Buchholz. Eine Woche nach den deutschen Meisterschaften endet der Stevens-Cyclocross-Cup traditionsgemäß bei der RSG Nordheide.

„Wir hatten 220 Teilnehmer. Fast Rekordbeteiligung. Und das am Ende einer langen Cross-Saison. Da darf man als Veranstalter anstoßen.“ Lorraine Schröder hatte sogar doppelten Grund dazu. Für die Radsportgemeinschaft Nordheide, deren Vorsitzende sie viele Jahre war, organisiert sie den bei den Aktiven beliebten Saisonausklang. Es war gleichzeitig das elfte und letzte Rennen um den Stevens-Cup 2018/2019, der wichtigsten Rennserie in Norddeutschland. Auch dabei führt die 70-Jährige die Gesamtregie.

Der Radsport war und ist bei den Schröders eine Familienangelegenheit. Beim Eliterennen der Damen wurden über die Lautsprecher vorgestellt: Larissa Luttuschka, die für ihren Heimatverein RSV Finsterwalde kämpfte. Die Nationalfahrerin war eine Woche vorher deutsche Vizemeisterin in der U23 geworden. Sie gehört zum Stevens Racing Team. Genau wie Lisa Schröder-Ott, die Schwiegertochter von Lorraine Schröder. Die hatte einen Radschuh nicht sorgfältig geschlossen. Eine Kleinigkeit, aber im Duell mit der deutschen Vizemeisterin auf der anspruchsvollen Strecke ein nicht wettzumachender Nachteil. „Ich habe nur den Rücken von Larissa gesehen“, erzählt Schröder-Ott.

Radsport in Buchholz ist eine Schödersche Familienangelegenheit

Kurz nach der Siegerehrung verabschiedete sie sich mit einem Kuss von ihrem Mann: „Ich gehe noch eine Runde laufen.“ Sie ist auf dem Schützenplatz die am höchsten dekorierte Amateursportlerin. „Mit acht Jahren habe ich mit Triathlon angefangen“, erzählt sie, „und im vergangenen Jahr bin ich im dänischen Odense Weltmeisterin auf der Langdistanz geworden.“ Diese Langdistanz ist nicht ganz so quälend wie der klassische Ironman mit 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und dem Marathonlauf zum Schluss.

Für ihren Welttitel hat Lisa Schröder-Ott die drei Kilometer Schwimmen, 120 Kilometer Radfahren und 30 Kilometer Laufen in etwas mehr als sechseinhalb Stunden geschafft. Um solch eine Siegerzeit zu erreichen, musste sie in der Vorbereitung bis zu 20 Stunden pro Woche trainieren. „Weil ich vor drei Monaten im Training von einem Auto angefahren wurde, kann ich den Titel wegen des Trainingsrückstandes in diesem Jahr sicher nicht verteidigen.“

Ihren WM-Titel im Tritahlon wird Lisa Schröder-Ott wohl nicht verteidigen

Im Cyclocross gehört die Triathlon-Weltmeisterin zu den vom Fahrradunternehmen Stevens geförderten Athleten. Sie werden von ihrem Ehemann Florian Schröder betreut. Den Saisonabschluss in Buchholz nutzte der Fachmann auch für ein Fazit, wohin die Entwicklung bei den Spezialrädern geht.

„Neben der elektronischen Schaltung fahren die meisten inzwischen auch mit hydraulischen Scheibenbremsen. Dazu werden handgemachte Reifen immer beliebter. Der Vorteil ist, dass bei einem Hindernis, einer Wurzel oder einem Stein der Mantel nicht mehr von der Felge springen kann. Das kann schlimmere Stürze verhindern. Als Material hat sich für Rahmen und für die Laufräder Carbon längst durchgesetzt.“

Die hochtechnischen Rennmaschinen sind unter 3000 Euro kaum noch zu haben. Nach oben müssen 8000 Euro nicht das Ende sein. Das zweiräderige Vehikel als Sportgerät ist also eine kostspielige Angelegenheit. Das alleine aber ist nicht der Grund, warum der Nachwuchs immer spärlicher wird.

Der deutsche U17-Vizemeister Ben Laatsch (RSG Nordheide) springt mit seinem Rad über mehrere Planken.
Der deutsche U17-Vizemeister Ben Laatsch (RSG Nordheide) springt mit seinem Rad über mehrere Planken. © HA | Karsten Schaar/Archiv

„Wir haben im Verein viele Kleine, die begeistert dabei sind“, berichtet Lorraine Schröder, „aber wenn nach den ersten Kinderrennen zielstrebiger trainiert werden muss, verlieren sie schnell die Lust. Die Meldelisten bei den Schülern und Jugendlichen werden immer kürzer.“ So waren bei den U15-Junioren nur fünf am Start. Es gewann wie erwartet Max Oertzen von der Harburger RG. Auch bei der U17 gab es angesichts von acht Fahrern kein Gedränge. Dieses Rennen gewann der Lokalmatador Ben Laatsch.

Dass er in der Woche zuvor seinen deutschen Meistertitel abgeben musste, kann der 15-Jährige inzwischen recht locker schildern. „Beim Start bin ich los und hatte knapp 20 Sekunden Vorsprung. Dann bin ich im Matsch weggerutscht und Benjamin Krüge ist vorbei. Fünf Runden lang habe ich ihn vor mir gesehen.“ Ben Laatsch, der deutsche Vizemeister, zwingt sich zu einem Lächeln. „Wenn du kämpfst und kämpfst und kommst doch nicht mehr ran, das ist schon großer Mist“, platzt es plötzlich aus ihm heraus“.

Die meisten Teilnehmer tummeln sich in den Alters- und Hobbyklassen

„Die meisten Teilnehmer hatten wir wieder bei den Masters, also den Altersgruppen über 40 und 50 Jahre, und speziell auch in den Hobbyklassen“, so die Bilanz der Cheforganisatoren.

Auch die Hobbyfahrer haben inzwischen ihren lokalen Star. Klaus von Borstel, Jahrgang 1968, einst Mitstreiter der erfolgreichen Triathlonzeit der Turnerschaft Harburg, trat in Buchholz zum zehnten Wettkampf um den Stevens-Cup an. Und er wurde zum zehnten Mal als Sieger gefeiert. Tine, seine zwölfjährige Tochter, gewann in der U17. Ihr Onkel Dirk von Borstel, der zehn Jahre jüngere als der Papa ist, wurde in Buchholz Zweiter der Herren 40, gewann aber die Gesamtwertung. Und, um in der Familie zu bleiben, gewann Sohn Tom, der wie der Vater für die Harburger RG startet, das U11-Rennen.

Das Männer-Eliterennen gewann Max Lindenau vor Luk Boving, dessen Vater Vorsitzender der RSG Nordheide ist, dahinter Paul Lindenau und Jannick Geisler, alle vom Stevens Racing Team.