Behörde geht davon aus, dass zum Zeitpunkt der Betreuungsübernahme “keine akute Kindeswohlgefährdung“ bestand.
Hamburg. Die Sozialbehörde und das Bezirksamt Mitte haben den Streit um die politische Bewertung im Fall des toten Babys Lara aus Wilhelmsburg offiziell beigelegt. Sozialstaatsrätin Angelika Kempfert (CDU) legte dem zuständigen Familien-, Kinder- und Jugendausschuss der Bürgerschaft jetzt das gemeinsame, überarbeitete Positionspapier vor. Darüber, wie das Handeln des Jugendamts Mitte in dem Fall zu werten sei, hatte es einen Streit zwischen Bezirksamt und Fachbehörde gegeben.
Nach einem Gespräch am 24. März sei dieser Dissens "nunmehr ausgeräumt", es sei eine "gemeinsamen fachliche Bewertung" erzielt worden. Streitpunkt war die Frage, ob zu dem Zeitpunkt, als das Jugendamt Mitte und der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) Wilhelmsburg die Betreuung von Lara und ihrer Mutter übernommen haben, das Kindeswohl von Lara akut gefährdet war oder nicht.
Im ursprünglichen Expertenbericht der Sozialbehörde, den Senator Dietrich Wersich (CDU) kurz nach dem Tod des Babys im April 2009 vorgestellt hatte, hieß es, die Kindeswohlgefährdung sei aus dem Blick geraten. Dagegen hatte sich Mittes Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) von Anfang an gewehrt.
Jetzt aber gehen Behörde und Bezirksamt davon aus, dass zum Zeitpunkt der Betreuungsübernahme "keine akute Kindeswohlgefährdung" bestanden hat, es angesichts der "latenten Gefährdungssituation" im Nachhinein betrachtet aber besser gewesen wäre, einen "ausdrücklichen Hinweis auf die Kontrolle des Kindeswohls im Hilfeplan" niederzuschreiben. Der damalige Bericht sah die Verantwortung vor allem beim Jugendamt, dessen Mitarbeiter in eine "Routinefalle" getappt sei. Davon ist in der neuen Bewertung keine Rede mehr. Schreiber wertete die Vereinbarung als Erfolg. Die Behörde habe ihre Fehleinschätzung eingesehen.
Für Behörde und Bezirk ist die politische Aufarbeitung nun abgeschlossen. Nicht so für die Opposition. Carola Veit (SPD) kritisiert, dass die Arbeitsbelastung des ASD Wilhelmsburg nicht zentraler Punkt der Vereinbarung ist. Vor allem die inhaltliche Aufarbeitung sei noch lange nicht abgeschlossen. Das Thema stehe weiterhin auf der Tagesordnung des Ausschusses. Die nächste Sitzung ist für den 6. Mai angesetzt.