Winsen. 1968 wurde die heute als Verein eingetragene Fußball-Spielgemeinschaft der beiden Dörfer gegründet.
Das Jahr 1968 steht nicht nur für gesellschaftlichen Aufbruch, sondern auch für den sportlichen Neuanfang des Fußballs in Winsen. Mit der Gründung der Spielgemeinschaft Scharmbeck-Pattensen, die aus den Fußballsparten des MTV Pattensen und des MTV Scharmbeck hervorging, fand eine Bündelung der Kräfte statt, die sich noch 50 Jahre später positiv auswirkt.
Seit der Saison 2014/15 spielt die SG Scharmbeck-Pattensen nach drei Jahren Kreisliga-Zugehörigkeit wieder in der Bezirksliga zwei und belegte seitdem immer einen einstelligen Tabellenplatz. Eine Entwicklung, auf die der Vorsitzende Lutz Eckelmann (44) stolz ist: „In der Bezirksliga halten wir als Underdog recht gut mit.“ Heute bringt der Verein sechs Mannschaften im Erwachsenenbereich und 15 Jugendteams an den Start – nicht schlecht für einen Dorfverein.
Ex-Profi Marinus Bester trainierte die Erste Herren von 2013 bis 2015
Denn als solchen betrachtet der selbstständige IT-Entwickler und -Berater den reinen Fußballclub – obwohl Scharmbeck und Pattensen offiziell Stadtteile von Winsen sind. „Bei uns geht es sehr familiär zu. Wir sind quasi der SC Freiburg der Bezirksliga, der mit kleinen Mitteln relativ viel erreicht.“ Obwohl die SG in der Bezirksliga durchaus in höheren Regionen mitkickt, bekämen die Spieler „keinen Cent“, betont Eckelmann.
Mit Marinus Bester hatte der Verein von 2013 bis 2015 sogar einen ehemaligen HSV-Profi auf der Trainerbank sitzen, der seinen Job ehrenamtlich ausübte. „Marinus ist 2002 nach Scharmbeck gezogen, um seine Kinder auf dem Dorf aufwachsen zu lassen“, erzählt Eckelmann über die prominenteste Vereinspersonalie. „Als sein Sohn Sebastian in unserer A-Jugend spielte, hat er mal als Trainer ausgeholfen. Aus der einmaligen Betreuung wurden 13 Jahre im Jugend- und Herrenbereich.“
So avancierte Bester zum festen Bestandteil des jungen Vereins mit einer interessanten Vorgeschichte: Nach dem Wegzug vieler Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Region gestrandet waren, rollte der Fußball in den Orten Scharmbeck und Bahlburg Mitte der 1950er-Jahre nicht mehr. Die wenigen verbliebenen Scharmbecker Kicker schlossen sich dem MTV Ashausen-Gehrden an, die Bahlburger dem MTV Pattensen.
1964 kam der MTV Scharmbeck ins Spiel. Dort war 1964 ein neuer Sportplatz gebaut und gleichzeitig wieder eine Herrenmannschaft zum Punktspielbetrieb angemeldet worden. Doch die Saison 1964/65 geriet zum Desaster: Der MTV Scharmbeck wurde in seiner Staffel mit 3:37 Punkten Letzter, die Konkurrenz aus Pattensen mit 4:36 Punkten Vorletzter.
Aus dieser Zeit ist die Anekdote überliefert, dass bei der Partie Pattensen – Hoopte beim Anpfiff ein Ball fehlte und das Spiel für die Gastgeber kampflos verloren gewertet wurde. Der MTV Pattensen zog sein Herrenteam am Saisonende zurück und nahm nur noch mit Jugendmannschaften am Spielbetrieb teil, einige Spieler aus der ersten Mannschaft wechselten daraufhin nach Scharmbeck. Aus der Not machten beide Vereine in der Folge eine Tugend: Die Jungen kickten fortan beim MTV Pattensen, die Alten beim MTV Scharmbeck. Skurril: Wenn ein Jugendspieler in den Herrenbereich aufstieg, musste er den Verein wechseln! Die Lösung lag auf der Hand: Die beiden Männerturnvereine gründeten für ihre Fußballabteilungen am 28. Mai 1968 eine Spielgemeinschaft, deren Kürzel SG noch heute den Vereinsnamen ziert.
1992 wurde die SG als Verein engetragen, um in den Bezirk aufsteigen zu können
Vereinsnamen? Allerdings, denn seit 1992 ist die SG Scharmbeck-Pattensen ein eigenständiger Verein. „Die Eintragung als e.V. war notwendig, weil eine Spielgemeinschaft nicht in den Bezirk aufsteigen konnte“, erklärt Lutz Eckelmann. Apropos Aufstieg. Den ersten Aufstieg in die Bezirksklasse im Jahr 1995 bezeichnet Eckelmann als größtes Ereignis der Vereinsgeschichte: „Am 25. Juni, einem heißen Sommertag, ging es in der Relegation mit zwei Reisebussen zum TuS Bröckel nach Dorfmark. Wir haben mit 3:1 gewonnen, der Rest war Jubel pur.“
Auch die Sportplatzeinweihung mit dem Eröffnungsspiel gegen den FC St. Pauli hat sich ins kollektive Vereinsgedächtnis ebenso eingebrannt wie das böse Foul von Bernd Hollerbach am SG-Spieler Markus Hedden in einem Testspiel gegen den HSV.
Für die Zukunft ist der knapp 500 Mitglieder (davon etwa 150 Erwachsene) zählende Verein gut gerüstet. „Seit einem Jahr haben wir auch wieder ein Damen- und vier Mädchenteams“, freut sich der Vorsitzende. Auch sonst sei alles im grünen Bereich, so Eckelmann: „Wir haben tolle Sponsoren, darunter das örtliche Bauunternehmen, ein Sportgeschäft und den lokalen Großbäcker.“
Derzeit macht sich die Vereinsführung Gedanken darüber, in welche Richtung es künftig gehen soll. Angedacht sind eine Flutlichtanlage auf dem A-Platz, die Errichtung von Ballfangzäunen und die Modernisierung der Bandenwerbung. „Unser kühnster Gedanke ist aber die Schaffung eines Kunstrasenplatzes“, sagt Eckelmann. Hintergrund ist, dass das Land Niedersachsen 100 Millionen Euro für die Infrastruktur in den Sportvereine zur Verfügung stellen will.
So richtig scheint der Vereinsboss, der sich vier Monate lang aus beruflichen Gründen in den USA aufhält, aber nicht von der Notwendigkeit eines synthetischen Belags überzeugt zu sein. Neben ökologischen Bedenken macht er den Faktencheck: „Wir haben vier tolle Plätze, dazu zwei für die Jugendabteilung. Das ist eigentlich ungewöhnlich komfortabel für einen Verein unserer Größenordnung.“ Wenn Hamburger Fußballfunktionäre diese Aussage lesen, werden sie wohl vor Neid platzen.