Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat es einst als selbst ernannter "brutalstmöglicher Aufklärer" in der CDU-Parteispendenaffäre zu zweifelhaftem Ruf gebracht. Jetzt erhebt der Hamburger SPD-Landeschef Olaf Scholz im Grunde den gleichen Anspruch mit Blick auf die Niederungen seiner Partei - und könnte dabei mehr Erfolg haben als der Hesse.

Dank des energischen Drucks von Scholz findet die Hamburger SPD endlich nach fast drei Jahren den Mut, die schlichte Wahrheit auszusprechen: Der einstige Parteichef Mathias Petersen ist 2007 gegen alle Regeln des politischen Anstands um die Bürgermeister-Kandidatur gebracht worden. Die Ereignisse vor und nach dem berühmt-berüchtigtenStimmzettelklau bei der SPD-Mitgliederbefragung zur Spitzenkandidatur stellen ein kollektives Führungsversagen der Parteispitze dar.

Es ist nicht Einsicht, sondern schlichte Not, die die Sozialdemokraten in die warme Stube der Solidarität treibt. Der Schock der Bundestagswahl, bei der die SPD auch in ihrer einstigen Hochburg abstürzte, sitzt tief. Das stolze Etikett der Hamburg-Partei, mit dem sich die Enkel Max Brauers und Herbert Weichmanns zu gern schmückten, spricht der Realität derzeit Hohn. Der Blick in den Abgrund lehrt Demut.

Insofern sind die reumütigen Beteuerungen der Kombattanten von einst mit Vorsicht zu genießen. Es sind vorerst nur Autorität und Professionalität des Landeschefs Scholz, erst seit wenigen Wochen im Amt, die den Schulterschluss erzwungen haben: mehr Befriedung als wirklicher Friedensschluss.

Ob die SPD in Zukunft ein ernst zu nehmender Gegner der CDU sein kann, wird auch davon abhängen, ob Mathias Petersen bereit ist, seine Konsequenzen zu ziehen. Auch er, das Opfer der Machenschaften, hat Fehler gemacht.