Lüneburg. Die Fehleinnahmen sind dramatisch, die Zukunft ist ungewiss. Für die Bundesliga-Volleyballer geht es um die Existenz
Es war spät am Abend des 13. März, als die Coronavirus-Pandemie auch die Volleyball-Bundesliga in die Knie zwang. Vorzeitiger Saisonabbruch, nichts geht mehr. Stillstand. An ein Mannschaftstraining ist seitdem auch bei den Männern der SVG Lüneburg nicht zu denken. Für die SVG geht es nun in den kommenden Wochen und Monaten – wie für viele andere Vereine auch – um die finanzielle Existenz. Die Fehleinnahmen sind dramatisch, die Zukunft ist ungewiss.
Zwei Hauptrundenspiele hätte die SVG Lüneburg in der Saison 2019/2020 noch bestreiten sollen. Hinzu wären mögliche Play-off-Spiele gekommen. „Wir rechnen mit Fehleinnahmen von insgesamt 40.000 Euro“, sagt Andreas Bahlburg. Der Erste Vorsitzende und Manager ist sich der prekären Lage bewusst. Insgesamt beträgt der Lüneburger Saisonetat zwischen 600.000 und 700.000 Euro.
Bereits verkaufte Tickets müssen zurückerstattet werden, Werbeeinnahmen über die LED-Banden fallen aus. Der Verein hat für die Spieler und das Trainerteam Kurzarbeit beantragt. Spieler und Trainer müssen damit zukünftig auf 40 Prozent ihres Gehalts verzichten. Die Geschäftsstelle in Lüneburg arbeitet derzeit im Home Office
Liga bestimmt die Europapokal-Teilnehmer
„Ich habe die Entscheidung als Vizepräsident der Volleyball-Bundesliga vollkommen mitgetragen“, sagt Manager Bahlburg. Viele Vereine hätten die wenigen, verbleibenden Hauptrundenspiele noch absolvieren wollen, um Klarheit in der Tabelle zu haben.
Das war auch der Stand, den der Ligaverband nur wenige Stunden vor dem Abbruch der Saison noch kommuniziert hatte. In den Tagen danach entschied die Volleyball-Bundesliga unter Rücksichtnahme auf die Vereine, dass es in der abgebrochenen Saison keine regulären Absteiger geben wird. Die Europapokal-Teilnehmer werden in den kommenden Wochen von der Liga bestimmt, einen Meister wird es nicht geben. Die SVG stand lange Zeit auf dem vierten Tabellenplatz, durfte sich berechtigte Hoffnungen auf einen Europapokalplatz machen. Dann folgten eine Niederlagenserie und der Absturz auf Rang acht, sogar der Einzug in die Play-offs der besten Acht war in Gefahr.
„Unsere Hinrunde war deutlich über unseren Erwartungen. Am Ende ist der achte Platz nicht das, was wir uns ausgerechnet hatten“, resümiert Andreas Bahlburg. Das Saisonergebnis ist derzeit jedoch zweitrangig.
Für Flugtickets wurden Mondpreise aufgerufen
Aufgrund der drohenden Einreisebeschränkungen durften die ausländischen Spieler bereits kurz nach dem Saisonabbruch in ihre Heimatländer zurückfliegen. „Das waren natürlich Mondpreise, die wir für die Flugtickets bezahlen mussten. Die Spieler halten sich jetzt formal zuhause bereit, um theoretisch nochmal zurückzukommen“, sagt Bahlburg. Mit Leo Durkin, Michael Michelau (beide USA), Tyler Koslowsky, Blake Scheerhoorn (beide Kanada), Viktor Lindberg (Schweden), Antti Ronkainen (Finnland) und Gijs van Solkema (Niederlande) stammen sieben SVG-Akteure aus dem Zwölferkader aus dem Ausland. „Die Spieler bekommen vom Trainer in der WhatsApp-Gruppe ihren Workout-Plan“, sagt Bahlburg.
Die Hälfte des derzeitigen Kaders sei mit längerfristigen Vertragslaufzeiten ausgestattet und werde zur kommenden Spielzeit zurück erwartet. „Momentan weiß aber niemand, wann die nächste Saison beginnen wird“, erklärt SVG-Manager Bahlburg. Im April wollen die SVG-Verantwortlichen erste Vertragsgespräche führen. Bis dann müsste der grobe Saisonetat feststehen. „Es kann durchaus sein, dass wir den Kader in der nächsten Saison dünner schnüren müssen“, sagt Andreas Bahlburg.
Vieles hängt jetzt von den Sponsoren und ihrer weiteren Zahlungsbereitschaft ab. Neben den Hauptsponsoren, der AOK Gesundheitskasse und der Sparkasse Lüneburg, wird die SVG Lüneburg von vielen mittelständischen Unternehmen aus der Region unterstützt. Auch sie leiden unter den Folgen der Corona-Krise.
„Ich werde in diesen Tagen einen Teufel tun, bei unseren Sponsoren nachzufragen. Um Ostern herum werden wir anfangen, langsam auf unsere Sponsoren zuzugehen“, so Bahlburg. Jedes Unternehmen müsse sich erst mal selber ordnen. „Ich denke, dass viele unserer Sponsoren weiterhin versuchen werden, uns finanziell zu unterstützen. Ich kenne die einzelnen Situationen aber noch nicht“, gibt sich Bahlburg vorsichtig optimistisch.
Fristen für die Lizenzierung verschieben um einige Wochen
Hoffnung kann der SVG-Manager aus einem Liga-Beschluss schöpfen. Anders als bisher vorgesehen, verschieben sich die Fristen für die Lizenzierung um einige Wochen. Der Lizenzantrag für die Saison 2020/2021 in der Volleyball-Bundesliga muss aufgrund der Situation nicht wie ursprünglich geplant bis zum 15. April, sondern erst bis zum 15. Mai eingereicht werden. Auch die Fristen zum Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wurden verschoben.
Der Liga-Vorstand teilte derweil mit, dass es zu weiteren Anpassungen der Fristen und Lizenzierungsanforderungen kommen kann. Dies werde von der Entwicklung der Krise abhängig gemacht. Grund zur Entspannung bietet dass Entgegenkommen nicht. Bahlburg und die SVG Lüneburg stehen vor entscheidenden Wochen. Sportlich herrscht Stillstand, die Verantwortlichen kämpfen um das wirtschaftliche Überleben.