Winsen. Verdienter Aufstieg: Nachwuchsfußballer des JFV Borstel-Luhdorf spielen in der kommenden Saison in der Niedersachsenliga.
Es herrschte eine Lautstärke, als hätten sie sich drei Monate nicht gesehen. Dabei trainieren sie seit Wochen wieder. Ein lautes Gespräch hier, ein fröhliches Lachen dort. Selbst ein kräftiger Regenschauer hatte keine Chance, die ausgelassene Stimmung zu trüben. Nur zu verständlich: immerhin wissen die Nachwuchsfußballer des JFV Borstel-Luhdorf erst seit wenigen Tagen, dass sie in der kommenden Saison in der Niedersachsenliga spielen werden. Ein Ziel, auf das sie viele Jahre hingearbeitet haben. Ein Traum, der in Erfüllung geht. Da darf man völlig zu Recht gute Laune haben.
Bis zum Abbruch der Saison hatten die überwiegend im Jahr 2004 geborenen Fußballer in acht Spielen der U16-Landesliga Lüneburg acht Siege errungen, bei einem Torverhältnis von 38:7. Auch im Bezirkspokalfinale stand die Mannschaft von Cheftrainer Olaf Lakämper nach dem 6:2-Erfolg im Halbfinale gegen die JSG Gnarrenburg. Dann kam das Coronavirus und der Abbruch der Saison.
Erst am vergangenen Sonnabend befand ein außerordentlicher Verbandstag des Niedersächsischen Fußball-Verbandes (NFV) über die Wertung. Im Raum stand auch eine Annullierung, dann hätte es weder Aufsteiger noch Absteiger gegeben. Doch die große Mehrheit der Vereinsvertreter entschied anders. Demnach dürfen die nach Quotientenregel erstplatzierten Teams aufsteigen. Und da Borstel-Luhdorf den perfekten Quotienten von 3,00 hat, ist der Sprung in die Niedersachsenliga perfekt.
In Niedersachsen herrschen komplizierte Regelungen
Alles andere wäre extrem bitter gewesen. Dieses Jahr ist nämlich das einzige, in dem der 2004er-Jahrgang von den eigenen Erfolgen profitieren kann. In den vergangenen sechs Jahren gewann die Mannschaft insgesamt zwölf Titel im Freien und in der Halle. Ein Aufstieg in die höchste Landesspielklasse blieb ihr aber verwehrt, weil in Niedersachsen komplizierte Regelungen herrschen und die Ligazugehörigkeit meist an die Altersklasse gebunden ist. In der B-Junioren-Niedersachsenliga kämpfen U17- und U16-Junioren gemeinsam, und so dürfen die JFV-Talente endlich die Früchte ihrer Arbeit ernten. Es ist viele Jahre her, dass mit dem Jahrgang 1998 des TV Meckelfeld und dem Jahrgang 1988 des TSV Winsen männliche Nachwuchsteam aus dem Kreisfußballverband auf diesem hohen Niveau spielten.
„Wir haben uns über die Jahre kontinuierlich gesteigert und trainieren auch am härtesten“, benennt Kapitän Patrick Böhmker die Gründe des Erfolgs. „Im Trainingslager im Sommer setzen wir uns als Team immer Ziele, die wir konsequent verfolgen.“ Das im Sommer 2019 formulierte Ziel konnte nur Aufstieg heißen – im Nachhinein also ein Aufstieg mit Ansage.
Auch für die Spielzeit 2020/2021 hat der 16 Jahre alte Kapitän klare Vorstellungen. „Wir wollen nicht nur mitspielen. Ich glaube schon, dass wir stark genug sind, um oben anzugreifen“, so Böhmker. Unbegründet ist diese Einschätzung nicht. Vor Jahresfrist kämpfte der JFV Borstel-Luhdorf beim Final-Four-Turnier gegen die Landesligameister der drei weiteren Bezirke um den C-Jugend-Landestitel. Die Kreistalente, die ursprünglich aus mehreren Vereinen im Landkreis Harburg und zum Teil auch aus dem Landkreis Lüneburg stammen, präsentierten sich auf Augenhöhe. Das Halbfinale gegen die JFV Calenberger Land ging im Elfmeterschießen verloren. Das Spiel um Platz drei gewann Borstel-Luhdorf tags darauf ebenfalls im Elfmeterschießen gegen VfB Peine.
Die Niedersachsenliga 2020/2021 wird bis zu 17 Vereine umfassen, darunter die Zweitvertretungen der Nachwuchsleistungszentren von Eintracht Braunschweig und VfL Osnabrück. Die Fahrten werden die Winsener bis nach Emden, Northeim, Cloppenburg und Hannover führen. „Wir wollen das, weil wir alle erfolgreich Fußball spielen wollen“, sagt Olaf Lakämper, der in sein siebtes Jahr als Trainer der Mannschaft geht.
Mit den Co-Trainern André Kiencke und Julien Heissig sowie Torwarttrainer Daniel Schulenburg hat er ein erfahrenes Team um sich versammelt. Ohne die tatkräftige Unterstützung der Eltern, der Mannschaft hinter der Mannschaft und einiger ortsansässiger Sponsoren wäre Vieles nicht möglich. Sie tragen dazu bei, den Saisonetat von voraussichtlich 20.000 Euro zu schultern. Die größten Posten sind Fahrt- und Schiedsrichterkosten, Meldegebühren und Kosten für neue Bälle, die nur wenige Spiele halten. Zu den Auswärtsfahrten werden Privatfahrzeuge eingesetzt.
16-Jährige war seit Jahren fester Bestandteil der Erfolgsmannschaft
Aus dem 20 Mann und eine Frau starken Kader werden drei Akteure das Team verlassen, darunter Lisa Behneke. Die 16-Jährige war seit vielen Jahren fester Bestandteil der Erfolgsmannschaft und profitierte von einer Sonderregelung, die nur im Fußball-Bezirk Lüneburg gilt. Sie besagt, dass bis zur B-Jugend auch Mädchen, die außerdem ein Jahr älter sein dürfen, in Jungenmannschaften eingesetzt werden dürfen. „Ich hab mich sehr wohl gefühlt und bin traurig, dass ich die Jungs verlassen muss“, sagt die defensive Mittelfeldspielerin, die in den Frauenbereich wechselt. „Wir werden sie sowohl spielerisch als auch als Persönlichkeit vermissen“, sagt Kapitän Böhmker über Behneke. Doch es ist ein Ziel des Trainerteams, die Jugendlichen nicht nur fußballerisch, sondern auch an Persönlichkeit reifen zu lassen.
Als Neuzugänge stehen der linke Verteidiger Tim Kiepke (16) von der JSG Adendorf/Scharnebeck und der ein Jahr jüngere Luis Kreidt fest. Der Innenverteidiger wechselt vom Nachbarn TSV Winsen an den Höllenberg nach Luhdorf. Dort werden die B-Junioren des JFV Borstel-Luhdorf ihre Heimspiele in der Niedersachsenliga bestreiten – generell sonnabends um 14 Uhr. „Die sollen ruhig alle aufs Dorf kommen“, sagt Olaf Lakämper und hofft, dass so manches Mal wieder ausgelassene Stimmung auf und neben dem Spielfeld herrschen wird.