Sudermühlen. Das 69 Jahre alte Multitalent vom Hof Sudermühlen erhält das Deutsche Reiterkreuz in Bronze für sein Lebenswerk.
Ehrlich gesagt wussten selbst im Kreise der Reiter nur die Wenigsten, wie hochrangig diese Ehrung ist. Schließlich wird sie nur selten verliehen. Breido Graf zu Rantzau, der Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), so wurde gemunkelt, habe sich persönlich für die Verleihung des Deutschen Reiterkreuzes in Bronze stark gemacht. Bei der Verleihung zum Abschluss des Vielseitigkeitsturniers des Reit- und Fahrvereins Auetal in Sahrendorf wurden keine salbungsvollen Reden geschwungen. Gott sei Dank. Das hätte nicht zur Idylle, nicht zur familiären Atmosphäre und vor allem nicht zu dem Mann gepasst, der da im Mittelpunkt stand.
„Ohne Carlo gäbe es kein Sahrendorf“, begann Bundestrainer Hans Melzer seine kurze Laudatio. Karl Rabeler stand daneben, die Brille, wie so oft, etwas seltsam auf der Stirn. Die Ehrenurkunde in der einen und das Reiterkreuz in der anderen Hand. „Es gäbe diese einmalige tolle Geländestrecke nicht, die auch für unsere Kaderreiter in Norddeutschland so wichtig ist“, fuhr der Bundestrainer fort. „Auch die wichtigen Turniere für den Nachwuchs der Vielseitigkeit gäbe es nicht. Carlo ist ein Besessener – von den Pferden, von der Jagdreiterei und vor allem von und für unseren Vielseitigkeitssport.“
Breido Graf zu Rantzau habe sich für Ehrung stark gemacht
Karl Rabeler, Familienoberhaupt vom Hof Sudermühlen, Vereinsvorsitzender des 450 Mitglieder starken Reit- und Fahrvereins Auetal seit 28 Jahren, Mitglied der Turniergesellschaft Luhmühlen, die im nächsten Jahr wieder die Europameisterschaft ausrichtet, selbst leidenschaftlicher Jagdreiter, erfolgreicher Züchter von Springpferden und auch Künstler mit der Motorsäge, der die Geländehindernisse in Sahrendorf mit Pferde- und anderen Köpfen verziert.
Um seine „Besessenheit“ für die Pferde, den Reitsport und auch für die Lüneburger Heide zu verstehen, muss man weit zurückblicken. Auf dem Hof Sudermühlen, in seinen Ursprüngen ein Mühlenbetrieb, wurde Landwirtschaft betrieben, als der kleine Karl heranwuchs. „Mein Vater war kein Pferdefreund“, erzählt der Mann, der längst selbst begeisterter Großvater ist. „Aber Opa hat mich mit drei Jahren das erste Mal auf einen Ackergaul gesetzt“. Später war es der abenteuerfreudige Zehnjährige, der mit seinem Pferd durch den Wald preschte und über Zäune und Bäume flog.
„Da war Willi Schenk, der hat mich mit zum Jagdreiten genommen“. Wenn Karl Rabeler jetzt, fast 60 Jahre später, davon erzählt, spürt man wieder die Begeisterung und Leidenschaft des kleinen Jungen. Und auch die Enttäuschung, wenn er hinzufügt: „Aber dann musste ich aufs Internat nach Plön. Da war Schluss mit Reiten, da musste ich rudern.“ Dass er dabei viel zu den Erfolgen des Schul-Vierers beitrug, erwähnt Karl Rabeler nicht.
Zuhause in Sudermühlen wurde 1958 das Hotel gebaut. „Carlo“, wie ihn seine Freunde rufen, lernte Koch – im Atlantic. Und ritt wieder, Jagden vor allem und in halb Europa. Ehefrau Marta, die eigentlich Ulrike heißt, hat ihn oft begleitet. Und im Stillen manche Ängste ausgestanden. Es waren ja die Anfänge des Reitsports für Jedermann, vor allem im Gelände. Da ging es entschieden robuster als heute zu.
Beim schlimmsten Unfall brach er sich das Genick
Sein schlimmster Unfall allerdings passierte auf dem heimischen Hof. Karl Rabeler wurde bewusstlos aufgefunden, mit dem Hubschrauber in die Klinik gebracht, und als die Ärzte sein gebrochenes Genick zur Heilung brachten, saß er, den Kopf mit Schrauben fixiert, bei „Schreinemakers Live“ im Fernsehen. „Zwei Schrauben habe ich immer noch in der Wirbelsäule“, erzählt er und zeigt dabei sein bekanntes Carlo-Lächeln, das besagt: „Davon wollen wir uns die Freude am Leben doch nicht verdüstern lassen.“
Diese unerschütterliche positive Einstellung, der direkte, freundliche und doch bestimmende Ton, auch die Zielstrebigkeit, mit der er die Dinge anpackt, die ihm wichtig sind – das ist Karl Rabeler. Und das ist es, warum er für den Reitsport so wichtig ist.
Er gehört zu den vier Freunden, die mit der Turniergesellschaft Luhmühlen eine sichere Basis für die großen internationalen Veranstaltungen installierten. Sein Stolz als Züchter von Springpferden: Mit „Temple Road“ wurde der Brasilianer Cassio Rivetti bei den Olympischen Spielen 2012 in London Zwölfter für die Ukraine. Mit der Motorsäge ist er inzwischen auch ein Bewunderter geworden. „Zeichnen könnte ich keinen Pferdekopf“, kommt wieder ein Spruch und das Lächeln. „Mit der Motorsäge aber bekomme ich das hin.“
Natürlich gehört es auch zu seiner handfesten, pragmatischen Lebenseinstellung, dass die Familie ihren Hotelbetrieb mit der Reiterei verknüpft hat.
Das Deutsche Reiterkreuz, um noch einmal auf die Ehrung zurück zu kommen, wird Menschen verliehen, die „sich für die Wahrung der ideellen Werte von Pferd und Reiter“ eingesetzt haben. In Gold, in Silber und in Bronze wird es pro Kalenderjahr nur etwa ein dutzend Mal vergeben. Als Karl Rabeler auf dem Turniergelände in Sahrendorf, seinem zweiten Zuhause, das Kreuz entgegennahm, war über die Lautsprecher zu hören: „Jetzt bin ich total platt“. Und dann, als alle lachten, folgte leiser: „Und ich bin sehr gerührt.“