Maschen. Der Rollstuhlbasketballer hat sich für die Paralympics im kommenden Jahr qualifiziert. Jetzt fehlt nur noch die Berufung ins Olympia-Team.
Seit seiner Geburt ist Alexander Budde (19) auf den Rollstuhl angewiesen. Durch die Nervenkrankheit Spina bifida („offener Rücken“) verlor der gebürtige Maschener Nervenflüssigkeit – seine Beine erlitten einen Gefühlsverlust. Der Teenager kann nur wenige Meter ohne Hilfe gehen. Anstatt zu resignieren, begann Budde vor sieben Jahren mit Rollstuhlbasketball. Mit 16 Jahren folgte der Wechsel ins Sportinternat nach Hannover, wo er mittlerweile für Bundesligist Hannover United auf Körbejagd geht.
Jüngstes Mitglied in der Nationalmannschaft
Nun der vorläufige Höhepunkt seiner Karriere: Als jüngstes Teammitglied der Nationalmannschaft qualifizierte sich der 19-Jährige vor wenigen Tagen bei der Europameisterschaft in Polen für die Paralympischen Spiele. Der Traum von Tokio wird wahr. „Das ist der Grund warum ich damals ins Internat gegangen bin“, sagt Alexander Budde.
Bis zu zehn Trainingseinheiten pro Woche
Sein komplettes Leben richtet sich nach dem Sport, bis zu zehn Mal pro Woche trainiert der Center. Die Belohnung: Vor einigen Wochen nominierte Bundestrainer Nicolai Zeltinger den 19-Jährigen für die Europameisterschaft in Polen. „Die Nominierung kam für mich jetzt nicht aus heiterem Himmel. Ich fahre ja nicht zu den Nationalmannschafts-Lehrgängen, um am Ende nicht dabei zu sein. Trotzdem habe ich mich natürlich riesig darüber gefreut“, sagt er.
Halbfinale bei der EM war die Qualifikation
In einem starken Teilnehmerfeld musste die deutsche Mannschaft mindestens das Halbfinale erreichen, um die Tokio-Qualifikation zu schaffen. „Im Hinterkopf war Tokio immer präsent. Trotzdem haben wir versucht von Spiel zu Spiel zu gehen. Das hat uns weit gebracht“, erklärt Alexander Budde. In der Vorrunde musste sich das Team gegen Österreich, die Schweiz, Italien, Gastgeber Polen sowie den amtierenden Weltmeister Großbritannien beweisen. Trotz seiner Position als jüngstes Teammitglied gelangen Alexander Budde bereits im ersten Spiel gegen Österreich seine ersten beiden Punkte.
„Aufs Feld zu kommen und direkt zu punkten war ein riesiges Gefühl – und gleichzeitig Belohnung für die harte Arbeit. Als Rookie habe ich natürlich nicht so viel Spielzeit bekommen. Trotzdem habe ich mich im Team sehr wohlgefühlt. Das sind alles wichtige Erfahrungen, die man sammelt“, sagt der Teenager.
Am Ende der vierte Platz
Bis auf eine Niederlage gegen die favorisierten Briten hielt sich die deutsche Auswahl in der Gruppenphase schadlos und zog souverän ins Viertelfinale ein. Dort wartete mit den Niederlanden ein weiteres Team aus dem Favoritenkreis. Am Ende behielten die deutschen Rollstuhlbasketballer mit 72:63 die Oberhand. Die Tokio-Quali war geschafft. „Neben dem eigentlichen Turnier hatten wir mehrere Ziele: Wir wollten als Mannschaft zusammenfinden, uns im Laufe des Turniers steigern und natürlich die Qualifikation für die Paralympischen Spiele schaffen. Diese Ziele haben wir alle erreicht“, freut sich Alexander Budde.
Dass es nach zwei darauffolgenden Niederlagen gegen Spanien (60:70) und die Türkei (65:76) nur für den vierten Platz reichte, wurmt Budde dennoch: „Wir hätten noch mehr erreichen können. Das nagt an einem“.
Mit der Zeit überwiege jedoch die Freude über das Erreichte. Insbesondere die knappen Niederlagen gegen den späteren Vize-Europameister Spanien und die nun amtierenden Welt- und Europameister aus Großbritannien stimmen den 19-Jährigen zuversichtlich. „Wir waren auch bei den Spielen, die wir am Ende verloren haben, nicht weit weg. Das ist eine riesige Erfahrung und genauso riesige Motivation sich noch weiter zu steigern“, sagt er.
Im Frühjahr steht das Abitur für Alexander Budde an
Nach der Rückkehr aus Polen bleibt für den 19-Jährigen nicht viel Zeit zum Feiern. Im Frühjahr steht für Budde das Abitur an. „Ich hänge durch die EM noch etwa zwei Wochen vom Unterrichtsstoff hinterher. Das ist aber kein Problem, meine Schule unterstützt mich da“, erklärt er. Mit Bundestrainer Zeltinger habe er bereits Gespräche über seine Zukunft geführt. Als junger Spieler ist Budde zukünftig ein wichtiger Bestandteil der Nationalmannschaft. „Gerade das Alters einiger Mitspieler ist im Hinblick auf die nächsten Jahre da natürlich ein Thema“, sagt er.
Im Frühjahr nominiert der Nationaltrainer den Kader für die Spiele in Tokio. „Es ist natürlich das große Ziel, wieder dabei zu sein“, sagt Budde. Bleibt er verletzungsfrei, dürfte kein Weg an dem Maschener Talent vorbeiführen. Neben der Nominierung warten mit den anstehenden Abiturprüfungen gleich mehrere Herausforderungen auf den 19-Jährigen.
Ob die Doppelbelastung zum Problem wird? „Es wird natürlich nicht einfach. Trotzdem erhalte ich die bestmögliche Unterstützung von allen Seiten. Ich will mein Abi natürlich so gut wie möglich schaffen“, sagt er. Seit Donnerstag befindet sich der Center mit seinem Bundesligaverein Hannover United im Trainingslager. Zeit für körperliche Erholung bleibt ihm also kaum.