Harburg. Das in der Haake groß gewordene Radrennen mit Weltmeistern ist zu einem freundlichen Treffen der Radsportfamilie geworden.

Der Weihnachtscross der Harburger Radsportgemeinschaft ist längst eine Institution. Nicht nur in Harburg, nicht nur in Hamburg und auch nicht nur in Norddeutschland. Offiziell wurde er in diesem Jahr zum 31. Mal ausgetragen. Dabei gehen die Ursprünge dieses populären Cross-Highlights, das bis vor wenigen Jahren in der Haake ausgefahren wurde, bis in die 1950er-Jahre zurück. „Noch bis in die 1980er-Jahre sind wir Amateure gemeinsam mit den Profis gestartet“, erzählt Lars Erdmann. „Weltmeister Klaus-Peter Thaler ist den brutal steilen Anstieg im Sitzen hoch gestrampelt, während wir mit dem Rad auf der Schulter hoch stampfen mussten. Hunderte Zuschauer haben ihn gefeiert und uns angefeuert.“

Jetzt steht Lars Erdmann, mittlerweils 58 Jahre alt, in der Servicezone, wo defekte Räder ausgetauscht werden dürfen. Sein Sohn Max Lindenau führt im Eliterennen mit großem Vorsprung. Lokalmatador Jannick Geisler hat sich nach einem Sturz wieder auf den zweiten Platz vorgekämpft. Aber der Rückstand ist so groß, dass er nicht einmal den Rücken von Max Lindenau im Blickfeld hat. Diese beiden, die den Sieg beim 31. Weihnachtscross unter sich ausmachen, fahren für das Stevens Racing Team. Auf seiner Heimstrecke aber ist Geisler im Trikot der gastgebenden Harburger RG unterwegs, dessen populärster Fahrer er seit mehr als einem Jahrzehnt ist.

Jannick Geisler kämpft sich nach Sturz wieder heran und wird Zweiter

Mit Jannick Geisler, aber auch mit Lucas Carstensen, den man als Profi bezeichnen kann, mit Sebastian Beyer und auch Tim Rieckmann fährt hier die Erinnerung an die glänzendsten Jahre der Harburger RG, die im Cross über Jahre hinweg die erfolgreichste Talentschmiede in Deutschland war.

Als das Waldgebiet Haake, nur ein paar Kilometer vom Appelbütteler Forst entfernt, von einem Privatmann aufgekauft wurde, waren die Radsportler dort nicht mehr willkommen. Den neuen, flacheren und damit schnelleren Rundkurs in Appelbüttel lieben zwar die Sportler. Die Zuschauer aber, für die der Spaziergang zum Querfeldeinrennen ehemals wie der Baum und die Gans zu Weihnachten gehörte, kommen nicht mehr. Alle Bemühungen von Cheforganisator Frank Plambeck, die traditionelle Veranstaltung zurück nach Harburg zu holen, blieben erfolglos.

Max Lindenau gewann das Rennen der Männer-Elite vor Jannick Geisler
Max Lindenau gewann das Rennen der Männer-Elite vor Jannick Geisler © HA | Volker Koch

Deshalb ist der Weihnachtscross inzwischen eher zu einem freundlichen Familientreffen für die Sportler und ihre Anhänger geworden. „Aber ob es ihn in drei oder vier Jahren noch gibt, wage ich nicht zu versprechen“, sagt der Mann, der zusammen mit Ehefrau Susanne die Veranstaltung seit Ewigkeiten lebendig hält. „Großveranstaltungen wie die Cyclassics werden von der Stadt großzügig gefördert“, erzählt Frank Plambeck.

„Aber wir, die kleinen Vereine, bekommen kein Geld, keine Unterstützung und auch für uns wird es von Jahr zu Jahr schwieriger, die vielen Helfer gerade über die Festtage zu motivieren. Die Vereine sind die Basis, aber wir werden immer mehr ins Abseits geschoben und im Stich gelassen“. Diese Entwicklung gilt nicht nur für die Harburger RG, sondern für fast alle Hamburger Radsportvereine.

Nächstes Ziel ist die Cross-DM am 12. Januar in Kleinmachnow

Dabei weiß jeder Handwerksmeister und jeder Personalchef, wie wichtig Leistungswille und sportlicher Erfolg in den Schuljahren für den Erfolg im Beruf sein können. Betrachten wir zum Beispiel Jannick Geisler, 24 Jahre inzwischen. Er war in der fünften Klasse des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums, als er 2006, übrigens in der Haake, deutscher Schülermeister wurde.

Ein Jahr vor seinem Abitur 2010 gewann er die Cross-DM bei den Junioren. Nach dem Abitur kam er in der dritten Liga des Profisports ins Geschäft. Inzwischen hat er als Wirtschafts-Informatiker bei der Telekom im Dualen Studium seinen Bachelor abgeschlossen und ist gerade dabei, seine Masterarbeit abzuschließen. In all den Jahren sitzt er im Sattel, trainiert und kämpft im Stevens-Team und hofft bei der deutschen Meisterschaft in Kleinmachnow wieder unter den besten Zehn ins Ziel zu kommen.

Ein anderes Beispiel ist Lucas Carstensen, der 2018 als Profi in 16 Ländern gestartet ist, genau wie Sebastian Beyer, der am Abend nach dem Weihnachtscross Pizzas ausfahren musste. Auch diese beiden Bewohner einer WG schreiben gerade ihre Masterarbeit. Der Einsatz, die Leidenschaft, die Trainerarbeit für junge Menschen zahlt sich also doch aus für unsere Gesellschaft.

Max Oertzen (Harburger RG) mit dem Rad und Siegerpokal der U15-Jugend.
Max Oertzen (Harburger RG) mit dem Rad und Siegerpokal der U15-Jugend. © HA | Volker Koch

Es gibt auch heute immer noch Jungen, die für den Traum von glanzvollen Siegen bereit sind, hart zu trainieren. Moritz, der 16 Jahre alte Sohn der Plambecks, ist in ein Internat nach Kaiserslautern ausgewandert, weil er in den Nationalkader aufsteigen will. Und im gelben Trikot der Harburger RG hat Max Oertzen das Cross-Rennen in der Altersklasse U15 gewonnen. „Ich hatte einen Platten“, erzählt der 13-Jährige, „aber dann habe ich Piet doch noch eingefangen“.

Piet Loos, der Zweite, gehört zum Nachwuchskader der RSG Nordheide. Für Max Oertzen wiederum war es der 26. Sieg in diesem Jahr. Bei der DM am 12. Januar in Kleinmachnow gehört er zum jüngeren Jahrgang, gilt also nicht als Favorit. „Aber natürlich will der Junge Profi und berühmt werden“, sagt die Mutter. Max besucht die Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg, die eine Eliteschule des Sports in Hamburg ist. Dort kann er einmal in der Woche im Unterricht mit Armin Raible trainieren, der ihn auch sonst trainiert.

Abschluss des Stevens-Cyclocross-Cups am 20. Januar in Buchholz

Dass der Weihnachtscross der Harburger RG auch nach 31 Jahren sportlich erstklassig ist, dafür stand auch die Siegerin im Eliterennen der Damen. Lisa Schröder-Ott ist amtierende Triathlon-Weltmeisterin bei den Amateuren. Ihre Schwiegermutter Lorraine Schröder, wird am 20. Januar in Buchholz wieder den zwölften und damit letzten Lauf um den Stevens-Cyclocross-Cup organisieren. Auch der Weihnachtscross ist Bestandteil dieser Rennserie.