Schreiber-Nachfolge: Als aussichtsreichster Bewerber für die Leitung des Bezirks Mitte gilt der Stadtentwicklungsexperte der SPD, Andy Grote.
Hamburg. Die Bewerbungsfrist für das Amt des Bezirksamtsleiters in Mitte ist gestern abgelaufen. Es haben sich nach Abendblatt-Informationen mindestens zehn Kandidaten schriftlich bei Staatsrat Karl Schwinke (SPD), zuständig in der Finanzbehörde für Bezirksangelegenheiten, beworben. Die Finanzbehörde wollte sich zum laufenden Verfahren nicht äußern.
Als aussichtsreichster Kandidat gilt Andy Grote. Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete hat gute Chancen, eine Mehrheit für sich in der Bezirksversammlung zu erreichen. Denn trotz der bundesweiten öffentlichen Ausschreibung entscheidet voraussichtlich Ende April die Bezirksversammlung über den neuen Bezirksamtsleiter. Dieser wird für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt.
Auf jeden Fall hätte Grote Lust auf das Amt. Im Gespräch mit dem Abendblatt sagte er: "Ich kann mir nichts Spannenderes und Interessanteres als dieses Amt vorstellen. In diesem Bezirk kann man viel bewegen." Im Fokus steht für Grote nun zunächst die Jugendhilfe im Bezirk Mitte: "Wir müssen gewährleisten, dass alle Kinder in behördlicher Betreuung die bestmögliche Hilfe erhalten. Dazu gehört auch eine regelmäßige und nachhaltige Kontrolle der Betreuungsverhältnisse."
+++ Ein möglicher Nachfolger für Schreiber: Andy Grote +++
Der bisherige Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) war im Februar zurückgetreten, nachdem die elfjährige Chantal in einer Wilhelmsburger Pflegefamilie an einer Methadon-Vergiftung gestorben war. Die verantwortliche Jugendamtsleiterin Pia Wolters wurde abgesetzt und arbeitet jetzt in der Bildungsbehörde.
Sollte Grote zum neuen Bezirksamtsleiter gewählt werden, dann liegen ihm vor allem auch die Themen Stadtteilentwicklung und Wohnungsbau am Herzen. Der Jurist will sich für soziale Brennpunkte wie Billstedt und Mümmelmannsberg einsetzen: "Hier müssen wir die Lebensqualität der Menschen vor Ort verbessern", sagte Grote.
Doch zunächst tagt das Auswahlgremium, dem Abgeordnete der Bezirksversammlung angehören. Nach Abendblatt-Informationen hat Staatsrat Schwinke die Mitglieder des Auswahlgremiums für den 27. März in die Finanzbehörde gebeten. Bei dem Gespräch soll bestimmt werden, welche potenziellen Kandidaten zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Dazu wird dann wohl auch Andy Grote gehören. Der 43-jährige St. Paulianer muss sich danach auch bei den Fraktionen vorstellen: "Ich möchte gerne möglichst viele Abgeordnete in der Bezirksversammlung Mitte von meiner Qualifikation überzeugen"; sagte Grote.
Auf jeden Fall muss die Mehrheit der 51 Abgeordneten für Grote stimmen. Die SPD-Fraktion stellt 25 Abgeordnete. Allerdings soll es nach Abendblatt-Informationen schon bald Koalitionsgespräche mit der neugegründeten FDP-Fraktion geben. Die Liberalen stellen nach dem Übertritt von Ex-CDU-Fraktionschef Bernd Ohde drei Abgeordnete und könnten der SPD zu einer Mehrheit verhelfen.
Die frisch gewählte FDP-Fraktionschefin Angela Westfehling schließt eine Koalition mit den Sozialdemokraten nicht aus: "Wir haben immer gut zusammengearbeitet. Wenn es jetzt eine offizielle Anfrage der SPD zum Thema Koalition gibt, dann sind wir für Gespräche offen." Westfehling hält Grote für einen "guten Stadtpolitiker. Aber wir müssen uns jetzt erst einmal alle Bewerbungen genau anschauen."
Auf eine mögliche Koalition mit der FDP in der Bezirksversammlung angesprochen, sagte SPD-Fraktionschef Falko Droßmann: "Wir haben sicherlich viele Übereinstimmungen. Aber noch gibt es keine Entscheidung für einen möglichen Koalitionspartner."
Eine klare Aussage trifft Droßmann hingegen, wenn es um die Wahl des neuen Bezirksamtsleiters geht. Sein Favorit steht fest: "Herr Grote ist für dieses Amt perfekt geeignet. Als Fachanwalt für Verwaltungsrecht bringt er die fachliche Qualifikation mit und ist ein ausgewiesener Kenner des Bezirks." Die SPD-Fraktion unterstütze seine Kandidatur. Der 38-jährige Droßmann wurde ebenfalls als aussichtsreicher Anwärter auf das Amt des Bezirkschefs gehandelt, hatte sich aber nicht beworben.
Die GAL-Fraktion hält sich unterdessen alles offen: "Wir begrüßen jeden qualifizierten Kandidaten. Dies rechtfertigt das durchgesetzte Ausschreibungsverfahren", sagte Fraktionschef Michael Osterburg. Die GAL werde die Bewerbungen in Ruhe sichten und den besten Kandidaten wählen.
Sollte Andy Grote Ende April zum Bezirksamtsleiter gewählt werden, müsste er sein Mandat als Bürgerschaftsabgeordneter zurückgeben. Für ihn würde die Diplom-Kauffrau Julia Odebrecht nachrücken. Die 31-Jährige ist Bezirksabgeordnete und Vorsitzende des SPD-Distriktes Innenstadt.