Luhdorf. 13 Jahre alte A-Schüler vom MTV Luhdorf-Roydorf gewinnen zwei Medaillen bei den deutschen Meisterschaften in Fürth.
Ganz ruhig und unaufgeregt, ganz wie die alten Hasen, erzählten Jan-Miguel Prüsmann, Ben Peschke und Phuc le-Hämmerling, vom größten Erfolg ihrer jungen sportlichen Karriere. Die jeweils 13 Jahre alten Jungen gewannen vor wenigen Tagen die Bronzemedaille bei den deutschen Schülermeisterschaften. Mit der Kajak-Mannschaft des MTV Luhdorf-Roydorf paddelten sie auf dem Flüsschen Rednitz – gelegen im Städtedreieck Nürnberg, Fürth und Oberasbach – überraschend auf den dritten Platz. Als wäre das nicht schon genug des Erfolges, legte Jan-Miguel Prüsmann kurz danach eine Schippe drauf und wurde in der Einzelkonkurrenz der Schüler A deutscher Vizemeister.
Jan-Miguel und Phuc waren erst vor zweieinhalb Jahren erstmals ins Boot gestiegen, bei Ben ist die Premiere zwei Jahre her. Damit sind sie im Vergleich zu vielen ihrer fast 60 Konkurrenten der Geburtsjahrgänge 2004 und 2005, die nicht selten seit fünf Jahren paddeln, Frischlinge. Bei den deutschen Meisterschaften jetzt in Fürth kam ihnen die Erfahrungen zugute, die sie im Vorjahr bei den nationalen Titelkämpfen in Bad Kreuznach sammeln konnten.
54 Teilnehmer im Kajak-Einer der 13 und 14 Jahre alten A-Schüler
„Eine deutsche Meisterschaft ist etwas ganz anderes als eine Regatta in Luhdorf oder irgendwo in Norddeutschland“, sagt Marcus Andernach, einer von fünf Trainern, die den starken MTV-Nachwuchs betreuen. Bei diesen Wettkämpfen starten höchstens 20 Sportler pro Altersklasse, bei der Schüler-DM waren es exakt 54. Ungewohnt ist nicht nur, dass ein Wettkampf mehrere Stunden dauern kann, sondern auch, dass dem Finale eine Qualifikation und ein Halbfinale vorgeschaltet sind.
Als Ziel hatten die Trainer, zu denen auch Ole Siegismund, Jens Frank, Julian Windisch und Katy Wagner zählen, in das Halbfinale und mindestens einen ins Finale der besten Zehn zu bekommen. All das wurde Realität. In der Qualifikation musste Phuc le-Hämmerling die Segel streichen. Nach dem ersten Lauf lag er besser als Position 36 (zwei Drittel aller Teilnehmer), die zum Halbfinaleinzug berechtigt. „Im zweiten Lauf hab ich dann einen 50er gemacht“, erzählt der Schüler der IGS Winsen-Roydorf. So nennen Kanusportler die 50-Sekunden-Strafe, die sie für das Auslassen eines Slalomtores oder das Durchfahren in der falschen Richtung kassieren.
Zwei Strafsekunden für jede Berührung einer Torstange
Weiter vorn sortierte sich Ben Peschke ein. In der Qualifikation lag er auf Rang 19. Im Halbfinale leistete er sich aber fünf Stangenberührungen, die jeweils mit zwei Strafsekunden berücksichtigt werden. Die reine Laufzeit hätte für die Finalqualifikation gereicht, mit der Strafe wurde es Rang 22. „Eigentlich war das Finale geplant“, erzählt Ben, „aber die Aufregung war zu groß und ich hab zu viele Fehler gemacht.“
Eine souveräne Vorstellung in allen drei Runden zeigte Jan-Miguel Prüsmann, der im April auf der heimischen Luhe norddeutscher Meister geworden war. Er ist 13 Jahre alt, wohnt in Luhdorf und besucht die siebte Klasse des Luhe-Gymnasiums. In der Qualifikation wurde Prüsmann Zweiter, im Halbfinale Dritter und im Endlauf wieder Zweiter. Klar der beste Kajakfahrer war Luis Erschig aus Waldkirch in Baden-Württemberg. „Luis ist völlig verdient deutscher Meister geworden“, sagte Luhdorfs Abteilungsleiter Stefan Kubbe.
Nur drei Zehntelsekunden entscheiden zwischen Platz zwei und vier
Bevor sich Jan-Miguel Prüsmann über die Silbermedaille freuen durfte, musste er bange Minuten überstehen. Der Verein des drittplatzierten Enrico Dietz aus Bad Kreuznach hatte Einspruch gegen vier Strafsekunden seines Schützlings eingelegt. Wäre nach Betrachten der Videoaufzeichnung eine Strafe abgezogen worden, hätte der Luhdorfer „nur“ Bronze bekommen. Wie knapp es zuging, zeigt die Tatsache, dass sich die A-Schüler auf den Positionen zwei bis vier alle innerhalb von drei Zehntelsekunden bewegten – bei einer Laufzeit von etwa 1:46 Minuten. „Das ist mein größter Erfolg“, sagte Jan-Miguel Prüsmann, „nach der guten Quali wollte ich unbedingt ins Finale. Dass es dann zu einem Podiumsplatz gereicht hat, war überraschend.“
Vier bis fünf Trainingseinheiten pro Woche, drei davon auf dem Wasser
Von ungefähr kommen die Erfolge der Luhdorfer Slalomkanuten nicht. Vier bis fünf Einheiten pro Woche trainiert die Wettkampfgruppe, aus der mit Timo Möser, Malte Reuschel und Paul Mülder drei weitere Schüler in Fürth am Start waren. Mindestens dreimal pro Woche sitzen sie beim Technik- und Konditionstraining im Boot, selbst in den kalten Wintermonaten wird draußen trainiert. Dazu haben sie mit altersgerechtem Krafttraining begonnen, bei dem vorwiegend mit dem eigenen Körpergewicht gearbeitet wird.
„Seit der Schüler-DM im vergangenen Jahr haben die Jungs eine gute Entwicklung genommen“, sagt Cheftrainer Marcus Andernach. Dazu beigetragen haben Trainingseinheiten mit der auch international erfolgreichen Kira Kubbe (ebenfalls Luhdorf) und gemeinsame Trainingslager mit anderen Sportlern aus dem Landeskanuverband Niedersachsen. „So viele Vereine gibt es im Land nicht. Daher versuchen wir die Kräfte zu bündeln“, erzählt Andernach.
Gewöhnung an Wildwasser-Verhältnisse ist die nächste Herausforderung
Die Kräfte zu bündeln, gelang auch der Schüler-A-Mannschaft bei den deutschen Meisterschaften exorbitant gut. Drei Jungs, jeder in seinem Einer-Kajak, durchfahren dicht hintereinander den Stangenwald. „Kurz vorher haben wir die Reihenfolge geändert. Ben ist statt mir an zweiter Position gefahren“, erzählt Phuc le-Hämmerling. „Es hat alles perfekt geklappt. Für uns war es noch überraschender als im Einzel, so weit vorn zu landen.“ Insgesamt bewarben sich 30 Dreier-Mannschaften um den deutschen Meistertitel, Luhdorf I belegte hinter Augsburg und Bad Kreuznach den dritten Platz, Luhdorf II kam auf Rang 21.
Für die Zukunft haben sich die erfolgreichen Nachwuchspaddler aus Luhdorf und Roydorf vorgenommen, das Wildwasser besser kennenzulernen. Die Gelegenheit bietet sich vor allem auf den künstlich angelegten Strecken der mittel- und süddeutschen Leistungszentren. „Das ist generell schwieriger zu fahren und man braucht eine gewisse Erfahrung“, sagt Jan-Miguel Prüsmann. Mit ihrem ruhigen und doch offenen Wesen werden Jan-Miguel und seine Sportfreunde auch diese Herausforderung meistern.