios war die Trennung vom Spitzenmann der FDP im ersten Von-Beust-Kabinett: Schulsenator Rudolf Lange. Der frühere Konteradmiral, der bei den eigenen Leuten in Ungnade gefallen war, konnte es mit seiner Offiziersehre nicht vereinbaren, von sich aus zurückzutreten. Er bestand auf einer korrekten Entlassung aus seiner politischen Verwendung durch den Bürgermeister. Was geschah.

Geradezu operettenhaft-schillernd war der Abgang von Justizsenator Kusch 2006. Als sein Rauswurf nach diversen Alleingängen unmittelbar bevorstand, nutzte der Studienfreund von Ole von Beust die Situation zu einer dramatischen letzten Pressekonferenz. Auch Kusch weigerte sich, freiwillig zurückzutreten (wozu ihm von Beust geraten hatte), obwohl er den Rückhalt in der CDU-Fraktion längst verloren hatte. "Der Umstand, dass ich nicht zurücktrete, ändert nichts am Umstand, dass meine Tage hier gezählt sind", sagte Kusch. Lustvoller hat wohl kein Senator je seinen Untergang inszeniert.

Von Beust pflegte vor allem bei Staatsräten, die in Ungnade gefallen waren, nicht lange zu fackeln. Berüchtigt waren Anrufe aus seinem Büro mit der Bitte, doch mal schnell zu ihm kommen. Dann dauerten die Trennungsgespräche in der Regel nur wenige Minuten - freundlich, aber bestimmt.

So erging es auch Reinhard Stuth, den von Beust im März 2009 als Kulturstaatsrat in den einstweiligen Ruhestand versetzte. Dabei verbindet die beiden eine lange politische Freundschaft. Stuth und von Beust waren schon zusammen in der Jungen Union.

Aber Stuth, den der designierte Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) nun pikanterweise zum Kultursenator befördern will, liefert damit den Beweis, dass ein Geschasster auf die politische Bühne zurückkehren kann. Das Gleiche gilt für Detlef Gottschalck, den von Beust 2008 als Bezirks-Staatsrat in den einstweiligen Ruhestand versetzte. Ahlhaus reaktiviert ihn nun als Chef der Senatskanzlei und Schön-Nachfolger.

Ganz frei von Ironie ist Ahlhaus' Personalpolitik wahrlich nicht.