Winsen. Mira Waterhölter ist auf dem Weg in die Spitze. „Werfer-Papst“ Dieter Kollark möchte mit der 19-Jährigen trainieren.

Regen, Schnee, eisige Winde und ein rutschiger Diskusring. All dies kann zur Wahrheit werden, wenn die Wurfspezialisten unter den Leichtathleten im Januar und Februar ihre Meisterschaften im Winterwurf austragen. Mit diesen extrem schwierigen Bedingungen hatten die Speerwerfer, Diskuswerfer und Hammerwerfer in diesem Jahr bei den Niedersachsenmeisterschaften in Zeven im Kreis Rotenburg zu kämpfen.

Mira Waterhölter (LG Nordheide), die zum 1. Januar 2019 aus dem Jugend- in den Erwachsenenbereich aufgestiegen ist, startete zum ersten Mal in der Frauenklasse. Sie hatte die denkbar ungünstigsten Bedingungen erwischt. Starke Windböen brachten das Fangnetz der Diskusanlage fast zum Umstürzen. Der Wettkampf wurde nach dem dritten von sechs Durchgängen zunächst unterbrochen, um schließlich aus Sicherheitsgründen vorzeitig beendet zu werden.

Landesmeisterschaften in Zeven müssen abgebrochen werden

Dass angesichts dieser Rahmenbedingungen nicht mit guten Weiten zu rechnen war, ist logisch. „Mit dem wohl schlechtesten Ergebnis der letzten zwei Jahre musste sich Mira wohl oder übel zufrieden geben“, sagte Trainer Wilfried Oppermann. Da bei diesem Wetter aber auch keine andere Athletin weiter werfen konnte als die 37,55 Meter, wurde die Winsenerin zum ersten Mal Landesmeisterin bei den Frauen.

Viel besser lief es einige Wochen später bei den norddeutschen Winterwurf-Meisterschaften. Die Sportschule Kienbaum ist das Trainingszentrum der deutschen Spitzenleichtathleten. Dort hatte sich beispielsweise die Nationalmannschaft im August auf die Leichtathletik-Europameisterschaften vorbereitet, bevor es kurz vor den Wettkämpfen ins Athletenhotel und Olympiastadion nach Berlin weiterging. Die Ausstattung in Kienbaum ist derart gut, dass aus einem Wurfhaus heraus geworfen wird. Das bedeutet, dass der Diskusring trocken und kein störend kalter Wind vorhanden ist. Sogar Heizgebläse waren in Betrieb.

Niedersachsenmeisterin und norddeutsche Vizemeisterin

„Ein Wurfhaus muss man sich wie ein Feuerwehrgebäude vorstellen, in dem Löschfahrzeuge stehen. Anstatt der Fahrzeuge sind dort aber Diskusringe direkt hinter den Rolltoren angeordnet. Kurz vor dem Wettkampf werden die Rolltore geöffnet und man kann trockenen Fußes den Diskus aus der warmen Halle herauswerfen. Nur die Kampfrichter, die die Messungen durchführen und die Disken zurückbringen, bekommen kalte Füße“, beschreibt Oppermann die optimalen Bedingungen.

An diesen norddeutschen Meisterschaften nahm mit Claudine Vita auch die derzeit beste deutsche Diskuswerferin teil. Die 22-Jährige vom SC Neubrandenburg gewann mit einer Weite von 62,49 Meter unangefochten den Titel. Aber auch Mira Waterhölter vermochte die Rahmenbedingungen zu nutzen und zeigte einen erstklassigen Wettkampf. Gleich im ersten Versuch ließ sie die ein Kilogramm schwere Scheibe auf 43,36 Meter segeln – eine Weite, die sie in der gesamten Saison 2018 nicht geschafft hatte.

Geheiztes Wurfhaus in Kienbaum absolut leistungsfördernd

Doch es sollte noch besser kommen. Nach weiteren guten Versuchen jenseits der 42-Meter-Marke landete der Diskus im sechsten und letzten Versuch schließlich bei 44,34 Meter. Damit wurde die 19-Jährige, die Mitglied im MTV Borstel-Sangenstedt ist, norddeutsche Vizemeisterin. „Ein Bilderbuchstart in die Saison 2019. Zeven muss man ausklammern“, so Oppermann.

Kienbaum hielt nach dem letzten Versuch noch eine Überraschung für die sympathische Winsenerin bereit. Der Trainer von Claudine Vita, Dieter Kollark aus Neubrandenburg – der erfolgreichste deutsche Leichtathletiktrainer überhaupt, allseits anerkannter Experte für Diskuswurf und Kugelstoßen und ehemaliger Trainer von Athleten wie Astrid Kumbernuss und Franka Dietzsch – bat Mira Waterhölter zur Videoanalyse.

Neben einem großes Lob gab es auch eine ganze Reihe von Ratschlägen, wie die Nordheide-Athletin ihre Wurfleistung weiter verbessern kann. Zum Schluss sprach Dieter Kollark sogar eine Einladung zu einigen Trainingseinheiten nach Neubrandenburg aus. Ein guter Tag für Mira.