„Die Fitmacher“. Wir stellen Menschen vor, die uns in Bewegung bringen. Heute: Hans Peters, Daniel Neidhold, HNT-Leichtathletiktrainer.

Die Fußspitzen trippeln, der Körper geht in Spannung, dann läuft sie an, den Stab aus Aluminium fest zwischen Daumen und Zeigefinger. Der Arm schnellt nach vorn, die Hand öffnet sich, der Speer fliegt. 42,65 Meter weit. Trainer Daniel Neidhold klatscht in die Hände. Er ist zufrieden. Kea aber schüttelt den Kopf. Sie weiß, dass sie gut ist. Aber nicht gut genug. 1,35 Meter fehlen zur Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften. Und da will die 16-Jährige dabei sein. Unbedingt. Gleich daneben, im Wurfkreis, konzentriert sich Renée Nitsch auf ihren nächsten Diskuswurf.

Die 16-Jährige ist ein Talent. Genauso wie Aylin, Antonia, Maja und Kanieba. Die Mädels kommen fast täglich auf die Sportanlage der Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft (HNT) um zu trainieren. Weitsprung, Sprint, Kugelstoßen, Speerwurf, Hochsprung, Hürdenlauf, Diskuswerfen – die Liste der Disziplinen ist vielfältig. So vielfältig wie der Sport, den sie mit aller Leidenschaft und viel Ehrgeiz betreiben: die Leichtathletik.

Hans Peters (l.) und Daniel Neidhold trainieren gemeinsam die Leichtathleten der HNT
Hans Peters (l.) und Daniel Neidhold trainieren gemeinsam die Leichtathleten der HNT © Hanna Kastendieck | Hanna Kastendieck

Ein Klassiker unter den Sportarten. Herzstück unter den Olympischen Disziplinen. Pate für das Motto „Schneller, höher, weiter“. Ein Sport, der die seit Urzeiten natürlichen und grundlegenden menschlichen Bewegungsabläufe des Laufens, Springens und Werfens vereint. Und in dem die persönliche Leistung im Mittelpunkt steht. Es geht um die individuellen Erfolge, darum, persönlichen Bestleistungen aufzustellen und sich im Wettkampf mit anderen zu messen.

Juliane Wehrs ist 16. Und seit der Grundschule bei der Leichtathletik dabei. 23 Meter wirft sie die Diskusscheibe. 8,85 Meter stößt sie die Kugel. Die Sportlerin hat ein ehrgeiziges Ziel. Neun Meter will sie in dieser Saison schaffen. Also passt Trainer Hans Peters die Übungen auf Julianes individuelle Stärke an.

Maja will ihre Leistung über den 300-Meter-Sprint verbessern. Im vergangenen Jahr war sie bei den Norddeutschen Meisterschaften dabei. In diesem Jahr will sie sich für die Deutschen Meisterschaften qualifizieren. Also trainiert auch sie wie eine Verrückte. Aber mit anderen Schwerpunkten als ihre Teamkollegin.

Trainer Hans Peters mit seinen Schützlingen (v.l.) Aylin Teke, Antonia Bott, Maja Bott und Kanieba Kozongo
Trainer Hans Peters mit seinen Schützlingen (v.l.) Aylin Teke, Antonia Bott, Maja Bott und Kanieba Kozongo © Hanna Kastendieck | Hanna Kastendieck

„Jeder trainiert individuell“, sagt Hans Peters. „Doch es gibt auch Gemeinsamkeiten beim Training. Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Technik sind für alle Disziplinen wichtig.“ Peters ist einer vom Fach. 75 Jahre alt und Trainer beim HNT so lange er denken kann. Ein „Urgestein der Leichtathletik“, in den 60er-Jahren fünftbester Weitspringer Deutschlands und Teil des erweiterten Olympiakaders für die Spiele in Mexiko-City. Sieben Jahre war er leitender Landestrainer in Hamburg. Unzählige Talente hat er zum sportlichen Erfolg geführt.

Sein Kompagnon, Daniel Neidhold, ist um einiges jünger, doch wie Peters von Kindesbeinen an bei der Leichtathletik. Der 41-Jährige ist ein Multitalent, ehemaliger Deutscher Vizemeister im internationalen Fünfkampf. Die 100-Meter läuft er in 11,2 Sekunden. Beim Weitsprung fliegt er 6,23 Meter und den Speer wirft der Lehrer der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg ganze 54 Meter weit.

Trainer Daniel Neidhold beim Training mit Speerwerferin Kea Stieglitz 
Trainer Daniel Neidhold beim Training mit Speerwerferin Kea Stieglitz  © Hanna Kastendieck | Hanna Kastendieck

Damit stehen bei der HNT zwei Männer auf dem Platz, die aus eigener Erfahrung wissen, wovon sie reden. Und deren größte Freude und oberstes Ziel ist, ihre Leidenschaft für die Leichtathletik an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene weiterzugeben. Zum einen, weil sie davon überzeugt sind, dass diese Sportart die Beste für die Fitness von Jung und Alt ist. Zum anderen, weil sie wissen, dass Leichtathletik auch mentale Eigenschaften positiv fördert.

„Es geht bei diesem Sport um Fleiß, Durchhaltevermögen, Kontinuität“, sagt Daniel Neidhold. „Darum, dauerhaft an einer Sache zu arbeiten und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, auch wenn der Weg anstrengend und bisweilen beschwerlich ist. Diese Eigenschaften sind auch später, im Berufsleben, wichtig.“

Donnerstagnachmittag, 17 Uhr. 15 junge Sportler zwischen 14 und 17 Jahren haben sich auf Platz des Sportparks Opferberg versammelt. Sie schnüren ihre Spikes, schlüpfen in ihr schwarzes Vereinstrikot. Dann machen sie sich gemeinsam warm. Sie springen, hüpfen, bauen kurze Sprints ein. Sie dehnen die Muskulatur und albern herum. „Das ist einer der Vorteile an der Leichtathletik“, sagt Hans Peters.

„Man braucht nur Turnschuhe und Trainingshose — und schon kann’s losgehen!“ Dabei spiele das Alter gar keine Rolle. „Leichtathletik ist für jede Generation geeignet. Weil jeder individuell trainieren kann. So, wie es zu ihm passt.“ Also kommen auch die Älteren, bereiten sich auf das Sportabzeichen vor, während die Kinder auf der Anlage betreut werden.

Alina Neumann trainiert unter den wachsamen Blicken von Trainer Daniel Neidhold den Weitsprung
Alina Neumann trainiert unter den wachsamen Blicken von Trainer Daniel Neidhold den Weitsprung © Hanna Kastendieck | Hanna Kastendieck

Laufen, Springen, Werfen liegen dem Menschen im Blut

Oder sie treffen sich zum Laufen. Und genießen es, unter Menschen zu sein. Die Ältesten, die Leichtathletik-Senioren, feiern zum Saisonende ihr traditionelles „Abessen“. Denn auch das gehört dazu: Gemeinschaft.

360 der 5000 HNT-Mitglieder zählen zur Leichtathletikabteilung des Vereins. Damit ist diese die Zweitgrößte in Hamburg hinter dem HSV. Und dennoch wird es von Jahr zu Jahr schwieriger, Kinder und Jugendliche für diesen Sport zu gewinnen. Die Sportart verzeichnet seit Jahren einen Rückgang an Aktiven. Leichtathletik ist nicht mehr in.

„Dabei liegen Laufen, Springen, Werfen dem Menschen im Blut“, sagt Trainer Neidhold. „Das machen wir schon als Kleinkind ganz automatisch.“ Logischerweise müsste jedes Kind, das seine Leistung messen wolle, daher irgendwann bei der Leichtathletik landen. Doch die Zahlen sprechen dagegen.

Hans Peters hat dafür eine einfache Erklärung: „Die Leichtathletik hat ein Imageproblem“, sagt er. „Letztendlich finden die Kids diese Sportart nicht cool genug. Und der Verband tut einfach zu wenig, um das zu ändern.“ Also müssen die Trainer selbst aktiv werden. Sie arbeiten eng mit der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg zusammen, die als Partnerschule des Nachwuchs-Leistungssports ab Klasse 5 ein Sportprofil anbietet. Die Schüler können als Schwerpunktsportart Fußball, Volleyball oder Leichtathletik auswählen.

Das vierstündige Profiltraining absolvieren die Leichtathleten unter ihnen in den Sommermonaten auf Anlage des HNT. Viele von ihnen kommen anschließend auch außerhalb des Unterrichts zum Training. „In der Leistung kommen die Kinder nach vorne“, sagt Daniel Neidhold. „Sie werden nicht nur sportlich fit, sondern vor allem starke, selbstbewusste Persönlichkeiten, die für eine Sache kämpfen.“

Kea Stieglitz, die Speerwerferin, ist bestes Beispiel. Wenige Wochen nach dem Trainingswurf von 42,65 Metern, den das Abendblatt begleitet hat, warf die 16-Jährige bei den Halleschen Werfertagen, einem international besetzen Wettkampf, sensationelle 45,48 Meter. Und knackte damit als drittbeste Deutsche locker die 44-Meter-Marke für die DM-Qualifikation. Ende Juli wird die Harburgerin nach Rostock zu den Deutschen Meisterschaften fahren. Kea ist zufrieden. Sie hat ihr Ziel erreicht.

Die HNT

Die HNT (voller Name: Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft von 1911) ist der größte Hamburger Sportverein südlich
der Elbe.

Mit gut 5100 Mitgliedern ist die HNT seit über 100 Jahren der vielseitigste Hamburger Sportverein südlich der Elbe.

Das Vereinshaus beherbergt die Verwaltung und das „Sportbüro“, die Anlaufstelle für regionale Sportfragen.

In den Sportstätten des Vereins gibt es ein vielseitiges Sportangebot. Zwei vereinseigene Sporthallen, eine Zweifeld-Tennishalle sowie sieben Tennis-Außenplätze laden zum Erbringen von Bestleistungen ein.

Weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist die angrenzende Sport- und Leichtathletikanlage am Opferberg.

Sportfeste

Das Bahnsportfest der HNT findet am 7. Juni auf der Sportanlage Opferberg, Cuxhavener Straße 271 a statt Mitmachen kann jeder, ganz egal, wie alt er ist.

Wettkämpfe finden statt in den Disziplinen 100 Meter, 200 Meter, 800 Meter, 1500 Meter, 5000 Meter, Kugelstoßen und Weitsprung.

Meldungen werden bis zum 4. Juni entgegengenommen, entweder online auf www.ladv.de oder per Email: leichtathletik@hntonline.de.

Nachmeldungen sind bis 30 Minuten vor dem Start möglich. Die besten acht Teilnehmer erhalten eine Urkunde.

Gefeiert wird auch am 24. Juni. Dann veranstaltet der Verein sein großes Sommerfest auf dem Sportpark Opferberg.

Die Veranstaltung wird von 11 bis 15 Uhr dauern. (hk)