Der “Tagesschau“-Sprecher Marc Bator kam durch eine Krise zum Glauben. Die Kirche ist für ihn eine Art Klubheim, in das er sich ganz ohne Promi-Status zurückziehen kann.
Hamburg. Mit Marc Bator über seinen Glauben zu reden ist kein leichtes Unterfangen. Zwar hat er ohne Zögern zum Interview zugesagt. Doch noch bevor er seinen Espresso bestellt hat, stellt der "Tagesschau"-Sprecher und Moderator schon eines klar: "Ich mag es nicht, wenn Prominente öffentlich über ihren Glauben reden und ihn wie ein Banner vor sich hertragen. Glauben ist etwas Privates."
Rumms. Ist das jetzt das Ende des Gesprächs? Mitnichten: "Wenn Sie mich privat danach fragen, wie ich zum Glauben stehe, dann kann ich doch sagen, dass Gott zu meinem Leben gehört. Warum soll man im Jahr 2009 nicht darüber sprechen können?"
Offenbar gibt es einen öffentlichen und einen privaten Marc Bator. Der öffentliche, der Nachrichten- und Medienmensch, ist abwägend, taktisch und sehr darauf bedacht, sich nicht festzulegen. Der private, der nette Kerl von nebenan und junge Familienvater, ist gradlinig und auf der Suche nach Wahrhaftigkeit. Einer, der ungeschützt redet und sich seine Antworten nicht leicht macht.
Von seiner Kindheit in einer Kleinstadt nahe Hannover erzählt er, und von den traurigen Lebensmomenten nach der Trennung seiner Eltern. Seine Mutter, eine Sportlehrerin, zog ihn mithilfe der Großmutter allein groß.
Kirche und Glauben, zu Hause kein bedeutendes Thema, hatten ihm damals wenig zu bieten. "Als ich konfirmiert wurde, hatte Glaube für mich etwas Nicht-Sexyhaftes", erinnert sich der 36-Jährige. Auch die Pastoren taugten nicht als männliche Vorbilder. "Einer sagte, wenn ihr nicht in die Kirche geht, dann wird was Schreckliches passieren in eurem Leben. Das war wirklich nicht motivierend!"
Fast folgerichtig trat er mit Anfang zwanzig aus der evangelischen Kirche aus. "Ich habe nie gedacht, es gibt keinen Gott, aber für mich war es Sache der Kirche und nicht meine Welt."
Seine Welt wurde die der Medien. Nach dem Abitur volontierte er beim Rundfunk und arbeitete viele Jahre als Off-Sprecher in der Werbung. "Ich habe das zu Anfang sehr gern gemacht", sagt er nachdenklich. "Aber diese Tätigkeit war so wie Modeln mit der Stimme." Der private Marc Bator mutierte zum öffentlichen: "Man muss durchsetzungsfähig und zielstrebig dafür sein." Bis heute trenne er strikt Privates und Beruf: "Ich mag viele Kollegen sehr gern, aber ich habe einen komplett anderen Freundeskreis. Ich habe drei enge Freunde, vom Möbeltischler bis zum Matratzenfabrikanten."
Die Krise kam für Marc Bator vor rund zehn Jahren. "Ich habe damals einen mir sehr nahestehenden Menschen verloren", erzählt er. "Privat hatte ich eine schwierige Phase, ich war auf Partnersuche, und im Job stand eine Entscheidung an: Willst du ewig so weitermachen oder schwenkst du noch einmal um?" Doch schon korrigiert der öffentliche Marc Bator: Dies sei natürlich nichts Außergewöhnliches, anderen Menschen passiere das genauso. "Aber damals kam alles geballt, beruflich und privat war alles unter dem Meeresspiegel."
An einem Abend erwischte ihn der Blues besonders schlimm. "Ich saß zu Hause auf dem Sofa, ohne Perspektive, und dachte: 'Gott, wenn es dich gibt, dann zeig mir einen Weg und hilf mir.' Und drei Tage später passierte etwas. Eine neue Bekanntschaft, neue Impulse - der Anfang war da. Es ging mir lange noch nicht gut, aber ich hatte meinen Weg wiedergefunden."
Dieses Erlebnis sei von einer großen emotionalen Tiefe gewesen. "Ich habe gelernt, auf mein Herz zu hören. Wenn du dich deinem Glauben hingibst, ohne dich zu ergeben, dann wird dir dein Herz sagen, was richtig und was falsch ist." Glaube an Gott bedeute die Verpflichtung zum Glauben an sich selbst: "Die höhere Macht wird es nicht richten, man muss sein Leben selbst in die Hand nehmen und ihm Sinn geben."
Als sinnvoll empfindet er vor allem seine Arbeit bei der "Tagesschau". In zehn Jahren "Tagesschau" habe er gelernt, manche Schrecken nicht in der vollen Härte an sich heranzulassen. "Ich mache mir nicht nur bewusst, wie viel Leid es auf der Welt gibt, sondern auch, wie viel Glück."
Sein kleines Glück hat er bei seiner Familie gefunden, "mein Gottesgeschenk!". Als seine heutige Frau Hellen (40) ihn damals mit ihrer Schwangerschaft konfrontierte, "da veränderte sich die Welt - als ob ein Schalter umgelegt worden wäre. Die Stimme meines Herzens hat mir gesagt: Ja! Das machen wir." Mittlerweile hat das Paar zwei Töchter, Jill (5) und Jodie (1). Beide sind getauft worden, die Kleine mit sechs Monaten, die Große mit vier Jahren: "Sie hat das voll mitbekommen und sich auch ihre Paten selbst ausgesucht." Die Taufe sei für ihn ein besonders schöner Moment gewesen, "das Gefühl, eine Familie zu sein".
Über seine Kinder hat Marc Bator wieder zurück zur Kirche gefunden. Anlässlich der Taufe seiner Tochter Jill trat er wieder in die Kirche ein. "Ich hatte ein langes Gespräch mit dem Pastor, auch über meine Zweifel und Bedenken gegenüber der Kirche", erzählt er. "Der hat mir geraten: ,Betrachten Sie die Kirche doch als ein Klubheim. Da können Sie sich reinsetzen, nicht nur sonntags, wenn Sie mal Ruhe brauchen.'" Mit diesem Bild von Kirche könne er etwas anfangen.
Und er hat begonnen, sich wieder in der Kirche zu engagieren, in seiner Gemeinde St. Nikolai und unter anderem mit einem Vortrag in einer Reihe über die Zehn Gebote in St. Antonius im Herbst. "Ich werde über das Achte Gebot sprechen - du sollst kein falsches Zeugnis abgeben", erzählt er und lacht: "Das passt doch ganz gut zu den Nachrichten!"