Hittfeld. Der Deutsche Olympische Sportbund und die Sparkassen würdigen das inklusive Engagement des Vereins beim Sportabzeichen.

Der TSV Eintracht Hittfeld hat beim Sportabzeichen-Wettbewerb 2019 ein Preisgeld in Höhe von 1000 Euro gewonnen. Die Auszeichnung wirkt wie ein letzter Gruß von Roland Witt an seinen Herzensverein, denn das preisgekrönte Projekt geht auf den Gründer und langjährigen Abteilungsleiter der Hittfelder Leichtathleten zurück. Er wirkte seit 1976 als treibende Kraft hinter zahllosen Sportabzeichen-Absolventen. Roland Witt war wenige Tage vor dem Hittfelder Volkslauf 2019 im Alter von 77 Jahren gestorben.

Roland Witt war die treibende Kraft

Seine Ideen wirken bis heute nach. Dazu zählt die Auszeichnung aus dem Themenbereich Inklusion, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und die Sparkassen-Finanzgruppe jetzt nach Seevetal vergeben haben. „Die Teilnehmer zeigen mit der Auswahl dieses Schwerpunkts, dass eine Behinderung keineswegs dem Engagement für das Deutsche Sportabzeichen im Weg steht“, heißt es in den Wettbewerbsbedingungen. Die weiteren Themenschwerpunkte des Sportabzeichen-Wett­bewerbs, der 2020 in die nächste Runde geht, sind Sportliche Leistung, Innovation, Integration, Kooperationen und Sonstiges. „Ursprünglich hatten wir eine Anfrage von einem Fußballteam mit Flüchtlingen, die eine Hallenzeit haben wollten“, erinnert sich die Vereinsvorsitzende Barbara Buhrmann.

Gute Kontakte ins Haus Huckfeld

„Da wir dem nicht gerecht werden konnten, haben wir nach anderen Wegen gesucht, uns im Bereich Integration oder Inklusion zu engagieren.“ An dieser Stelle kam Roland Witt ins Spiel, der Kontakte in das Haus Huckfeld in Hittfeld hatte. „Fördern und Wohnen“, ist das Motto des Hauses für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Einige Bewohner hatten beim Hittfelder Volkslauf 2018 mitgemacht. „Ich hab noch nie Sportler gesehen, die sich nach einem Lauf so sehr gefreut haben“, sagte Abteilungsleiter Heinz Marko. Im nächsten Schritt bot Roland Witt den Huckfeld-Bewohnern an, sie in das wöchentliche Sportabzeichen-Training des TSV Eintracht Hittfeld zu integrieren und sie beim Erwerb der begehrten Auszeichnung zu begleiten.

Dazu muss man wissen, dass Trainer und Prüfer für das offizielle „Deutsche Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung“ hohe Anforderungen erfüllen müssen. In Hittfeld wollten sie nicht so lange warten, bis alle Zertifikate vorliegen. „Wir wollten uns nicht rausreden, dass das aus versicherungsrechtlichen Gründen nicht möglich ist. Wir wollten sofort anfangen“, sagte Barbara Buhrmann. Und so überlegte sich Roland Witt vier Disziplinbereiche in Anlehnung an die offiziellen Bedingungen und fing an zu machen.

Die 1000 Euro Preisgeld werden aufgeteilt

Beim Gedanken an die Erlebnisse geraten die Vorsitzende Buhrmann und Abteilungsleiter Marko noch heute ins Schwärmen. Da sei eine Bewohnerin aus dem Haus Huckfeld mit dem Rollator zum Training auf den Sportplatz am Peperdieksberg gekommen, habe nach einigem Üben den Rollator zur Seite gestellt und sei die Strecke ganz allein gelaufen. „Sie hatte überhaupt keine Angst, das Gleichgewicht zu verlieren“, erzählt Barbara Buhrmann. Anderes Beispiel für die große Motivation: Ein Mann habe es geliebt, aus seinem Rollstuhl heraus die Kugel zu stoßen. Roland Witt kreierte für seine besonderen Schützlinge, im ersten Jahr waren dies vier Frauen und Männer, individuelle Urkunden und Medaillen. „Die hängen alle in den Zimmern im Haus Huckfeld“, berichtet Buhrmann, die als Physiotherapeutin regelmäßig in der Einrichtung an der Bahnhofstraße zu Gast ist.

„Wir waren gerade dabei, etwas aufzubauen, als Roland gestorben ist“, so Buhrmann. In der Folge ist das Inklusionsprojekt in der Leichtathletik ins Stocken geraten. Stattdessen setzte der TSV Eintracht Hittfeld bis zum Ausbruch der Coronakrise auf die Handball-Spielgemeinschaft (HSG) Seevetal/Ashausen und deren Bestreben, eine inklusive Handballmannschaft aufzubauen.

Wettkampfhürden für die Leichtathleten

Und was passiert mit den 1000 Euro Preisgeld? Die Summe möchte die Erste Vorsitzende gern aufteilen. Einen Teil wird der Hauptverein für Einrichtungsgegenstände im neuen Sporthaus verwenden, das nach aufwendigen Sanierungsarbeiten voraussichtlich im September der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Der zweite Teil des Preisgeldes kommt der Leichtathletikabteilung für besondere Anschaffungen zugute. Heinz Marko hatte auch sofort eine Idee. „Wir möchten demnächst Wettkampfhürden kaufen“, sagte der Abteilungsleiter. Eine einzelne Hürde kostet etwa 120 Euro, für die Bestückung der im U14-Alter gelaufenen 60-Meter-Hürden-Strecke benötigt man sechs Stück. Es wäre ganz im Sinne von Roland Witt gewesen, wenn auch seine Leichtathleten noch einmal von seinen Ideen profitieren könnten.