Außerdem sagte Weihbischof Jaschke, dass die zölibatäre Lebensform Menschen anziehen könne, „die eine krankhafte Sexualität haben“.

Hamburg. Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ verlangt von Papst Benedikt XVI. grundsätzliche Konsequenzen aus den Missbrauchsskandalen. Die „insgesamt sehr problematische Einstellung der katholischen Kirche zur Sexualität“ sei ein weltweites Problem, sagte „Wir sind Kirche“-Sprecher Christian Weisner am Freitag. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke verteidigte im Deutschlandfunk das Gebot der sexuellen Enthaltsamkeit für Priester, räumte aber ein, dass die zölibatäre Lebensform Menschen anziehen könne, „die eine krankhafte Sexualität haben“.

Weisner sagte vor einem Treffen des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, mit dem Papst am Mittag in Rom, Benedikt XVI. habe sich mit dem Problem des Missbrauchs schon lange befasst. Doch dürfe er nicht immer nur einzelne Länder nach Rom zitieren, „wenn es da gerade brennt“. „Wir haben hier ein globales Problem“, betonte Weisner. Ein Machtgefüge in der katholischen Kirche verbunden mit Dominanz von Männern führe dazu, „dass dieser Missbrauch, der oft ein Machtmissbrauch ist, praktiziert werden kann“.

Weihbischof Jaschke plädiere dafür, angesichts des Missbrauchsskandals auch über den Zölibat zu sprechen. Zwar sei er nicht Ursache von Missbrauch. Aber wenn Menschen mit einer krankhaften Sexualität angezogen würden, dann könne „eine Gefahrensituation“ entstehen.

Im Grundsatz verteidigte er das Gebot der Enthaltsamkeit. „Der Zölibat schenkt Freiheit“, sagte der Weihbischof. In einer Welt, in der sich alles um Sex drehe, sei er ein Zeichen dafür, dass man anders leben könne. Allerdings empfahl er, angesichts des Priestermangels „mehr Fantasie und etwas mehr Großmut“ zu entwickeln, um „neben der Grundform zölibatären Priestertums auch den Dienst eines verheiraten Menschen als Priester möglich machen zu können“.

Die Grünen-Politikerin und Theologin Antje Vollmer warnte erneut davor, die geplanten Runden Tische für die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen an Schulen und speziell in der katholischen Kirche mit zu hohen Erwartungen zu überfrachten. Die Leiterin des Runden Tisches zur Heimerziehung in den 50er- und 60er-Jahren sagte im Deutschlandradio Kultur, zwar sei es positiv, dass dadurch das Thema Missbrauch in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit finde. Doch bleibe ein Runder Tisch ein freiwilliges Gremium. „Und wenn es um Gesetzesüberprüfungen geht, dann ist das auch Sache der Parlamente“, sagte Vollmer.

Krisensitzung: Erzbischof Zollitsch beim Papst

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, informiert heute Papst Benedikt XVI. über die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Am Mittag will Zollitsch auf einer Pressekonferenz in Rom über die Ergebnisse des Gesprächs informieren.

Bei dem Besuch in Rom handelt es sich eigentlich um einen Routinebesuch, bei dem Zollitsch das Kirchenoberhaupt über die Ergebnisse der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz unterrichten sollte. Das Thema Missbrauch steht dabei jedoch angesichts der zahlreichen aufgedeckten Fälle in katholischen Einrichtungen im Mittelpunkt.

Es genüge nicht, die Bischöfe einzelner Länder einzubestellen, „wenn es da gerade brennt“, sagte Wiesner mit Blick auf die Papst-Audienz von Zollitsch. Vielmehr komme es darauf an, Homosexualität zu enttabuisieren und männliches Dominanzstreben gegenüber Frauen zu verurteilen.