Marina Fuhrmann ist Vorsitzende des Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) mit Sitz in Wiesbaden und mehr als 2000 Mitgliedern.

Hamburg. Hamburger Abendblatt: Der VOD setzt sich dafür ein, dass Osteopath eine eigenständige Berufsbezeichnung wird. Warum?
Marina Fuhrmann : Immer mehr Ärzte, Heilpraktiker sowie Physiotherapeuten mit Heilpraktikerstatus sind hierzulande als Osteopathen tätig, nachdem sie eine mehrjährige Weiterbildung an einer Teilzeit- oder Vollzeitschule für Osteopathie absolviert haben. Daneben gibt es die in Vollzeit ausgebildeten Osteopathen, die nach Hochschulreife an den bisher drei privaten Fachschulen ausgebildet werden. Ihre Anzahl steigt, sie bedürfen aber zur Ausübung einen Heilpraktiker-Status oder das medizinische Staatsexamen. Das sollte aus Sicht des VOD geändert werden, damit diese Vollzeitausbildung auch entsprechend goutiert wird. Zurzeit ist keinem Osteopathen eine eigenständige Diagnose und Behandlung erlaubt, wenn er nicht Mediziner oder Heilpraktiker ist, da Osteopathie in Deutschland als Heilkunde gilt, die nur durch Ärzte und Heilpraktiker im sogenannten „First Access“ ausgeübt werden darf. Ein eigenständiges Berufsgesetz würde die bestehenden heterogenen Osteopathie-Weiterbildungen in einzelnen deutschen Bundesländern ersetzen und vereinheitlichen. Es würde die Rechte und Pflichten der Osteopathen regeln sowie die Ausbildungserfordernisse klar umreißen.

Wie lange sollte eine Ausbildung zum Osteopathen Ihrer Meinung nach dauern?
Fuhrmann : Eine vierjährige, grundständige Ausbildung (5.000 Unterrichtsstunden) garantiert qualifizierte Osteopathen. Neu ist ein Bachelor-Studiengang Osteopathie, der ab dem Wintersemester 2011 an der Hochschule Fresenius in Idstein nahe Wiesbaden auf Initiative des VOD eingerichtet wird. Die berufsbegleitende Ausbildung beträgt mindestens vier Jahre und findet in Wochenendseminaren statt. Insgesamt müssen die Schüler mindestens 1.350 Unterrichtstunden absolvieren.

Wo kann man sich in Norddeutschland ausbilden lassen?
Fuhrmann : In Hamburg gibt es eine der oben genannten Vollzeitschulen, das GCOM German College of Osteopathic Medicine. Ansonsten finden Sie in der Stadt und im norddeutschen Raum mehrere Teilzeitschulen.

Wie können Patienten einen Therapeuten finden?
Fuhrmann : Auf der Internetseite des Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) unter www.osteopathie.de oder in der Geschäftsstelle des Verbandes unter der Telefonnummer 0611 9103661 können Therapeutenlisten nach Postleitzahlen durchsucht werden. Hierauf sind nur diejenigen Osteopathen verzeichnet, die eine mindestens vierjährige Weiterbildung absolviert haben und sich ständig weiter qualifizieren.

Wie ist die Anerkennung bzw. der Stand von Osteopathen in anderen Ländern, u.a. den USA?
Fuhrmann :In den USA gibt es den Beruf des Arztes. Diesen Abschluss als „Physicians“ können einerseits Absolventen der Medical School und andererseits Absolventen eines Osteopathie-Colleges erwerben. In Amerika praktizieren derzeit etwa 54 000 Osteopathen. Sie führen den Titel D.O. „Doctor of Osteopathy“. In Europa entwickelt sich die Osteopathie als rein manuelle Form der Medizin weiter; ganz so, wie sie von A. T. Still begründet worden ist. Seit 1993 ist der Beruf des Osteopathen in England rechtlich anerkannt. In Belgien und Frankreich zählt die Osteopathie zu den allgemein anerkannten Formen der Medizin. Praktiziert wird sie in nahezu allen europäischen Ländern.