Alexander Röder kocht täglich – gerne auch für Gäste. Ein Gespräch mit dem Michelpastor über Rezepte, Traditionen und das Abendmahl mit der Gemeinde
Hamburger Abendblatt: Was gab es heute bei Ihnen zum Frühstück und was gibt es zum Abendessen?
Alexander Röder: Morgens gibt es immer nur Obst, wir frühstücken erst gegen 14 Uhr ein Brot mit Lavendelhonig aus Südfrankreich und Käse. Meistens koche ich dann abends für meine Mutter und mich. Heute gibt es verschiedene Blattsalate mit einer köstlichen Minzvinaigrette.
Wie finden Sie Zeit, täglich zu kochen?
Das Abendessen ist für mich das Wichtigste, auch wenn das in Deutschland unpopulär ist, aber ich habe französische Vorfahren, die spielen da wohl mit. Ich finde abends zu kochen einfach entspannend, nach der langen Arbeit in der Küche zu stehen und dabei Musik zu hören.
Wie kommen Sie zu Ihren Rezepten?
Ich habe schon als Kind Rezepte gelesen und sehe mir gern Kochbücher an. Ich mag besonders Yotam Ottolenghi, der kocht viele Gerichte mit einem jüdisch-arabischen Einschlag. Zum Beispiel Blumenkohl mit Granatapfel.
Das hat ja fast biblischen Charakter ...
Das ist Zufall. Keine Angst, ich mag keine gegrillten Heuschrecken wie Johannes der Täufer. Bei Heidehonig lasse ich allerdings mit mir reden.
Mögen Sie Gesellschaft beim Kochen – oder darf man erst zum Abspülen in die Küche?
Ich finde gemeinsames Kochen ganz toll, ich fahre in den Urlaub immer mit Freunden bevorzugt nach Frankreich, und wir kochen jeden Abend zusammen. Dabei gibt es ein gutes Glas Wein, wir klönen, das macht einfach Spaß.
Wer hat denn bei Ihnen diese Kochleidenschaft geweckt?
Meine Großmütter konnten sensationell gut kochen, allerdings sehr unterschiedlich. Die eine kam vom Bauernhof, die andere hatte eine bürgerliche Vergangenheit. Wir drei Kinder haben viel bei ihnen in die Pötte geschaut und sind alle begeisterte Hobbyköche geworden.
Was ist für Sie wichtig, wenn Sie zum Essen einladen?
Ich mag es gerne, wenn es nicht steif ist, aber trotzdem Stil hat. Essen beginnt mit einem schön gedeckten Tisch, das finde ich wichtig. Ich freue mich, wenn Menschen das, was ich zubereitet habe, goutieren. Es dürfen auch richtige Portionen sein, die Leute sollen satt werden – das hat bei uns Familientradition. Ich liebe es, wenn man sich Zeit nimmt für gutes Essen und gute Gespräche bei Tisch.
Beten Sie vor jedem Essen und was ist Ihr Lieblingstischgebet?
Ich bete täglich zu Tisch und dann den Klassiker: „Komm, Herr Jesus, sei unser Gast und segne, was du uns bescheret hast.“ In Gesellschaft nehme ich auch gerne mal ein Thema, das anliegt, auf, sei es zu Festtagen – Ostern oder Weihnachten –, und spreche einen Dank für die Gemeinschaft aus. Diese wahrzunehmen finde ich ganz wichtig.
Halten Sie sich beim Kochen an bestimmte Traditionen, also freitags und in der Fastenzeit Fisch, Ostern mit Osterzopf, Weihnachten mit Lebkuchen?
Die Reformation hatte sich ja eigentlich von diesen Fastenregeln gelöst, und Luther hat gesagt, das sei nicht nötig. Es ist interessant und auch in Ordnung, dass nun viele Kirchen wieder zum Fasten zurückkehren, ich mache das jedoch nicht mit. Ich habe aus Zeitgründen vieles aufgegeben, zum Beispiel das Backen eines Neujahrszopfes, auch zu Ostern färbe ich keine Eier bunt. Aber es gibt immer ein Osterfrühstück im Gemeindehaus, da bin ich dabei. Weihnachten gibt es Hirsch, das ist das einzig Traditionelle.
Gemeinsam das Brot brechen – was bedeutet dieses Ritual für Sie?
Ich finde, dass essen in Gemeinschaft auch immer etwas mit dem Abendmahl zu tun hat. Mit dem Abendmahl schließen wir niemanden aus, es geht über die gesellschaftlichen Grenzen hinaus. Und wenn wir uns dann gemeinsam am Tisch versammeln, ist das auch Gemeindebildung in kleiner Form. Zudem sollten wir uns allerdings häufiger die Frage stellen, ob wir immer nur Freunde einladen müssen. Jesus sagt an einer Stelle im Evangelium sehr deutlich: Was habt ihr davon, wenn ihr immer nur die Leute einladet, die euch wieder einladen? Ladet doch einmal die ein, die sich nicht revanchieren können. Dann tut ihr etwas Gutes. Das ist das Ideal, davon sind wir, auch ich, noch weit entfernt.
Viele Gemeinden bieten nach den Gottesdiensten noch ein gemeinsames Mahl an – machen Sie das auch?
Wir machen das einmal im Monat als Mittagessen und haben damit gute Erfahrungen, weil die Menschen schon vorher gemeinsam kochen. Es geht darum, die Gemeinschaft zu pflegen. Und für viele Alleinstehende sind Sonntage schrecklich, weil sie einsam sind, ihnen die Decke auf den Kopf fällt. An diesen Tagen sind Kirchen noch mehr gefragt als andere, etwas anzubieten, man kann ja nach dem Essen noch einen Film sehen, einen Ausflug oder Spaziergang machen. Das ist für viele in unserer Gemeinde ein großer Ankerpunkt im Monat.
Es hat nicht jede Kirche ein großes Gemeindehaus wie St. Michaelis. Sollte man also in Kirchen mehr Küchen einbauen, ein paar Bänke rausnehmen und Tafeln aufstellen?
Warum nicht. Ich finde es aber erst mal wichtig, das gemeinsame Essen überhaupt einzuführen. Denn für manche Menschen ist der Gottesdienst eine zu hohe Schwelle, doch die gemeinsame Mahlzeit nicht. Die kann man ja auch mit einem Tischgebet oder einer Lesung verbinden, und das ist dann auch Gottesdienst.
Viele Kirchengemeinden betreiben Suppenküchen, unterstützen Tafeln – ist das für Sie eine urchristliche Aufgabe?
Ja. Bei uns gibt es das zwar nicht, aber ich finde es wichtig und gut. Die Diakonia, die Sorge um den Nächsten, ist eine der Säulen des Christentums und wird in solchen Suppenküchen zum Ausdruck gebracht. Ich finde auch schön, wenn die Bedürftigen bei ihrem Essen bedient werden, weil ihnen das zeigt, dass sie Gleichberechtigte in ihrer Würde und ihrem Menschsein sind. Das kann man über eine Mahlzeit gut zeigen.
M
it Alexander Röder kann man sich stundenlang über Rezepte und gutes Essen unterhalten, er liebt es zu kochen und seine Gäste zu verwöhnen. Einmal im Monat lädt die Michelgemeinde zum gemeinsamen Mittagessen – eine Einrichtung, die der Hauptpastor sich für noch mehr Hamburger Gemeinden wünscht.