Die Mieten und Gebühren für Firmen sollten steigen, um Investitionen zu finanzieren, schlägt die ehemalige Senatorin Anja Hajduk vor.
Hamburg. Es ist eine ewige Mammutaufgabe der Stadt: die Finanzierung der Investitionen in den Hafen mit seiner komplexen Infrastruktur wie Kaimauern, Brücken, Schleusen sowie Schienen und Straßen für den Güterverkehr. Die Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) listet in ihrer Planung dafür Ausgaben von knapp 1,9 Milliarden Euro für die kommenden zehn Jahre auf. Angesichts der Schuldenbremse, die es von 2020 an untersagt, Investitionen auf Kredit zu tätigen, stellen sich Experten die Frage: Woher soll das ganze Geld kommen?
Die GAL-Fraktion fordert daher eine neue "Geschäftsgrundlage" für den Hafen. Zwei Dinge sind für die Grünen aber schon klar. Dass das Geld allein aus dem Haushalt der Stadt kommt, also von den Steuerzahlern aufgebracht wird, sei "keine ehrliche und angemessene Perspektive", sagt GAL-Finanzexpertin Anja Hajduk. Sie und GAL-Wirtschaftsexperte Anjes Tjarks fordern, dass der Hafen selbst sich stärker an der Finanzierung seiner Infrastruktur beteiligt.
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Dabei beziehen sich die Grünen auf Antworten des Senats auf eine Große Anfrage. Demnach beträgt die durchschnittliche Miete für einen Quadratmeter Hafenfläche gerade mal 3,30 Euro - pro Jahr. "Da ist deutlich Spielraum nach oben", sagt Tjarks. Er fordert, die Flächen nach und nach auszuschreiben und abzuwarten, was der Markt hergibt. 6 bis 7 Euro pro Quadratmeter seien sicher realistisch, schätzt er. Bei Gesamteinnahmen der HPA aus Vermietung und Verpachtung von 75 Millionen Euro im Jahr 2011 wäre demnach eine Steigerung auf 150 Millionen Euro möglich - das würde schon einen guten Teil der Finanzierungsprobleme lösen.
Ähnlich betrachtet die GAL das Hafengeld: Aus dieser Gebühr für Schiffe, die Hamburg anlaufen, wurden 2010 nur 44 Millionen Euro eingenommen. In vergleichbaren Konkurrenzhäfen sprudelte diese Quelle deutlich kräftiger: Antwerpen kassierte 78 Millionen Euro, Rotterdam gar 279 Millionen.
In Zweifel ziehen Hajduk und Tjarks aber auch, ob die immensen Investitionen in den Hafen überhaupt angemessen sind. So sei die Zahl der Beschäftigten in Hamburg, die direkt oder indirekt vom Hafen abhängig sind, seit 2001 von 81 000 auf 71 500 zurückgegangen. Und der Anteil des Hafens am Steueraufkommen der Stadt stagniere bei etwa elf Prozent. Dagegen liege der Anteil des Hafens an Investitionen der Stadt in neue Projekte derzeit bei 25 Prozent und werde bis 2018 sogar auf 33 Prozent steigen - von 100 auf dann 300 Millionen Euro, so Hajduk. Der Hafen dürfe aber nicht überproportional und zulasten anderer Bereiche wie der Bildung gefördert werden. Eine Rückkehr zum zu schwarz-grünen Zeiten eingeführten und von der SPD rückgängig gemachten Prinzip "Hafen finanziert Hafen" propagiert die GAL aber nicht. "Es ist unbestritten: Der Hafen braucht Investitionen", sagt Tjarks. "Aber er kann nicht mehr in dem Maße subventioniert werden, wie sich das die Sozialdemokraten wünschen."
Vom ehemaligen Koalitionspartner CDU bekommen die Grünen Unterstützung. "Hafen finanziert Hafen ist im Grundsatz richtig", sagt deren Finanzexperte Roland Heintze. "Aber es hat Grenzen." Nicht jedes Infrastrukturprojekt könne so finanziert werden. Die regierende SPD hat sich noch nicht festgelegt. Bekannt sei, dass die "HHLA-Milliarde" aus dem Teilbörsengang des Hafenkonzerns 2014 aufgebraucht sei, sagt SPD-Haushaltsexperte Jan Quast. "Wir diskutieren jetzt, wie die künftige Hafenfinanzierung aussehen könnte. Dass die Mieten im Hafen so niedrig sind, hat mich auch überrascht."
Dass sich in dem Bereich etwas tun könnte, deutete auch Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) auf Hamburger-Abendblatt-Anfrage an: "Es trifft zu, dass die Einnahmen der HPA weiter gesteigert werden können, und wir streben auch an, dies zu tun." Frank Horch wies aber auch darauf hin, dass die Einnahmen aus Mieten und Hafengeld seit Jahren stetig steigen. Die Hafenunternehmen dürften nicht überfordert werden. "Eine aggressive Preis- und Mietpolitik, wie sie offenbar von der GAL favorisiert wird, ist kontraproduktiv und rechtlich in den meisten Fällen gar nicht möglich." Den Vorwurf, der Haushalt finanziere den Hafen, wies der Wirtschaftssenator ebenfalls zurück: "Die Wahrheit ist, dass die direkten und indirekten Steuereinnahmen die Kosten für den Haushalt bei Weitem übersteigen."